IMPERIAL AGE – NEW WORLD

IMPERIAL AGE

Titel: NEW WORLD

Label: ATLANTEAN RECORDS

Spieldauer: 46:49 Minuten

VÖ: 27. August 2022

Die nach der Veröffentlichung eines Antikriegsmanifest am ersten Tag des russischen Einmarschs in der Ukraine mitten im Produktions- und Aufnahmeprozess der neuen Scheibe “New World“ gezwungenermaßen in die Türkei emigrierten russischen Symphonic Metaller IMPERIAL AGE habe ich das erste Mal vor einigen Jahren im Vorprogramm ihrer Entdecker/Förderer Therion so richtig wahrgenommen.

Wenn man über die traditionellen Gewänder und das manchmal übertriebene Acting hinwegsah, war schon damals das enorme musikalische Potential der Gruppe erkennbar und wurde über die Jahre offenbar ausgebaut und weiterentwickelt.

Jedenfalls bietet die neue Scheibe alles, was das Symphonic Metal Herz begehrt und dazu noch äußerst starke Kompositionen und Arrangements. Innerhalb der abwechslungsreichen Stücke wird eine intensive Atmosphäre und viel Dynamik erzeugt, ruhige Streicher- und Pianopassagen stehen neben bombastischen Orchestrierungen und viel Synthiepower.

Sänger Alexander Osipov und seine beiden Kolleginnen Jane Odintsova und Anna „Kiara“ Moiseeva sorgen mit verschiedenen Stimmlagen, Chören und wechselnder Besetzung der Songs bereits für viel Variabilität. Hinzu kommt aber auch mal eine Polka-Einlage hier und ein paar weitere folkloristische Elemente dort.

Mal rockig-kraftvoll, mal eher leichtfüßig-tänzerisch oder melodisch bis hymnisch, die acht neuen Songs überzeugen auf ganzer Linie, auch wenn manchmal dann doch ein wenig zu viel an Theatralik und ein wenig aufgesetzte Dramatik durchscheint. Manchmal vermisst man fast ein wenig die Gitarren, welche von anderen Elementen überlagert werden, dafür wurde aber viel stolze, kämpferische, russische Seele und eine Prise Melancholie in die neuen Stücke eingearbeitet.

Absoluter und unumstrittener Glanzpunkt der Scheibe ist der epische, kraftvolle Schlussakkord `Call Of The Towers´, eine grandiose, kleine, über achtzehn Minuten andauernde Metal Symphonie innerhalb des Longplayers.

Eine bombastische, packende Soundwand hält den Hörer über die gesamte Zeit bei der Stange und Unterschiede in Stilistik, Lautstärke, Sound und Geschwindigkeit sorgen für abwechslungsreiche Unterhaltung. Orgelklänge im Bach-Stil treffen auf ein ebenso barockes Cembalo, balladeske Töne und Gitarrensoli, dunkle Stimmung und blackmetal-artige Passagen auf wunderschöne Melodien und Chöre.

“New World“ ist ein sehr gutes Symphonic Metal Album „der alten Schule“ mit starken Kompositionen und ohne Ausfälle. Hinzu kommen präzises Songwriting, musikalisches Können und facettenreiche Vocals.

Angesichts der äußeren Umstände und ohne Unterstützung einer „richtigen“ Plattenfirma kann man nur sagen: Hut ab! Die Scheibe wurde außerdem durch eine erfolgreiche Crowdfundingaktion finanziert, die überschüssigen Mittel kamen ukrainischen Kriegsopfern und -flüchtlingen zugute.

Michael Gaspar vergibt 8 von 10 Punkten