M.I.S.E. METAL MEETING 2023
MILKING THE GOATMACHINE – MASTER – WARRANT – BLIZZEN – PURIFY
06. April 2023
Homberg (Ohm), Hessen
Am Gründonnerstag, dem 6. April 2023 luden die Mitglieder des alteingesessenen Homberger Heavy Metal Clubs M.I.S.E. e.V. zum ersten M.I.S.E. Metal Meeting (kurz MMM) in den beschaulichen Homberger Ortsteil Büßfeld ein. Das MMM ist das Warm-Up Event für das dreitägige M.I.S.E. Open Air Festival (kurz M:O:A), das der Club seit Jahren erfolgreich am Fronleichnam-Wochenende im Juni uf dem angrenzenden Festivalgelände veranstaltet.
Zumindest für das M.I.S.E. Metal Meeting, das kultigerweise in der Scheune des Veranstalters nebst vorgelagertem Festzelt stattfindet, kann sich der Club schon mal einen „Ausverkauft“-Patch an die Kutte heften. Trotz der einst wohl sicher nicht in Hinblick auf Metal-Konzerte gebauten Scheune war der Sound vor der Bühne bei allen Bands überdurchschnittlich gut und lobenswert austariert. Absolutes Kompliment an die Sound-Crew: In dieser Hinsicht können sich sich so einige Klubs und Festivals definitiv eine Scheibe abschneiden.
Purify
Kurz nach 18 Uhr ziehen die – je nach Definition – immer schlecht- bzw. gutgelaunten Mainzer Thrasher von PURIFY spiel- und pöbelfreudig die ersten Zuschauer vom Zelt in Scheune. Sein Thrasher-Shirt hat Bandgründer, Gitarrist, Hardcore-Veganer und Facebook-Influencer Guido seit dem Taunus Metal Festival am Wochenende zuvor zwar nicht gewechselt – dafür bekommt Sänger Mönch das vertonte Bandmotto ‚Hate Fuck Die‘ heute sogar ohne das dazugehörige „Signature-Bandshirt“ als Spickzettel hin und schenkt in den sich warmbangenden ersten Reihen Hochprozentiges aus der Maggi-Flasche aus.
Ansonsten spielen PURIFY Klassiker ihrer beiden bereits seit einiger Zeit vergriffenen CDs sowie bisher nie veröffentlichte, aber seit Jahren zum Live-Set der Band gehörige Kracher wie ‚Leprechaun Decapitation‘ oder ‚Revenge Of The Rodent‘. Beim neuesten, live fast schon an alte Pantera erinnernden ‚I Am Eternal‘ kündigt der manische, danach nicht mehr nüchtern gesehene Mann am Mikro bzw. Wischmop sogar vollmundig ein anstehendes drittes Album an, das schätzungsweise etwa zeitgleich mit dem Verbrenner-Verbot das Licht der Welt erblicken wird. So vergeht der Ruhm der Welt.
Blizzen
Das Festzelt vor der Scheune füllt sich merklich, Meet & Greet ist angesagt, sowohl Bier- als auch Pizzastand kommen langsam auf Betriebstemperatur. Nicht ganz so schnell, aber merklich füllt sich die Scheune, als die Speedster BLIZZEN aus dem benachbarten Gießen um kurz nach 19 Uhr schnörkellos und gewohnt agil loslegen. Weiterhin ist noch genug Platz direkt vor der Bühne, was aber sicher nicht an der Performance oder den Songs der Band liegt, sondern eher daran, dass viele Leute im Zelt entweder immer noch am Warmfeiern sind und/oder hauptsächlich auf die später folgenden Death Metal Acts warten.
BLIZZEN knallen uns einen ausgewogenen Querschnitt ihrer tollen zweieinhalb Scheiben „Time Machine“, „Genesis Reversed“ und „Worlds in Chains“ bis zum abschließenden und unkaputtbaren Fistraiser ‚Gone Wild‘ um die Ohren. Ich persönlich komme aus dem Headbangen jedenfalls nicht mehr raus – und auch genug andere Metalheads lassen in den ersten Reihen ihre Köpfe bzw. Matten schwingen. Drummer Gereon ist aus nicht weiter benannten Gründen heute verhindert, wird aber ehrenhaft durch einen Aushilfsschlagzeuger vertreten. Klasse Auftritt.
Warrant
Bei WARRANT wird es glücklicherweise noch etwas voller in der Scheune. Live sind die Düsseldorfer Kultspeeder um Sänger, Bassist und einzig verbleibendem Gündungsmitglied Jörg Juraschek leider viel zu selten zu sehen. Aber wenn, dann liefern sie immer amtlich ab – wie heute. Neben Michael Dietz steht mit Adrian Weiss seit letztem Jahr auch endlich wieder ein zweiter Gitarrist auf der Bühne, der vorne für zusätzliche Action und ordentlich sägende Gitarrenpower sorgt, während sich ein gewohnt Grimassen schneidender Thomas Rosemann dahinter die Seele aus dem tätowierten Leib prügelt.
Neben dem Opener ‚Come And Get It‘ und dem tollen ‚Immortal‘ vom 2014er Album „Metal Bridge“ geben WARRANT mit dem neuen Song ‚Demons‘ auch einen vielversprechenden Ausblick auf das geplante neue Album. Ansonsten besteht der Großteil des Sets hauptsächlich aus ihren 85er-Kultsongs wie ‚Bang That Head‘, ‚Satan‘, ‚Nuns Have No Fun‘ oder ‚Torture In The Tower‘ oder eben ‚The Enforcer‘. Letzterer schwingt im obligatorischen Henkerskostüm natürlich auch höchstpersönlich wieder seine Doppelkopfaxt auf der Bühne. Nach dem Rausschmeisser ‚Ordeal Of Death‘ lassen WARRANT dann auf alle Fälle ein bestens gelauntes Publikum zurück.
Master
Noch während Altmeister Paul Speckmann und sein langjähriger Gitarrist Alex Nejezchleba in aller Seelenruhe ihre Streitäxte auspacken und einstöpseln, wird es erstmals richtig voll in der Scheune. Spätestens jetzt wird einem klar, dass der Großteil der Besucher heute vornehmlich auf Death Metal gebürstet ist. Und im Grunde ist der heutige Auftritt beim M.I.S.E. Metal Meeting fast schon ein „Heimspiel“, da MASTER bereits bei den M.I.S.E. Open Airs 2018 und 2022 als Co-Headliner dabei waren.
Als MASTER uns dann ab kurz vor 22 Uhr unverwüstliche Klassiker wie ‚Master‘, ‚Pledge Of Allegiance‘ und ‚Judgement of Will‘ um die Ohren schmettern, gibt es vor der Bühne kein Halten mehr: Die Köpfe kreisen, die Nackenwirbel brechen und der Moshpit tobt. Live entfaltet die Band trotz aller Brachialität einen ganz eigenen unverkennbaren Groove, wie das allgemein meist nur Trio-Besetzungen – und im Death Metal Bereich eben nur MASTER – so hinbekommen.
Während Alex mit gewohntem (Bühnen-)Pokerface einfach nur trocken seine Killerriffs runterzockt, grinst Schlagzeuger Peter Bajci, der live bereits seit letztem Jahr an Bord ist, meist über beide Ohren, während er sein Kit verdrischt. Paul Speckmann genießt die ausgelassene Stimmung in der Scheune sichtlich und unterhält das Publikum in den Songpausen mit diversen trockenen Sprüchen und vielen dankbaren Worten, während er sich den ein oder anderen Drink gönnt. Hammergig. Cheers, Paul, Peter und Alex!
Etwas perplex ist der hiesige Rezensent übrigens, als Paul mich zwischendrin sogar mal zum Anstossen auf die Bühne holt – und das gerade beim ersten MASTER-Gig, zu dem ich mit dem Auto gefahren bin -.-
Milking The Goatmachine
Im Festzelt vor der Scheune sind Stimmung und Alkoholpegel mittlerweile auf dem Höchststand. Während die anstehenden Headliner MILKING THE GOATMACHINE und die M.I.S.E. Crew noch mit der „rumzickenden“ (nomen est omen?) Technik kämpfen, gönne ich mir endlich die leckere hausgemachte und selbst zusammenstellbare Pizza, die seit Jahren schon das kulinarische Highlight bei den M.I.S.E. Open Airs ist und auch hier unbedingt mal Erwähnung finden sollte.
Um 23:30 Uhr sind dann auch die technischen Probleme glücklicherweise behoben und die GOATMACHINE kann vor rappelvoller Scheune durchstarten. Es gibt so einige Bands mit fester Bindung zum M.I.S.E. e.V., aber wenn es so etwas wie eine „Hausband“ gibt, dann sind es wohl die Ziegenköpfe aus dem benachbarten Marburg, die übrigens auch ein weiteres Mal auf dem kommenden M.I.S.E. Open Air spielen werden.
Persönlich kann ich mit dem Sound von MILKING THE GOATMACHINE einfach nichts anfangen. Dafür ist mir der (Slam-)Death/Grind der Band mit seinen zahlreichen musikalischen wie textlichen Querverweisen und Samples zu anderen Metal- und Pop-Songs einfach zu plump und oberflächlich. Allerdings kann ich attestieren, dass Band beim Publikum bestens ankommt, bis zur letzten Zugabe abgefeiert wird und sich ihren Headliner-Status damit auch verdient hat.
In der Scheune ist die Hölle los und die Zuschauer stehen bis ins Festzelt zurück. Zum Wohlgefallen der zahlreichen abgehenden Fans können die GOATS trotz der vorangegangenen Verzögerungen ihr Set offenbar auch noch komplett durchziehen, so dass das M.I.S.E. Metal Meeting gegen 0:30 Uhr ein für alle absolut zufriedenstellendes Ende findet.
Text: Joe Nollek