JOHN DU CANN – THE WORLD’S NOT BIG ENOUGH

JOHN DU CANN

Titel: THE WORLD'S NOT BIG ENOUGH

Label: Golden Core/ZYX

Spieldauer: 73:37 Minuten

VÖ: 09. Februar 2024

JOHN DU CANN ist für mich persönlich Atomic Rooster. „Death Walks Behind You“ ist für mich ein Meisterwerk düsterer Musizierkunst. So kommt mir dieses Solowerk gerade recht. Denke ich. Doch beim ersten Hören darf ich feststellen, das Teil geht in eine total entgegengesetzte Richtung. Fast erwarte ich, dass gleich jemand „Whatever You Want“ singt.

„The World’s Not Big Enough“ ist, das kann ich an dieser Stelle schon mal sagen, ein verlorenes Juwel. Nachdem er 1971 Atomic Rooster verlassen hatte gründete er Daemon, später in Bullet umbenannt. Danach war er Teil einer Band namens Hard Stuff und tourte mit Thin Lizzy. 1977 spielte er dieses Soloalbum ein. Er produzierte es zusammen mit Francis Rossi von Status Quo, der auch ein paar Songs beisteuerte. Denen man das auch deutlich anhört.

An den Instrumenten hört man unter anderen die Status Quo Musiker Andy Bown (Keyboards) und Pete Kircher (Schlagzeug) sowie John McCoy (Bass, bekannt von Samson und Gillan) und Paul Hammond (Schlagzeug – Atomic Rooster, Hard Stuff). 1979 gab es mit der Single ´Don’t Be A Dummy´ einen kleinen Charterfolg. Das Album ist dennoch bis 1992 nicht veröffentlicht worden. Heute kann man nun die komplette Studiosession kennenlernen. Zuerst bekommt man sechs Singletracks, danach das geplante Album und zum guten Schluß noch elf weitere Sessionstücke. Das Ganze natürlich remastered und im Booklet findet man Abbildungen der bisherigen Veröffentlichungen, die dem ein oder anderen Sammler sicher Lust machen, die Augen offen zu halten.

An dieser Stelle, bevor es zurück geht zur Musik, das Cover dieser Scheibe ist sogar für die Entstehungszeit ziemlich grottig. Zumindest unansehnlich. Wenig Lust erregend.

Also voller Vorfreude auf düsteren Rock Kopfhörer aufgesetzt, und was höre ich? Irgendwie fröhlichen Boogie Rock in Form von ´Throw Him In Jail´. Drei Akkorde, ein kurzes Solo, und unter drei Minuten ist der Spaß vorbei. Aber, die gute Laune ist streckenweise nur vordergründig. Auf den zweiten Blick kommt doch eine gewisse hintergründige Finsternis auf. Finster genug, um etwa ´She`s My Woman´ zu den 1980 wiederbelebten Atomic Roster mitzunehmen.

Und man beschränkt sich auch -gottseidank- nicht darauf, nur diese eine Weide abzugrasen. ´Don’t Talk´ zum Beispiel klingt auch ohne „Hey Hos“ verdammt nach den Ramones. Das wunderbare ´Fashion Fantasy´, eine meiner Lieblingsnummern, hat eine schöne psychedelische Spätsechziger Attitüde. Und ich vermute, dass ein gewisser Alice Cooper 1977 möglicherweise für eine Nummer wie ´Only One Night´ getötet hätte. Spätestens hier bin ich mir sicher, damit habe ich vielleicht nicht gerechnet. Nach der ersten Überraschung, dem ersten Schrecken spüre ich, wie dieser Mix mich immer mehr in seinen Bann zieht.

´You Didn’t Know Any Better´? Niemand sollte mehr sagen, ich habe nicht gewußt, was das für ein Schatz ist. Im Gegenteil, Trüffelnase Neudi hat hier wieder ein Stück Geschichte ans Licht gezogen. Eines, das endlich ein wenig mehr Aufmerksamkeit verdient. Schließlich findet man hier ein Bindeglied zwischen dem Frühsiebziger Hard Rock, dem harten Boogie der Arbeiterklasse und dem Weckruf des Heavy Metal. Und in ´Ooh Be Doo´ gibt es Keyboardsounds, die einen Fingerzeig in Richtung Electronic Music weisen.

Mario Wolski vergibt 8,5 von 10 Punkten