MARILLION – WITH FRIENDS AT ST DAVID`S

MARILLION

Titel: LIVE AT ST DAVID`S

Label: EAR MUSIC/EDEL

Spieldauer: 67:00 & 65:00 Minuten

Als MARILLION vor zwei Jahren ihr viel beachtetes Album „With Friends From The Orchestra“ veröffentlichten und anschließend damit auf Tour gingen, war an Corona noch nicht zu denken. Dementsprechend ging man mit Orchester auf Konzerttour und schnitt die Show in Cardiff am 16. November 2019 mit. Zunächst veröffentlichte man diese Aufnahmen lediglich in Eigenregie, nun wird das Ganze allerdings von Edel auf den Markt gebracht.

Im Grunde genommen haben wir es also mit einer Eigenproduktion zu tun, die jetzt von einem Major Label vertrieben wird. Dies bringt einen gewissen Charme mit sich, denn die teils langen Ansagen des ohnehin redseligen Steve Hogarth wären bei einer reinen Major-Produktion sicher unter den Tisch gefallen. So redet „h“ wie ihm der Schnabel gewachsen ist und verzaubert das Waliser Publikum mit seinen Anekdoten.

In Sachen Songauswahl beschränkt man sich auf Stücke aus der Hogarth-Ära und lässt alte Fish-Klassiker komplett außen vor. Zudem konzentriert man sich auf vorwiegend längere Songs jüngeren (‚The New Kings‘), mittleren (‚Fantastic Place‘) und älteren (‚Seasons End‘) Datums, die durch die Orchestrierung wunderbar untermalt werden. Dabei kommt sowohl die atmosphärische als auch die rockige Seite von MARILLION gut zur Geltung.

Ein gutes Beispiel für einen richtig schmissigen Track ist ‚Separated Out‘ von „Anoraknophobia“, das hier als als ‚Zeparated Out‘ mit einem Einschub von Led Zeppelins ‚Kashmir‘ daherkommt. Ein sehr ergreifender Moment ist die Ansage zu ‚Estonia‘, das auf einer Begegnung von Steve mit dem einzigen britischen Überlebenden des Untergangs der gleichnamigen Ostseefähre im Jahr 1994 basiert. Man kann den Schmerz in seiner Stimme in den folgenden acht Minuten förmlich fühlen, genau wie bei ‚Gaza‘ zu Beginn.

Aber auch das anschließende ‚The Hollow Man‘ vom Konzeptalbum „Brave“ ist ein Höhepunkt dieser Doppel-CD, wie auch ‚The New Kings‘, welches die erste CD unheimlich intensiv abschließt. CD 2 kann dieses schwindelerregende Niveau aus meiner Sicht nicht ganz halten, was in erster Linie an dem etwas schwächeren (Okay, dieses Attribut verbietet sich im Zusammenhang mit dieser Band eigentlich!) Songmaterial liegt. ‚The Sky Above The Rain‘, Ocean Cloud‘, ‚This Strange Engine‘ und die bereits erwähnten ‚Fantastic Place‘ und ‚Zeparated Out‘ können mit den o.g. Übersongs einfach nicht ganz mithalten.

Insgesamt ein großartiges Livedokument, was neben der Klasse der Herren Hogarth, Rothery, Kelly, Trewavas und Mosley auch den beteiligten Orchestermusiker*innen Margaret Hermant, Maia Frankowski, Nicole Miller, Annemie Osborne (alle vom „In Praise Of Folly String Quartet“) , sowie Samuel Morris am French Horn und Emma Halnan an der Flöte geschuldet ist. Falls man nicht das Glück hatte live dabei zu sein, bietet diese DCD und noch mehr sicher der Konzertfilm auf Blu-ray zumindest einen adäquaten Ersatz.

Alex Fähnrich vergibt keine Bewertung