ATAVISTIA – COSMIC WARFARE

ATAVISTIA

Titel: COSMIC WARFARE

Label: INDEPENDENT RELEASE

Spieldauer: 50:36 Minuten

VÖ: 21. April 2023

Der Verfasser dieser Zeilen scheint sich immer mehr zum Kenner oder zumindest sachverständigen Kritiker des melodisch-symphonischen Extreme Metal zu entwickeln. Außerdem scheinen momentan die kanadischen Wochen ausgerufen zu sein, denn auch die angeschwärzten Melodic/Symphonic Death Metaller ATAVISTIA kommen aus dem Land von Bären, Ahornsirup und Eishockey.

Was 2016 als „Schlafzimmer-Projekt“ begann wurde dann 2018 zur Band und besteht aus Sänger/Gitarrist Mattias Sippola, dem zweiten Gitarristen Dalton Meaden, D’wayne Murray am Bass und Drummer Max Sepulveda. Das Quartett präsentiert seinen extremen, innovativen und facettenreichen Sound, in auch Elemente des Folk und Epic Metal integriert werden, zum dritten Mal in voller Albumlänge.

Die fünf Stücke auf “Cosmic Warfare“ kommen abzüglich des kurzen, instrumental-orchestralen Intros auf eine Gesamtspielzeit von knapp fünfzig Minuten. Offensichtlich, dass man hier keine kompakten, eingängigen Songs erwarten darf, sondern extralange, ausladende Kompositionen mit vollgepackten Arrangements.

Blastbeats sind an der Tagesordnung und agieren mit viel Tempo und Dynamik sowie hartem, wilden Riffing und teils klaren Vocals. Diese wiederum liefern sich oft Melodieduelle mit den heavy Gitarren und stehen als Kontrapunkt zum angeschwärzten Gesang und den Growls. Für die Schöngeister unter uns gibt es weiblichen Gesang und Chöre sowie mitreißende Orchestrierungen und üppige Keyboardsounds.

Letzteres gilt insbesondere für das treibende `Ethereal Wanderer´, bei dem der kanadische Keyboarder Vincent Jones mit von der Partie ist. Als weitere Anspieltipps und bedrohliche Einblicke in das extreme Sounduniversum des Vierers sind das grandiose `Spectral Rebirth´ und das in eher geregelten, beinahe ruhigen Bahnen verlaufende, finale `Forgotten Silence`.

“Cosmic Warfare“ bietet eine anspruchsvolle und spannende musikalische Mixtur, aus der nicht immer packende Songs entstehen, auch weil sie manchmal etwas wild, hektisch und unausgewogen wirken. Zumal der Sound manches Mal ein wenig breiig erscheint, was angesichts der Vielzahl der hier verarbeiteten Zutaten auch kein Wunder ist. Wie erwartet also eher Uneasy Listening, jedoch trotzdem enorm unterhaltsam und fesselnd.

ATAVISTIA besetzen eine absolute Nische im metallischen Klangkosmos und transportieren nach eigener Aussage die Gefühle von Angst und Wut der vergangenen anderthalb Jahre. Die Kompositionen bilden diese Emotionen zwischen wütendem, verzweifelten Chaos und Triumph und ihre schweren lyrischen Themen in ausbalancierten Melodien perfekt ab, um sie dann in Brutalität und rhythmischer Kakophonie wieder zu zerstören.

Mit dieser kalten, enorm spannenden Reise wird belohnt, wer folgende Frage der Band nach reiflicher Überlegung mit Ja beantworten kann: „Are you ready to lose yourself in the juxtaposition of lush and arid, the dichotomy of hope and despair, and welcome the inevitable and beautiful end?“

Michael Gaspar vergibt 7 von 10 Punkten