OBLIVION PROTOCOL – THE FALL OF THE SHIRES

OBLIVION PROTOCOL

Titel: THE FALL OF THE SHIRES

Label: ATOMIC FIRE RECORDS

Spieldauer: 41:41 Minuten

VÖ: 18. August 2023

„Es gab keine äußeren Einflüsse oder Kompromisse. Und weil ich dachte, niemand würde es jemals zu hören bekommen, war mir egal, was andere dachten. Ich machte einfach etwas, das ich liebe.“

Das, was nach nicht nur den idealen Voraussetzungen für die Entstehung einer neuen Scheibe klingt, sagt Progspezialist Richard West, seit über 30 Jahren anerkannter Keyboardmagier und Songwriter der britischen Prog-Metal-Pioniere THRESHOLD.

Sechs Jahre nach deren epischem Meisterwerk “Legends Of The Shires“ erzählt West die langerwartete Fortsetzung, jedoch nicht mit seiner Hauptband, sondern mit der brandneuen „Supergroup“ OBLIVION PROTOCOL.

Während Gesang und selbstverständlich die Keys von West kommen, übernehmen langjährige Freunde und renommierte Musiker in Personalunion die weiteren Parts: Gitarrist Ruud Jolie (Within Temptation), Bassist Simon Andersson (Darkwater) und Darby Todd (Devin Townsend) an den Drums. Zudem hat THRESHOLDs Karl Groom einige mitreißende Gitarrensoli beigesteuert.

Der Infotext drückt aus, Prog Metal stecke voller Emotionen, sei Ruhepol und Eskapismus, könne den Hörer auf eine Reise entführen und sei die Musik „für die Platten und Kopfhörer überhaupt erst erfunden wurden“. All das Genannte trifft auf “The Fall Of The Shires” zu.

Fortgesetzt wird von dem Konzeptalbum inhaltlich die fesselnde, atmosphärische Geschichte des Protagonisten aus “Legends Of The Shires“, der zum König aufsteigt und zum kontrollierenden, unterdrückenden Herrscher mutiert.

Fans des ersten Teils dürfen sich auf die Suche nach „Easter Eggs“, kleinen musikalischen Anspielungen, Verbeugungen und Referenzen, begeben und die beeindruckenden Klanglandschaften genießen, die OBLIVION PROTOCOL erschaffen.

Die neuen Tracks verbinden die Eleganz und Intensität des Prog der Siebziger mit der zeitgemäßen Eingängigkeit und Sensibilität des Pop. Es ist also alles angerichtet: ein Schuss Epik, passende Orchestrierungen, instrumentales Können und gutes Songwriting.

Die Stücke sind mitreißend und kraftvoll, stimmig und ausgereift, angenehm fließend und leichtfüßig sowie erfreulich gitarren- bzw. rifflastig. Von einem eventuell „verkopften Keyboardalbum“ kann gar keine Rede sein. Zudem sind die Kompositionen zwar atmosphärisch und komplex, aber keinesfalls überladen und auch nicht überlang, denn die acht Songs kommen mit einer Gesamtspielzeit von nur knapp über vierzig Minuten aus.

Wests Stimme ist ein wenig tiefer und leichter als die von Threshold Fronter Glynn Morgan, so dass er mit tiefergestimmten Gitarren und Bässen sowie Keyboards und orchestralen Elementen einen eigenständigen Sound zwischen Rush, Steven Wilson, Pink Floyd und Ghost kreierte und definierte.

Vor allem Letzteres liegt nicht sofort auf der Hand oder im Erwartungshorizont des Hörers, ist aber aufgrund der Eingängigkeit der Stücke, der vorhandenen Ähnlichkeit zur Stimmlage Jens Forges und der stets dunklen, spirituell-sakralen Grundstimmung durchaus berechtigt und beschreibt den dargebotenen Sound treffend.

Eingeleitet wird das Ganze von der grandiosen, zurückhaltend intstrumentierten Vorabsingle `The Fall (Part I)´. Als weitere Anspieltipps seien dem Prog-Fan in Eile – denn eigentlich muss man sich die Zeit um Durchhören der ganzen Geschichte nehmen – das mit Ohrwurmrefrain und schickem Solo aufwartende `This Is Not A Test´, das fantastische, dynamisch-abwechslungsreiche `Storm Warning´ und – so kommt auch die dritte Auskopplung zu ihren Ehren – das fantastische `Forests In The Fallout` empfohlen.

Glänzendes “Debüt” und ein hoffentlich neuer und bleibender Fixstern am Proghimmel!

Michael Gaspar vergibt 8,5 von 10 Punkten