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This Day in Metal: RUNNING WILD – `GATES TO PURGATORY`

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Unser Spezialist für die Historienarbeit hat wieder zugeschlagen und nimmt sich ein Album vor das vor fast vier Jahrzehnten auf die Heavy Metal Welt kam:

RUNNING WILD

GATES TO PURGATORY

NOISE RECORDS

33:39 Minuten

VÖ: 26.12.1984

 

Heute vor 38 Jahren erschien das Full-Length-Debüt von RUNNING WILD. Bereits kurz bevor gab es als Appetizer die EP „Victim Of States Power“ mit den beiden Non-Album-Tracks „Walpurghis Night (The Sign Of Women´s Fight)“ und „Satan“, die später für die CD-Version verwendet wurden. Das Album gilt als frühes Speed Metal- Album und hat Heerscharen von Bands beeinflusst.

 

Die Hamburger sind und waren für ihre Piraten-Thematik bekannt, das sie jedoch erst 1987 mit dem dritten Album „Under Jolly Roger“ umsetzten. Auf den ersten beiden Alben „Gates To Purgatory“ (1984) und „Branded And Exiled“ (1985) dominierten satanische aber auch archaische und sogar libertarische Texte. Interessant ist, dass Gitarrist Gerald „Preacher“ Warnecke zu der Zeit gerade sein Theologie-Studium durchführte und nach dem Album die Band verließ, um Vikar zu werden. Aufgrund der Texte wurde die Band damals sogar in die Black Metal- Ecke geschoben.

 

Auch wenn das Album Speed Metal- Kracher der Marke „Victim Of States Power“, „Soldiers Of Hell“, Diabolic Force” oder “Adrian S.O.S.” zu bieten hat, so gibt es auch ganz andere Songs. Da wäre beispielsweise das ziemlich doomig-düstere „Preacher“, das Midtempo-Stück „Black demon“, meinen persönlichen Favouriten und Fistraiser „Genghis Khan“ und natürlich die Bandhymne „Prisoner Of Our Time“. Die Atmosphäre auf der ganzen Platte ist unheimlich düster, beschwörend und „evil“. Während andere Heavy Metal- Platten zu der Zeit meist auf Energie, Screams und Double Bass setzten, knallten RUNNING WILD den Fans dieses Stück Heavy Meal vor den Latz, das heavy, schnell aber immer melodisch ist. Das Album bietet auch 2022 absolute Gänsehaut-Momente.

 

Wirklich überraschend war es nicht, dass die Jungs ein starkes Album veröffentlichen würden, denn gut waren sie schon vorher. Egal ob auf den Demos, den Samplerbeiträgen oder live, die Band um Bandkopf Rolf „Rock´n Rolf“ Kasparek war von Anfang an ein wichtiger Eckpfeiler nicht nur der Hamburger sogar der gesamten deutschen Heavy Metal- Szene und so etwas wie der düstere Gegenpol zu den süddeutschen Stormwitch, die allerdings deutlich melodischer und „postitiver“ waren. Doch erst auf diesem Album klangen sie eigenständig. Die Priest- und Maiden- Einflüsse waren zwar immer noch da aber nicht mehr so stark wie früher. Die Songs, die schon von den Demos bekannt waren, klangen nun viel druckvoller und vor allem schneller. Der Sound war spitze, was sicherlich auch am DMM- Verfahren lag, das die Band aus eigener Tasche finanzierte. Das hat sich absolut gelohnt, denn noch heute klingt das Album wunderbar differenziert.

 

Was das Album ausmacht, sind sicherlich die Gitarrenmelodien und -soli. Da hat es sich bezahlt gemacht, daß alle Gitarrenspuren doppelt eingespielt wurden. Aber auch die Riffs und sogar der Gesang – ziemlich tief und düster für eine traditionelle Heavy Metal- Band und technisch sicherlich weder sauber noch gut und auch die Melodiösität entwickelte Rolf erst später – aber absolut passend zu den düsteren und mystischen Songs. Das ist das Eine. Das Andere ist natürlich das Songwriting. Es ist wirklich kein einziger schwacher Song dabei. Wenn Rolf nur einmal dieses Album komplett live spielen würde, würde das Publikum kollektiv komplett durchdrehen, da schließe ich mich ein. Das wird niemals passieren aber wenn denn mal ein Song dieser LP live gespielt wird, ist es im Grunde egal, welcher Song es wird, ein Volltreffer ist es immer. Was ebenfalls erwähnt werden muss, ist das absolut passende und ikonische cover-artwork. Sicherlich ein wenig aus der Zeit gefallen, ist es ein Zeitdokument, das sofort klar machte, womit man es hier zu tun hatte. Ähnlich, wie es Exciter mit ihrem „Heavy Metal Maniac“- Album 1983 gemacht hatten. Der Typ auf dem cover war übrigens ein Roadie der Band, der sich Django nannte. Der Realname war Manfred Bünning und er lebt immer noch in Hamburg.

 

Mit „Gates To Purgatory“ haben RUNNING WILD ohne Zweifel Musikgeschichte geschrieben. Das Album wurde von Presse und Fans schon direkt nach dem Release euphorisch abgefeiert, verkaufte sich ohne nennenswerte Promotion innerhalb von wenigen Monaten 20.000 mal alleine in Deutschland und live waren sämtliche Konzerte ausverkauft. Das Album hat ganz viele Musiker beeinflusst, die sich in den unterschiedlichsten Genres zu Hause fühlen und tut es bis heute. Das Album ist sicherlich nicht das beste Album von RUNNING WILD, aber es dokumentiert die Anfänge sowohl der Band als auch der Heavy Metal- Szene in Deutschland sehr gut und macht den Zeitgeist der frühen 80er hörbar.

 

Hans-Jörg Dammann