TVINNA – TWO – WINGS OF EMBER

TVINNA

Titel: TWO - WINGS OF EMBER

Label: By Norse Music

Spieldauer: 45:43 Minuten

VÖ: 23. Februar 2024

TVINNA waren mir bis zum Konzert von FAUN im letzten Jahr in Neu-Isenburg (hier mein Livebricht) leider unbekannt. Dort kaufte ich mir das Debütalbum “One In The Dark”, von dem ich sehr angetan war und es noch immer bin. Das Line-up von TVINNA besteht mit Laura Fella (Vocals, Synthesizer, Shaman Drum, Electronics, Beats), die auch bei FAUN an Bord ist, Rafael Fella (Electric Guitar, Acoustic Guitar, Bass Guitar, Electronics) und Alain Ackermann (Drums), die beide bei ELUVEITIE zocken, so wie Sascha van der Meer: Backing Vocals von SOLARCYCLES.

Wo Licht ist, ist auch Dunkelheit. Diese Dualität pulsiert in jedem unserer Songs, sie ist ein großer Teil unserer ganz eigenen Wahrnehmung und Ästhetik. Indem wir die Dunkelheit leuchten lassen, hoffen wir, das Licht heller leuchten zu sehen. (Laura Fella)

Für alle, die TVINNA noch nicht kennen, gibt es hier einen kleinen Einblick. Gegründet wurde die Band bereits 2017 mit der Absicht “die menschliche Seele als Teil der Natur in Musik einzubinden und klanglich erfahrbar zu machen”, so die Band in ihrer Bio. Ihr Debüt “One – In The Dark” markierte den Anfang der Schöpfung mit der Geburt und dem Aufstieg aus dem lebensspendenden Element Wasser.

In “Two – Wings Of Ember” nehmen auch Wechsel in der Originalbesetzung Einflüsse auf die Musik der Dark Folk Rockband. Laura und Rafael Fella sind die beiden Musiker, die von der ursprünglichen Besetzung geblieben sind und Laura ist es auch, die mich mit ihrer schönen Stimme verzaubert, aber auch Rafael macht bei ELUVEITIE einen grandiosen Job an der Gitarre. Neu dabei sind der Schweizer Drummer Alain Ackermann und der Niederländer Sascha van der Meer. Ich bin sehr gespannt auf die kommenden elf Songs dieser multikulturellen Band und wie sie in neuer Besetzung klingen.

‚Two – Wings Of Ember‘ ist ein tiefer Blick in die Diskrepanz des Lebens, die Unendlichkeit des Seins und ein melancholisches Eintauchen in Zukunftsvisionen und den Glauben an sich selbst.“ (Laura Fella)

Rainer Maria Rilke schrieb das Gedicht ´Nénuphar´, welches TVINNA als atmosphärische Eröffnung ihres Zweitwerks in ein aufregendes Soundkleid packten, wie es sicherlich niemand vorher getan hat. Gleichzeitig ist ´Nénuphar´ das Bindeglied zu “One – In The Dark”, dem Debütalbum der Band. Nachdem man den Eingang zu “Two – Wings Of Ember” mit ´Nénuphar´ durchschritten hat, offenbart sich ´Dawn Of Mine´ und gibt sich ähnlich beschwörerisch wie Song #1, driftet dann in düstere Rockmusik, die mit einer Vielfalt an Klängen sehr abwechslungsreich und durch den “zarten” Gesang von Gastsängerin und Ex-Faune Fiona Rüggeberg zusätzlich an Atmosphäre gewinnt.

In ´Louga´ (feat. Fabienne Erni), der ersten Singleauskopplung, ist der Gesang auf Althochdeutsch gehalten und die Musik fröhlicher Natur. Kein Wunder, denn ´Louga´ ist ein Lied der Neugeborene in unserer Welt willkommen heißen will. Übersetzt bedeutet der Songtitel Flamme und steht symbolisch für die kleine, neugeborene Flamme, die behütet und zu einer großen Flamme werden soll. Genauso dynamisch wie das Lied ´Irwahhên´ (´Erwachen´) ist auch das Thema des Liedes, doch möchte ich nicht vorwegnehmen, um was es in diesem Lied geht. Es ist mitunter schwierig, die verschiedenen Klangfarben der einzelnen Songs mit Worten zu beschreiben, gerade weil die Lieder sehr energetisch, sehr dynamisch und verschlungen sind, wie auch ´Arma´. Das ist für den Leser doof, aber für den Hörer fantastisch, da man bei jedem Hördurchgang neue Eindrücke gewinnt und den ein oder anderen “Aha-Effekt” hat. Das setzt sich im Titelsong ´Wings Of Ember´ fort und auch im ruhigen ´Somnia´, den TVINNA selbst als Shape-Shifter (Gestaltwandler) bezeichnen. ´Somnia´ übt eine schwer greifbare Faszination auf mich aus, vielleicht weil es um nicht greifbare und kontrollierbare Dinge wie Träume geht.

Mit den Worten der Band, die ´Somnia´ so beschreiben:

„(…) Gestaltwandler aller Songs auf diesem Album – passend zum Thema, um das es geht: nächtliche Träume. Auch wenn sie sowohl beruhigend als auch grenzenlos sind, müssen wir uns der unmittelbar bevorstehenden Situation bewusst sein, die Dunkelheit der Nacht. Träume können beängstigend und faszinierend sein – die Unendlichkeit der Möglichkeiten ist nicht greifbar – eine unzähmbare Wildnis und ein tiefer Ozean in unseren Gedanken.

geht es mit den Songs ´Two Staves´ und ´Fortress´ weiter, die unterschiedliche “Gesichter” der Band zeigen. Während ´Two Staves´ erneut auf sanfte Melodien setzt, ist ´Fortress´ kraftvoller Track. ´The Fall´ ist in lyrischer Hinsicht düster, traurig, möchte aber auch ein Zeichen gegen das totschweigen von Gewalt gegen Kinder sein. TVINNA möchten den Betroffenen sagen, dass es immer jemanden gibt, der für sie da ist und ihre Hand hält. Der elfte Song ´Der Weg´ war leider nicht auf unserem Rezensionsexemplar vorhanden.

Wie ich schon im Artikel geschrieben habe, ist “Two – Wings Of Ember” schwer mit Worten zu beschreiben. Dieses Album muss gehört, erlebt, gefühlt und verinnerlicht werden, da hilft eine Beschreibung nicht viel. Wer sich aber auf diese Reise durch ruhige und fordernde Klanglandschaften und großartigem Gesang begibt, der wird seine Freude an dem melancholischen und sehr mystischen dunklen Folk-Rock haben.

Tobi Stahl vergibt 8,5 von 10 Punkten