Heute widmet sich unser musikalischer Geschichtsschreiber zum Stichtag dem dritten Studiowerk eines der Urväter des Death Metal:
DEATH
Titel: SPIRITUAL HEALING
Label: UNDER ONE FLAG
Spieldauer: 43:21 Minuten
VÖ: 16.02.1990
Heute vor 33 Jahren erschien das dritte Album von DEATH. Es war das letzte Album der Band mit einem cover-artwork von Ed Repka (Megadeth, Vio-lence, Evildead, Municipal Waste, Toxic Holocaust u.v.a.m.).
Nachdem die ersten beiden Alben „Scream bloody gore“ und „Leprosy“ klassischen Death Metal beinhalteten – der damals allerdings frisch und aufregend war – begann die Band bzw. vor allem Chuck Schuldiner, die Musik zu verändern und neue Wege zu gehen. Auf „Spiritual healing“ war der Gesang im Grunde das Einzige, was nach Death Metal klang. Obwohl Chuck´s Gesang auch hier deutlich akzentuiert und leicht verständlich war. Musikalisch öffnete man sich dem Thrash, Trad Metal und förderte auch erste progressive Anleihen zu Tage. Damit verschob man die Grenzen des Death Metal und zeigte, dass eine Death Metal- Band nicht in ihrem Genre stehen bleiben musste. Dennoch hat Chuck auch bei zwei Songs ganz alte Ideen verwurstet: Das Riff im Mittelteil vom Titeltrack stammt ursprünglich vom Eröffnungsriff von „Legion of doom“, das 1984 im Rahmen des „Death by Metal“- Demos veröffentlicht wurde und das erste Riff von „Living monstrosity“ stammte vom Titeltrack des 1985 veröffentlichten Demos „Back from the dead“.
„Spiritual healing“ ist zwar technischer, komplexer und anspruchsvoller als die beiden Vorgänger aber nicht in dem Maße, wie es die nachfolgenden Alben waren. Genau das macht den Reiz der Band aber auch aus: Chuck hat DEATH mit jedem Album weiterentwickelt, aber eben auf einem Niveau, das stets nachvollziehbar und authentisch war. Klar, nicht jedem alten Fan gefiel das, doch Chuck hat eindrucksvoll gezeigt, wie man Death Metal interessanter gestalten konnte.
Das Sahnestück der Scheibe ist sicherlich die durchdachte Gitarrenarbeit, die mit breaks und Tempiwechsel durchsetzt ist und teils mehrere Soli zu bieten hat („Low life“ kann gleich mit sechs Soli aufwarten). Doch die Technik steht hier gar nicht so sehr im Vordergrund – sie ist eher Mittel zum Zweck, um das abwechslungsreiche Songwriting umzusetzen. Chuck hat in einem Interview einmal erwähnt, dass er auch bei diesem Album den Bass eingespielt hat (wie auch bei den beiden Vorgängern), was ein wenig verwundert, da Bassist Terry Butler bei der Hälfte der Songs credits für das Songwriting bekommen hat. Die drums sind nicht so anspruchsvoll wie auf späteren Scheiben, bei denen ausnahmslos echte Könner am Werk waren, aber Bill Andrews spielt sehr songdienlich, nur eben ohne selbst Akzente zu setzen, was jedoch auch noch nicht nötig war.
Auch textlich ging man andere Wege. Statt von Gewalt, Zombies und Tod zu erzählen, fielen die Texte gesellschafts- und religionskritischer aus. Damit hatte die Band schon auf „Leprosy“ begonnen, doch auf „Spiritual healing“ wurde dies deutlicher betont.
Produziert, aufgenommen und gemischt wurde das Album in sechs Wochen im Morrissound Studio zu Tampa, Florida, wo so viele Klassiker veredelt wurden. Daher gibt es auch überhaupt nichts am Sound zu bekritteln. Die Songs kommen wuchtig und doch dynamisch aus den Boxen. Trotz der Härte wirkt die Produktion transparent, so dass alle Instrumente gut heraushörbar sind, sogar der Bass, der allerdings „nur“ den Gitarrenriffs folgt.
Das cover-artwork von Ed Repka schafft die perfekte Verbindung zu den Texten. Es zeigt wunderbar, wie religiöser Wahnsinn die Gesellschaft durch Fanatismus und Gehirnwäsche manipuliert und entzweit. Doch die lyrics haben noch viel mehr zu bieten. Dort verarbeitet Chuck seine Gedanken zu Abtreibung, Eugenik, durch Crack-Konsum der Eltern geschädigte Kinder, multiple Persönlichkeitsstörungen u.ä.
„Spiritual healing“ war im Grunde ein Abschluss einer Ära, denn nach diesem Album schmiss Chuck die gesamte Besetzung (James Murphy – Gitarre, Bill Andrews – drums, Terry Butler – Bass) raus, da diese ohne Absprache mit ihm mit einem Gastsänger auf Europatournee gingen.
Alles in allem also eine Platte, die in keiner Death Metal- Sammlung fehlen sollte, aber auch Thrasher und open-minded Trad Metaller sollten Freude an diesem Klassiker haben.
R.I.P. Chuck Schuldiner – let Metal flow!
Hans-Jörg Dammann