M.I.S.E. Open Air Festival 2023

M:O:A – M.I.S.E. OPEN AIR 2023

Tankard – Holy Moses – Crematory – Benediction – The Unity – Legion of the Damned – Suicidal Angels – Illdisposed – Motorjesus – Cytotoxin – Vulture – Hiraes – Crisix – Knife – Nuclear – Steel Preacher – Nanowar of Steel – Hell Patröl – Odium – Lutharo – The Prophecy 23 – Nuclear Warfare

08.-10. Juni 2023
Homberg (Ohm), Hessen

Traditionell am Fronleichnam-Wochenende ging das vom Heavy Metal Clubs M.I.S.E. e.V. veranstaltete 3-tägige M.I.S.E. OPEN AIR (kurz M:O:A) auf dem Kämpfberg im Homberger Ortsteil Büßfeld in die neunte Runde. Im Gegensatz zum Vorjahr war das Festival 2023 nicht ganz ausverkauft – trotzdem waren der bereits erweiterte Campground und die Parkflächen um das Festivalgeländer herum definitiv stärker ausgelastet als je zuvor.

M.I.S.E. Open Air 2023
M.I.S.E. Open Air 2023

Der musikalische Schwerpunkt des diesjährigen M:O:A lässt sich wie schon im Vorjahr relativ einfach umschreiben: Thrash, Thrash, Thrash (und noch ein wenig mehr).

Wie schon bei der Warm-up-Veranstaltung, dem M.I.S.E. METAL MEETING, war der Sound bei allen Bands und an allen drei Tagen sehr gut und druckvoll, so dass man der Sound-Crew auch bei dieser Veranstaltung wieder ein dickes Kompliment machen kann.

Eine sehr ärgerliche Begleiterscheinung, die leider nicht nur das M.I.S.E. Open Air betrifft, will ich an dieser Stelle nicht verschweigen: Wie man es mittlerweile von fast allen größeren Festivals immer öfter hört, waren erstmals auch bei diesem Festival organisierte Diebe auf dem Campground und später sogar auf dem Infield unterwegs.

Ich hörte von aufgeschlitzten Zelten und sogar von Einbrüchen in Wohnmobile – teilweise sogar, während die Leute darin schliefen. Einfach eine Sauerei. Das M.I.S.E.-Team reagierte zwar umgehend mit verstärkten Security-Patrouillen – aber im Grunde kämpft man hier als Festivalveranstalter gegen Windmühlen.

Jetzt aber lieber wieder zum musikalischen Teil des Festivals!

M.I.S.E. OPEN AIR – Tag 1: Donnerstag, 08. Juni 2023

The Unity – Cytotoxin – Defocus – Lutharo – The Prophecy 23 – Nuclear Warfare

Ich muss zugeben, dass ich (persönlich) die Bandauswahl am Donnerstag insgesamt recht schwach fand, weshalb ich auch nicht allzu ausführlich auf die meisten Bands eingehen werde. Auf traditionelle Festivaleröffnung mit Fassanstich und der von Profi-Musikern unterstützen Kinder- und Jugendrockband ROCKING KIDS hatten wir aus Zeitgründen von vornherein verzichtet.

Nuclear Warfare

Aufgrund Parkplatzsuche und eines kurzen, aber heftigen Regengusses bekommen wir von den Thrashern NUCLEAR WARFARE leider nur die letzten Töne mit. Ärgerlich, da diese Band eigentlich mein gesetztes Highlight des ersten Festivaltags war. Augen- und Ohrenzeugen zufolge müssen die Baden-Württemberger Thrasher aber amtlich abgeliefert haben.

M.I.S.E. Open Air 2023 - Nuclear Warfare
M.I.S.E. Open Air 2023 – Nuclear Warfare

The Prophecy 23

Mit den ebenfalls aus Baden-Württemberg kommenden THE PROPHECY 23 spielen danach die ersten Wiederholungstäter auf dem M:O:A. Wie bereits 2019 kommt der eingängige, teilweise durch etwas Gegrowle angereicherte „Skate Thrash“ inkl. der üblichen Gangshouts beim M.I.S.E.-Publikum recht gut an und sorgt für Bewegung vor der Bühne. Musikalisch hauen mich die Songs der Band allerdings weiterhin nicht vom Hocker.

Lutharo

Die darauf folgenden LUTHARO hatten bereits beim Iron Fest Open Air eröffnet und durchaus einen kleinen Achtungserfolg erzielt. Die Kanadier ziehen mit ihrer – nicht wirklich originellen, aber gut gemachten – Mischung aus Arch Enemy und einem Schuss Evanescence weitaus mehr Leute vor die Bühne als noch in der Vorwoche. Sowohl bei ihren Growls als auch beim Klargesang hat Sängerin Krista Shipperbottom alles im Griff und strahlt mit der Sonne um die Wette.

M.I.S.E. Open Air 2023 - Lutharo
M.I.S.E. Open Air 2023 – Lutharo

Defocus

Mit DEFOCUS folgt danach für mich der absolute Tiefpunkt des Tages. Ich fand die Band und ihren wirklich billigen Metalcore schon beim Hexenhaus Open Air 2021 in Ulm unter aller Kanone. Und auch heute ist vor der Bühne nicht wirklich viel los, auch wenn der Sänger mit seinen Sprüchen teilweise so auf dicke Hose macht, als würden unten gerade 3000 Leute durchdrehen.

Cytotoxin

Ganz anders sieht es bei den folgenden CYTOTOXIN aus, die die bisher größte Crowd des Tages vor die imposant dekorierte Bühne ziehen. Von Backdrop und Bühnenaufbau her könnte man meinen, dass da gerade Megadeth ihr „Rust In Peace“-Album runterzocken. Rein musikalisch ist der energiegeladene Technical Brutal-Death der Chemnitzer nicht wirklich mein Ding, aber die Energie und Brachialität von CYTOTOXIN bringen den immer größer werdenden Circle Pit vor der Bühne verdientermaßen zum Rotieren.

M.I.S.E. Open Air 2023 - Cytotoxin
M.I.S.E. Open Air 2023 – Cytotoxin

The Unity

Zum Beginn der Umbaupause öffnet der Himmel wieder alle Pforten, so dass die Headliner THE UNITY ihr Set leider erst mit einiger Verspätung eröffnen können. Obwohl sich viele Festivalbesucher in der Regenpause bereits auf den Campground verdrückt haben und die Zuschauerreihen vor der Bühne deutlich gelichtet sind, rocken THE UNITY ihr Set spielfreudig und gut gelaunt vor den verbliebenen Fans runter. Diese feiern eingängige Hits wie ‚Hands Of Time‘ oder ‚No More Lies‘ dann aber auch gebührend ab. Vielleicht liegt es daran, dass es bisher musikalisch ja fast nur brachial auf die Glocke gab – live macht mir der melodische Metal der Band, der mir persönlich auf Platte manchmal etwas zu „seicht“ rüberkommt, an diesem Abend so richtig Spaß.

M.I.S.E. Open Air 2023 - The Unity
M.I.S.E. Open Air 2023 – The Unity

Die Marburger „Post-Headliner“ MILKING THE GOAT MACHINE sind, wie schon beim Bericht zum M.I.S.E. METAL MEETING geschrieben, nicht wirklich mein Ding. Deshalb machen wir uns schon vorher auf den Heimweg, um für den nächsten Tag fit zu sein. Ich denke mal, es waren so einige da, die abgefeiert haben.

M.I.S.E. OPEN AIR – Tag 2: Freitag, 09. Juni 2023

Suicidal Angels – Tankard – Holy Moses – Hiraes – Crisix – Nanowar of Steel – Steel Preacher – Nuclear – Hell Patröl

Nachdem es am Vortag ja noch einige Platzregen gab, knallt am M:OA-Freitag erstmal schön die Sonne. Bis auf wenige Ausnahmen ist auch heute meist Thrash pur angesagt.

Hell Patröl

Da die an dritter Stelle geplante polnische Melodic Death Metal Band WARBELL kurzfristig absagen musste, läuten die Opener HELL PATRÖL erst eine Stunde später den zweiten Festivaltag ein. Schön, dann kann man sich erstmal in Ruhe warmtrinken, bevor man zu räudigen Speedern wie ‚Don’t Panic‘ oder ‚Disaster Area“ gepflegte „Front Row Speedbanging Madness betreibt, während sich einige Meter weiter hinten bereits der erste zaghafte Circle Pit bildet. Seit ihren noch etwas rumpeligen Anfangstagen sind die Württemberger in den letzten Jahren zu einer wirklich tighten-Live Band gereift. Bin echt gespannt aufs angekündigte neue Album.

M.I.S.E. Open Air 2023 - Hell Paträl
M.I.S.E. Open Air 2023 – Hell Paträl

Nuclear

Schon um einiges größer wird der Circle Pit bei den Thrashers NUCLEAR (Running Gag: Nu-ku-lar), die bereits beim M.O:A 2017 einen Abriss erster Güte hingelegt hatten und meiner Meinung nach eine etwas höhere Postion im Billing verdient hätten. Aber was soll’s – mit ihrem brachialen, oft an alte Slayer oder Sepultura erinnerndem Thrash bringen die Chilenen das stetig wachsende Publikum gleich auf Betriebstemperatur – auch wenn sie zwischenzeitlich leider mit dem (glücklicherweise) einzigen Regenschauer des Tages zu kämpfen haben. Tut dem größer werdenden Circle Pit aber auch keinen großen Abbruch. Zu guter Letzt beschließen NUCLEAR ihr oberamtliches Set mit einem tollen Cover von Deaths ‚Evil Dead‘.

M.I.S.E. Open Air 2023 - Nuclear
M.I.S.E. Open Air 2023 – Nuclear

Steelpreacher

Dem wollen STEELPREACHER natürlich nicht nachstehen und schließen ihr Set gewohntermaßen mit der absoluten passenden und kräftig abgefeierten Coverversion von Quiet Riots ‚Bang Your Head‘ ab. Davor ist auf wie vor der Bühne wie gewohnt Party-Stimmung angesagt. Gassenhauer wie ‚Here For A Beer‘, ‚Hell Bent For Beer‘, ‚Wish You Were Beer‘ oder ‚We Want Metal, We Want Beer‘ sprechen wohl Bände. Trotz aller Bierseeligkeit sollte man unbedingt erwähnen, das STEELPREACHER ihre Mischung aus AC/DC, Priest und etwas Maiden halt auch immer absolut tight um die Ohren des feiernden Publikums knallen. Prost!

M.I.S.E. Open Air 2023 - Steelpreacher
M.I.S.E. Open Air 2023 – Steelpreacher

Nanowar of Steel

Die nachfolgenden, mittlerweile ja sogar schon vom Fernsehgarten bekannten Italiener NANOWAR OF STEEL sind für mich danach irgendwie wie ein Unfall auf der Autobahn: Man will eigentlich nicht hingucken, kann aber dann doch nicht ganz wegsehen. Ich persönlich fand die Band in ihren Anfangstagen als Manowar-Parodie mal ganz witzig – mittlerweile ist es halt nur noch eine billige Klamauk-Band auf J.B.O.-Niveau.  Vor der Bühne finden sich trotzdem noch zahlreiche Abnehmer, die sichtbar ihren Spaß hatten. Büßfeld alaaf…

M.I.S.E. Open Air 2023 - Nanowar of Steel
M.I.S.E. Open Air 2023 – Nanowar of Steel

Crisix

Ein ganz anderes Kaliber sind dann wieder die Spanier von CRISIX, die bereits beim M:O:A 2018 zu nächtlicher Stunde voll überzeugen konnten. Auf Platte gewinnt der High-Energy-Thrash der Band sicher keine Originalitätspreise – aber was die fünf Katalanen auch dieses Mal wieder live abziehen, ist absolute Oberklasse. Sänger Julián Baz hat die Menge voll im Griff – und Stillstand ist sowohl auf als auch vor der Bühne ein Fremdwort. Schnell bildet sich der größte Circle Pit des bisherigen Tages, durch den sich später auch Gitarrist Marc Busqué spielenderweise tragen lässt. Mit ihrer Performance haben sich CRISIX definitv zahlreiche neue Fans hinzuverdient.

M.I.S.E. Open Air 2023 - Crisix
M.I.S.E. Open Air 2023 – Crisix

Hiraes

Dieses Energie-Level können HIRAES um Frontfrau Britta Görtz erwartungsgemäß nicht ganz halten, auch wenn sie die bislang größte Crowd vor der Bühne versammeln können. HIRAES sind nach Cripper und Critical Mess bereits die dritte Band, mit der Britta das M:O:A beehrt. Natürlich ist Britta, die gewohnt souverän über die Bühne marschiert und sich durch das Material des HIRAES-Debüts „Solitary“ growlt und brüllt, auch heute wieder Dreh- und Angelpunkt des Geschehens. Der an Arch Enemy angelehnte Death Metal der Band wird vom Publikum abgefeiert, mir persönlich fehlt dabei jedoch etwas die musikalische Räudigkeit ihrer beiden Vorgängerbands.

M.I.S.E. Open Air 2023 - Hiraes
M.I.S.E. Open Air 2023 – Hiraes

Holy Moses

Heute ist der Tag der Wiederholungstäter(innen), denn auch Sabina Classen und HOLY MOSES haben schon beim M:O:A 2019 gerockt. Da sich HOLY MOSES nach ihrem letzten starken Album „Invisible Queen“ dieses Jahr auf „Abschiedstournee“ befinden, nutzt Sabina heute noch einmal die Gelegenheit, sich standesgemäß auch vom M.I.S.E.-Publikum zu verabschieden. Wenn man sieht, wie kompromißlos sich Sabina und Band durch ihr Best-of-Set thrashen, entsteht da definitiv ein wenig Wehmut. Trotzdem ist Party angesagt: Beim obligatorischen Rausschmeisser ‚Too Drunk To Fuck‘ feiert Sabina mit ca. 30 Damen aus dem Publikum auf der Bühne und einer gut gelaunten Zuschauermenge davor. Definitiv ein Ausstand nach Maß!

M.I.S.E. Open Air 2023 - Holy Moses
M.I.S.E. Open Air 2023 – Holy Moses

Tankard

Tja, und auch TANKARD waren zuletzt 2019 dabei – die Frankfurter sind (nicht nur) beim M:O:A einfach eine sichere Bank auf der Headliner-Position und bringen den Pit auch heute wieder zum kochen. Vom neuen Album „Pavlov’s Dawgs“ finden ‚Ex-Fluencer‘ und ‚Beerbarians‘ ihren Weg auf die Setlist. Neben dem mittlerweile üblichen Opener ‚Rectifier‘ werden die Alben davor i.d.R. mit jeweils einem Song (‚A Girl  Called Cerveza‘, ‚One Foot In The Grave‘, ‚Rest In Beer‘, ‚Rules For Fools‘ etc.)  gewürdigt. Einige alte Klassiker wie ‚Chemical Invasion‘, ‚Zombie Attack‘, ‚Morning After‘ und zum Schluss wie immer ‚(Empty) Tankard‘ fehlen natürlich auch nicht. Die Krawalle bei ‚Freibier‘ bleiben glücklicherweise aus – dafür gibt’s im Moshpit wie immer Good Thirsty Violent Fun.

M.I.S.E. Open Air 2023- Tankard
M.I.S.E. Open Air 2023 – Tankard

Thrashig klingt der Abend dann mit den SUICIDAL ANGELS aus. Obwohl es fast schon den ganzen Festivaltag über die musikalische Breitseite gab, können die Griechen noch beachtliche letzte Reserven beim trinkfesten M.I.S.E.-Publikum aktivieren. Während sich der hintere Bereich des Festivalgeländes schon spürbar leert, geht vorne immer noch gut die Post ab. Mit Songs wie ‚Endless War‘, ‚Born Of Hate‘, ‚Bloody Ground‘ oder dem Titelsong legen die SUICIDAL ANGELS der Schwerpunkt ihres Sets klar auf das starken letzte Album „Years Of Aggression“, hauen dazwischen aber wenigstens auch den „alten“ Gassenhauer ‚Apokathilosis“ raus.

M.I.S.E. OPEN AIR – Tag 3: Samstag, 10. Juni 2023

Legion of the Damned – Crematory – Benediction – Illdisposed – Motorjesus – Vulture – Knife – Odium

Den dritten und heißesten Festivaltag gehen wir etwas gemütlicher an, so dass wir den Thrash Metal der Niederländer DEFAZER und den melodischen Death Metal der Finnen THY KINGDOM WILL BURN verpassen. Die Sonne knallt, glücklicherweise aber nicht ganz so derbe wie im Vorjahr. Weiß nicht, ob es am starken gestrigen Billing oder eben der heutigen Hitze liegt – jedenfalls ist der Zuschauerzuspruch vor der Bühne am dritten Festivaltag durch die Bank etwas schwächer als am Vortag.

Odium

Wir betreten das Festivalgelände gerade noch rechtzeitig zum Auftritt der Thrasher von ODIUM, die nach kleineren anfänglichen Abstimmungsschwierigkeiten mit Songs wie ‚Abyss‘, ‚The Science Of Dying‘ oder ‚Beast By Society‘ gewohnt überzeugen können. Bassistin Belinda wird zur Zeit krankheitsbedingt (auf diesem Wege: Gute Besserung!) kurzfristig durch Gonzo (Ex-Architects of Chaoz) vertreten, der auf der Bühne damit erstmals wieder auf Ex-Kollege und ODIUM-Neudrummer Dominik trifft. Die vor der Bühne noch etwas überschaubare Zuschauermenge hat ihren Spaß, während viele noch in den schattigeren Bereichen des Festivalgeländes verbleiben.

M.I.S.E. Open Air 2023 - Odium
M.I.S.E. Open Air 2023 – Odium

Knife

Bei den nachfolgenden KNIFE trauen sich dann doch einige mehr Zuschauer in die brütende Sonne vor der Bühne. Die Marburger Black-Thrasher machen 45 Minuten lang keine Gefangen und knallen dem gut mitgehenden Publikum Kracher wie ‚I Am The Priest‘ von der 2020er EP „Locked In“ oder ‚Black Leather Hounds‘ und ‚White Witch Black Death‘ vom selbstbetitelten Debüt um die Ohren. Zusätzliche Freude kommt auf, als KNIFE-Sänger Vince Nihil die im August geplante Veröffentlichung ihres Zweitwerks ‚Heaven Into Dust‘ ankündigt. Starker Auftritt.

M.I.S.E. Open Air 2023 - Knife
M.I.S.E. Open Air 2023 – Knife

Vulture

Dem wollen auch die Speeder von VULTURE in nichts nachstehen und hauen vornehmlich Songs ihres Debüts „The Guillotine“ und ihres speedtechnisch etwas gemäßigteren letzten Albums „Dealin‘ Death“ raus. Ich persönlich hätte mir noch den ein oder anderen Songs ihres starken zweiten Albums „Ghastly Waves…“ gewünscht – aber was soll’s. Die vorderen Reihen drehen bei VULTURE bis zum oberamtlichen Exodus-Cover „A Lesson In Violence“ gepflegt durch. Es scheint wirklich an der Hitze zu liegen, dass es heute tagsüber generell nicht mehr ganz so voll im Zuschauerraum ist wie noch am etwas milderen Vortag.

M.I.S.E. Open Air -Vulture
M.I.S.E. Open Air -Vulture

Motorjesus

Die Mönchengladbacher MOTORJESUS bringen mit ihrem kraftvollen Hardrock eine willkommene Abwechslung in das dieses Jahr doch sehr thrash- und deathlastigen M:O:A Festivalbilling. Während die weiterhin gleißende Sonne um halb sieben langsam etwas tiefer sinkt, feiert das Publikum Hits wie ‚Hellbreaker‘, ‚The Howling‘, ‚Fist Of The Dragon‘ oder ‚A New War‘ ab. Und auch wenn nicht mehr ganz so neu, bietet der imposante Hellbreaker-Backdrop doch immer wieder was fürs Auge. Als Zugabe bringen MOTORJESUS einmal mehr die tight runtergerockte Coverversion von Sacred Reich’s „Indendent“.

M.I.S.E. Open Air - Motorjesus
M.I.S.E. Open Air – Motorjesus

Illdisposed

Da ich nur ein paar ihrer älteren Alben kenne und sie zuletzt vor zehn Jahren live gesehen hatte, hatte ich ILLDISPOSED nicht so wirklich auf dem Schirm. Umso mehr reisst mich der heutige Live-Auftritt der dänischen Death-Metaller mit. Während Sänger Bo Summer das Publikum mit der Warnung begrüßt, dass man vom Metal Frenzy Festival am Vortag noch ziemlich verkatert sei, und auch sonst eine etwas schnoddrige Fuck-Off-Attitüde an den Tag legt, walzen mich ILLDISPOSED mit ihrer tight gespielten Mischung aus Boltthrower-Midtempo, einem Schuss Amorphis-Melodiösität und nur wenige Uptempo-Ausflügen regelrecht nieder. Hier habe ich plattentechnisch definitiv was nachzuarbeiten.

M.I.S.E. Open Air 2023 - Illdisposed
M.I.S.E. Open Air 2023 – Illdisposed

Benediction

Viertel nach neun betreten dann die Death-Metal-Veteranen von BENEDICTION das Schlachtfeld – die Sonne geht langsam unter und auch der Zuschauerraum vor der Bühne erreicht endlich wieder einen wirklich ordentlichen Füllgrad. Neubassist Nik Sampson fügt sich gut zwischen die beiden Urgitarristen Peter Rew und Darren Brooks ein – und der 2019 wieder eingestiegene Dave Ingram stampft und growlt wie ein Berserker über die Bühne. Songs wie ‚Iterations Of I‘ oder ‚Scriptures In Scarlet‘ vom starken letzten Album reihen sich nahtlos zwischen BENEDICTION-Klassikern wie ‚Nightfear‘, ‚I Bow To None‘, ‚Agonised‘ oder ‚Subconscious Terror“ ein. Eine absolute Machdemonstration in Sachen Death Metal, die von den Fans in den ersten Reihen und im Circle Pit gebührend abgefeiert wird.

M.I.S.E. Open Air 2023 - Benediction
M.I.S.E. Open Air 2023 – Benediction

Crematory

Ja, an CREMATORY scheiden sich schon seit Jahren die Geister, vor allem die Kritiker. Mit ihrem recht simplen, teils deutschen, teils englischen Gothic/Electro-Metal wollen die Württemberger erstmal nicht wirklich zum Rest des M:O:A Billings passen. Und dann auch noch gleich als Headliner? Sänger Felix nimmt etwaigen Meckerern mit entsprechenden, absolut sympathischen Ansagen gleich den Wind aus den Segeln und lädt ein, doch einfach mitzufeiern. Die Rechnung geht auf – zahlreiche Leute feiern und tanzen zu eingängigen Songs wie ‚Höllenbrand‘, ‚Tick-Tack‘, ‚Shadowmaker‘ oder dem alten ‚Tears Of Time‘ gut gelaunt ab. Bin echt kein großer Fan der Alben – aber gerade nach drei fast durchgängig thrashigen Festivaltagen machen CREMATORY mir live wieder mal richtig viel Spaß.

M.I.S.E. Open Air 2023 - Crematory
M.I.S.E. Open Air 2023 – Crematory

Legion of the Damned

Den musikalischen Schlussstrich unter das auch dieses Jahr insgesamt wieder gelungene M:O:A ziehen dann die Thrasher LEGION OF THE DAMNED. Auch zur fortgeschrittenen Nachtzeit finden sich noch mehr als eine Handvoll Hartgesottener, die die Niederländer abfeiern, während sich Essens- und Getränkezelt drumherum rapide leeren. Liegt wohl am diesjährigen „Überangebot“ von – durch die Bank hochklassigen – Thrash-Metal-Bands, dass mich LEGION OF THE DAMNED trotz ihrer absolut amtlichen Performance nicht mehr so richtig vom Hocker reissen können.

Mensch, das Festival hat mal wieder richtig Spaß gemacht – auch, weil man hier immer wieder viele Bekannte und auch Bands aus den Vorjahren trifft. Persönlich hoffe ich, dass das nächstjährige M.I.S.E. Open Air Festival stilistisch wieder ein wenig mehr Abwechslung, z.B. in Form der ein oder anderen Hardrock, Stoner oder „klassischen“ Metalband ins Billing bringen wird.

Text: Joe Nollek

Bilder: Joerg Lobo von El Lobo Konzertfotografie