Enforcer beim Der Detze rockt 2023

DER DETZE ROCKT 2023

Uli Jon Roth  – Razor – Enforcer – Violator – Mortuary Drape – Kev Riddles‘ Baphomet – Hellripper – Aggressive Perfector – Midnight Rider – Venator – Coltre – Karloff – Firmament – Mechanic Tyrants

16.-17. Juni 2023
Daun/Rengen (Rheinland-Pfalz)

Der Detze Rockt 2023
Der Detze Rockt 2023

Das DER DETZE ROCKT Open Air bei Daun/Rengen in der schönen Eifel gehört allein schon von der Location, Organisation und Stimmung her schon seit einigen Jahren zu den tollsten und sympathischsten (Underground-)Festivals Deutschlands. GlĂŒcklicherweise ist es 2023 nicht ganz so heiß wie im Vorjahr, trotzdem knallt die Sonne das ganze Wochenende ĂŒber prĂ€chtig vom Himmel.

Gerade in diesem Jahr, in dem schon einige Festivals aufgrund Kostendruck und ausbleibender Besucher die Segeln streichen mĂŒssen, ist es umso erfreulicher, dass DER DETZE ROCKT 2023 gefĂŒhlt sogar noch mehr Fans zieht als in den Jahren zuvor. Und das hauptsĂ€chlich mit kultigen Underground-Bands – das Konzept und die „Community“ scheinen hier halt einfach zu stimmen. Freut mich auch fĂŒr das Dying Victims Plattenlabel, das selbst in heutigen „Krisenzeiten“ noch liebevoll aufgemachte Vinyl-Neuveröffentlichungen zu moderaten Preisen anbietet und hier so einige tolle Bands an den Start bringen kann.

Die Essenspreise sind – wie ĂŒberall – geringfĂŒgig höher als zuvor, aber immr noch absolut OK. DafĂŒr ist das GetrĂ€nke-Angebot beim DETZE wieder mal eine Wucht. Egal, ob alkoholfrei, Bier, Cider oder vor allem das erwĂ€hnenswerte Cocktail-Angebot (Die Bahama Mama dĂŒrfte wohl der Verkaufsschlager gewesen sein): Die Preise sind sind auch dieses Jahr mehr als fair. Man könnte meinen, die allgemeine Inflation wĂ€re noch nicht in der Eifel angekommen.

DER DETZE ROCKT – Tag 1: Freitag, 16. Juni 2023

Uli Jon Roth – Enforcer – Bunker 66 – Midnight Rider – Coltre – Mechanic Tyrants

Optimales Festival-Wetter in der Eifel. Die Sonne scheint, aber nicht zu heiß. Zwei Swimming-Pools stehen bereit. Es weht etwas Wind um den DETZE. Die Stimmung von Beginn an klasse.

Mechanic Tyrants

WĂ€hrend viele Fans noch in der Warteschlange am Eingang oder dann am Bon-Verkauf stehen (Tipp an die Detze Crew: Hier könnt ihr echt noch was verbessern!), legen die MECHANIC TYRANTS (teilweise ehem. TORPEDO) auf der BĂŒhne los. So ganz optimal klingt das erstmal nicht: Der Sound auf dem DETZE-HĂŒgel ist noch etwas zu leise und wird selbst direkt vor der BĂŒhne noch etwas verweht. Und bei aller Underground-Liebe: Songs und Performance sind einfach noch etwas zu „rumpelig“, um mit den folgenden Bands mithalten zu können. In den ersten Reihen werden aber von Beginn an die ersten Matten geschĂŒttelt und auch dahinter wird es von Song zu Song immer voller. Und das gönne ich der Band von Herzen.

Coltre

Als Zweite besteigen die EnglĂ€nder COLTRE mit ihrer musikalischen Neuinterpretation der NWoBHM erstmals eine BĂŒhne außerhalb ihres Heimatlandes. FĂŒr mich und so einige andere Liebhaber ihrer starken DebĂŒt-EP „Under The Influence“ schon ein frĂŒhes Highlight des Festivals. Die Jungs von COLTRE sind anscheinend selbst etwas ĂŒberrascht vom Zuspruch der Fans vor der BĂŒhne und lassen neben einigen fast schon schĂŒchternen Ansagen in feinstem „Arbeiterklasse-Slang“ einfach ihre tollen Songs sprechen. Und auch der Sound hat sich mittlerweile glĂŒcklicherweise ebenfalls verbessert. Nach ihrem Gig genießen die sympathischen Londoner das Festivaltreiben in vollen ZĂŒgen.

Coltre - Der Detze Rockt 2023
Coltre – Der Detze Rockt 2023

Midnight Rider

Die Rheinland-PfĂ€lzer von MIDNIGHT RIDER legen den Schwerpunkt ihrer Setlist auf das tolle letzte Album „Beyond The Blood Red Horizon„. Dass ich persönlich dabei jetzt schon ein, zwei Hits vom DebĂŒt vermisse, ist mein eigenes Luxusproblem. Der schwere groovige Classic-Rock der Band erinnert aufgrund der tollen klaren Stimme von SĂ€nger Micha „Wayne“ Baum auf Platte manchmal an (ganz) alte Judas Priest, musikalisch und vor allem live aber weitaus stĂ€rker an relaxte, rockige Sabbath der Anfangsjahre. WĂ€hrend Gitarrist Blumi aufgrund einer Fussverletzung leider im Sitzen spielen muss, schĂŒttelt Bassist Cliff seine Matte relaxt gegen den sonnigen Himmel in der Eifel. Leider mĂŒssen sowohl MIDNIGHT RIDER als auch das DETZE-Soundteam permanent gegen Aussetzer der Soundanlage kĂ€mpfen und verlieren dadurch einige Zeit und dadurch stellenweise auch Drive. Sehr schade – im Rahmen der UmstĂ€nde trotzdem wieder ein toller Auftritt.

Midnight Rider - Der Detze Rockt 2023
Midnight Rider – Der Detze Rockt 2023

Bunker 66

So richtig voll auf die Zwölf gibt es beim diesjĂ€hrigen DETZE dann erstmals von den Italienern BUNKER 66. Die vorigen Probleme mit der Musikanlage sind anscheinen gelöst und auch insgesamt ist der Sound mittlerweile richtig amtlich. Der eingĂ€ngige Black/Thrash-’n‘-Roll der drei Sizilianer kommt beim DETZE-Publikum richtig gut an: Zum ersten Mal wird es hektisch vor der BĂŒhne und auch die ersten Crowdsurfer fliegen durch die Luft. Fragt mich jetzt bitte nicht nach einzelnen Songtiteln. Songs vom neuen, imho bisher besten Album „Beyond The Help Of Prayers“ machen jedenfalls genauso viel Spaß wie die Ă€lteren Sachen. Saugeiler Auftritt.

Bunker 66 - Der Detze Rockt 2023
Bunker 66 – Der Detze Rockt 2023

Enforcer

Ganz klar: In Sachen BĂŒhnenacting und Hitpotenzial spielen die Schweden ENFORCER mindestens ein bis zwei Klassen ĂŒber den bisherigen Bands des Festivals. Und dass qualitativ hochwertiger Schweden-Stahl hier generell gut abgefeiert wird, wissen DETZE-GĂ€nger spĂ€testens nach den umjubelten Festivalauftritten der Kollegen von Ambush in den Vorjahren. Auf und vor der BĂŒhne wird gepost und gerockt und gebangt bis die Schwarte kracht. Es gibt sogar eine BĂŒhnenpremiere, als ENFORCER das erstem Mal den Titelsong ihres neuen Albums „Nostalgia“ laut Ansage das allererste Mal live spielen. FĂŒr mich ist leider gerade diese schmalzige „My Way“-Variante der einzige Tiefpunkt des ansonsten absolut mitreissenden und von vorne bis hinen abgefeierten Auftritts der Schweden.

Enforcer - Der Detze rockt 2023
Enforcer – Der Detze rockt 2023

Uli Jon Roth

An dieser Stelle muss man dem DETZE-Team einfach mal ein großes Komplement machen, das es geschafft hat, nach der recht kurzfristigen Absage des eigentlich geplanten Headliners „Flotsam & Jetsam“ innerhalb kĂŒrzester Zeit SOLCH einen hochwertigen Ersatz zu organisieren. Selbst ich als Thrash- und insbesondere Flotsam-Fan weine dieser Änderung spĂ€testens nach einer halben Stunde keine TrĂ€ne mehr hinterher. Denn das „Old-School-Scorpions-Set“, das ULI JON ROTH mit seiner fantastischen Band dann abfeiert, ist einfach nicht von dieser Welt. Dass der 68-jĂ€hrige Maestro gesundheitlich leicht angeschlagen ist, macht sich auf der BĂŒhne definitiv nicht bemerkbar. Der Meister gibt kurze, amĂŒsante ErklĂ€rungen zu seinen Gitarren(wechseln) und lĂ€sst ansonsten statt großer Worte einfach seine Finger bzw. Saiten sprechen. Ganz großes Kino, nach rund 90 Minuten purer Magie getoppt von der bisher geilsten Interpretation von „All Along the Watchtower“, die ich jemals live gehört habe.

Uli Jon Roth - Der Detze Rockt 2023
Uli Jon Roth – Der Detze Rockt 2023

DER DETZE ROCKT – Tag 2: Samstag, 17. Juni 2023

Razor – Mortuary Drape – Violator – Kev Riddles‘ Baphomet – Helllripper – Aggressive Perfector – Venator – Karloff – Firmament

Die Sonne knallt, man freut sich ĂŒber jeden kleinen Windstoss. Hochbetrieb an und in den beiden kleinen Swimming-Pools. Der DETZE rockt und thrasht.

Firmament

Den zweiten Festival-Tag eröffnen die Leipziger FIRMAMENT pĂŒnktlich um 13:30 Uhr mit gutem Sound und den mitreissenden Songs ihres tollen DebĂŒts „We Don’t Rise, We Just Fall“. Der Sound der Band, der grob irgendwo zwischen energischem Classic Rock und NWoBHM eingeordnet werden kann, wird von einer noch nicht ganz so großen, aber bereits ansehnlichen Menge gefeiert. FIRMAMENT steigern sich von Song zu Song und sind live gerade gegen Ende hin noch ein gutes StĂŒck zackiger und hymnischer rĂŒber als auf dem Album. Klasse Einstieg in den sonnigen Festivaltag.

Firmament - Der Detze Rockt 2023
Firmament – Der Detze Rockt 2023

Karloff

Auf Platte konnten mich die Oldenburger KARLOFF nicht vollstĂ€ndig ĂŒberzeugen. Live sieht das auf dem DETZE jedoch ganz anders aus. Denn dort macht der doch recht eingĂ€ngige bis punkige Black-Thrash des Dreigespanns tierisch Spaß. Das deutlich angewachsene Publikum vor der BĂŒhen sieht es Ă€hnlich, bereits jetzt fliegen die ersten Crowdsurfer ĂŒber die Köpfe. Toller Auftritt von KARLOFF, auch wenn mir die Songs gegen Ende hin gefĂŒhlt alle etwas gleichförmig klingen.

Venator

Die Österreicher VENATOR hatten mich schon beim KIT RISING 2021 ĂŒberzeugen können und und geben auch heute ordentlich Gas auf der BĂŒhne. Gespielt werden natĂŒrlich vor allem die Songs vom starken 2022er-DebĂŒt „Echoes From The Gutter„. Der flotte, abwechslungsreiche Traditionsmetal von VENATOR erinnert mich gerade aufgrund der Stimme von SĂ€nger Hans Huemer oft an etwas metallischere W.A.S.P. und kommt auch auf dem DETZE gut bei den Fans an.

Aggressive Perfector

Im Gegensatz zu Karloff konnten mit AGGRESSIVE PERFECTOR mit ihrem (nomen est omen) an die Anfangstage von Slayer erinnernden, leicht angeschwĂ€rzten Thrash auf Platte gleich ĂŒberzeugen. Zu Beginn ihres Auftritts musste ich jedoch erstmal schlucken, da das Trio aus Manchester vor allem aufgrund des etwas „brĂŒlligen“ Gesangs von SĂ€nger (und Gitarrist) General Holocausto auf dem DETZE fast schon Hardcore-lastig rĂŒberkommt. Im Laufe des Konzerts wird es immerhin besser (oder ich habe mich daran gewöhnt). Auf alle FĂ€lle werden auch AGGRESSIVE PERFECTOR vor der BĂŒhne gut abgefeiert.

Aggressive Perfector - Der Detze Rockt 2023
Aggressive Perfector – Der Detze Rockt 2023

Hellripper

Die Schotten HELLRIPPER kurbeln das Stimmungslevel weiter an und bieten dem DETZE-Publikum  Black-Metal-Abreibung, die sich gewaschen hat. Im Grunde besteht die Band ja nur aus SĂ€nger, Gitarrist und Mastermind James McBain, aber auch seine Mitmusiker legen sich auf der BĂŒhne ordentlich ins Zeug. Wenn ich es richtig mitbekommen habe, wird das grandiose letzte Album „Warlocks Grim & Withered Hags“ zwar nur mit den beiden Songs ‚The Nuckelavee‘ und ‚Goat Vomit Nightmare‘ gewĂŒrdigt, aber auch das Ă€ltere Material der Band geht live halt immer voll auf die Zwölf und knallt mit der Sonne um die Wette. Nach ihrem einwandfreien Auftritt genießen die Jungs von HELLRIPPER auch noch den Rest des Festivals und das vorzĂŒgliche Angebot der Cocktailbar auf dem Detze.

Hellripper - Der Detze Rockt 2023
Hellripper – Der Detze Rockt 2023

Kev Riddles‘ Baphomet

Danach wird es wieder klassisch und musikalisch gediegener. Unter dem Banner KEV RIDDLE’S BAPHOMET gibt Ex-Angel-Witch-Bassist Kevin Riddles die alten Kultsongs der NWoBHM-Legende zum Besten. Die Band, die ausnahmslos aus Kevins Kollegen der weiteren NWoBHM-Kultband Tytan besteht, reisst mich damit einmal mehr mit als die letzten Auftritte von Angel Witch selbst. Liegt vor allem am Goldkehlchen von AusnahmesĂ€nger Tony Coldham, der schon beim diesjĂ€hrigen Keep It True bei beiden Bands eine Sahneleistung hingelegt hatte. Leider ist vor der BĂŒhne nicht ganz so viel los wie bei den vorherigen Bands, aber spĂ€testens bei der Abschlusshymne ‚Angel Witch‘ singt – zumindest gefĂŒhlt – der halbe DETZE mit.

Kev Riddles' Baphomet - Der Detze Rockt 2023
Kev Riddles‘ Baphomet – Der Detze Rockt 2023

Violator

SĂŒdamerikanische Thrashbands sind live einfach immer wieder ein Erlebnis. Die Thrasher von VIOLATOR sollten eigentlich schon beim letztjĂ€hrigen DETZE spielen und holen dieses Jahr ihren verpassten Festivalauftritt nach. In Sachen FannĂ€he und Eskalation können sich die vier Brasilianer dieses Wochenende definitiv (einmal mehr) die Goldmedaille ans Revers heften. Von Beginn an gehen die zahlreichen Fans vor der BĂŒhne beim zwar nicht wirklich originellen (Exodus, Municipal Waste & Co. lassen grĂŒĂŸen), aber herrlich heftigen Thrash der Band steil und kommen vereinzelt schon zum gemeinsamen Abgehen auf die BĂŒhne. Gegen Ende des Auftritts lassen VIOLATOR die doch relativ kleine DETZE-BĂŒhne dann von 40-50 abfeiernden Fans komplett stĂŒrmen. Crowdsurfing VOR der BĂŒhne kennt man ja, Crowdsurfing AUF der BĂŒhne sieht man aber sicher nicht alle Tage! Ein erinnerungswĂŒrdiger Hammerauftritt.

Violator - Der Detze Rockt 2023
Violator – Der Detze Rockt 2023

Mortuary Drape

Obwohl die Black-Metaller von MORTUARY DRAPE schon seit Ende der 80er aktiv sind, hatte ich bisher noch nie was von ihnen gehört. Sicher liegt es auch am brachialen Auftritt von Violator zuvor, dass mich der leicht rumpelige, aber charmante Oldschool-Black-Metal der okkult gewandeten Italiener erstmal nicht so richtig mitnimmt. Optisch machen MORTUARY DRAPE pĂŒnklich mit der einsetzenden DĂ€mmerung jedenfalls einiges her – und ab der HĂ€lfte des Gigs macht es bei mir auch musikalisch tatsĂ€chlich „klick“ und ich entdecke einige Parallelen zu den Kasselern von Chaos Path. Vor der BĂŒhne ist ordentlich was los und auch der Rest des FestivalgelĂ€ndes hat mittlerweile den gefĂŒhlt höchsten FĂŒllgrad in der DETZE-Geschichte erreicht.

Mortuary Drape - Der Detze Rockt 2023
Mortuary Drape – Der Detze Rockt 2023

Razor

Zum Festivalabschluss heizen uns die kanadischen Thrash-Urgesteine von RAZOR noch einmal gehörig ein – und mittlerweile hat sich fast das komplette DETZE-Publikum im Infield und vor der BĂŒhne versammelt. Trotz ihrer frĂŒhen Kultalben zĂ€hlten die Kanadier fĂŒr mich persönlich nie wirklich zur Top-Liga im Thrash Metal – dafĂŒr fehlte mir igendwie immer ein eindeutiges, unverwechselbares stilistisches Profil. Die heutige Headliner-Show auf dem DER DETZE ROCKT 2023 ist allerdings oberamtlich. Highlights des Sets sind fĂŒr mich dann auch die zahlreichen Songs vom „Evil Invaders“-Klassiker und mein persönlicher RAZOR-Liebling ‚Take This Torch‘. Nach rund 60 knallharten Minuten ist dann endgĂŒltig Schicht im Schacht.

Razor - Der Detze Rockt 2023
Razor – Der Detze Rockt 2023

WĂ€hrend zur Zeit immer mehr Festivals wegen Kostendruck und schlechten KartenverkĂ€ufen die Segel streichen mĂŒssen, scheint DER DETZE ROCKT diesem traurigen Trend glĂŒcklicherweise zu widerstehen und war augenscheinlich sogar noch besser besucht als in den Jahren zuvor. Ich drĂŒcke dem DETZE-Team und allen Bands und Fans die Daumen, dass dieser Trend auch ĂŒber die nĂ€chsten Jahre weiterhin anhĂ€lt.

Text und Photo Credits: Joe Nollek