You are currently viewing TERRA ODIUM – Auferstanden aus der Asche

TERRA ODIUM – Auferstanden aus der Asche

  • Beitrags-Autor:
  • Beitrags-Kategorie:

Die Norweger sorgen mit ihrem harten, modernen Technical Metal/Prog auf höchstem spielerischen und gesanglichen Niveau derzeit für großen Wirbel in der Szene. Die Band um zwei Spiral Architect-Mitglieder sowie Gitarrist Bollie Fredriksen (Manitou), Bass-Legende Steve Di Giorgio (Testament, Control Denied, Sadus, Death) und Tasten-Magier Jon Phipps (Moonspell, Amorphis, Angra) überzeugt mit ihrem Debüt „Ne Plus Ultra“ Fans und Kritik gleichermaßen und räumt eine Top-Bewertung nach der anderen ab. Also definitiv Grund genug, ein paar Worte mit dem sympathischen Sänger und Gitarristen der Band Øyvind Hægeland zu wechseln.

Zunächst einmal unsere Glückwünsche zum grandiosen Debüt. „Ne Plus Ultra“ ist nun seit einigen Tagen veröffentlicht. Wie sind die Reaktionen bisher? Seid ihr stolz auf die Platte? Alle Rezensionen, die ich gesehen habe, waren ziemlich euphorisch und haben es zu einem der Anwärter auf das „Album des Jahres“ erkoren.

Hallo! Vielen Dank! Ja, die Reaktionen sind unglaublich und wir sind beeindruckt von dieser Art von positivem Feedback. Ehrlich gesagt wussten wir nicht, was uns erwarten würde und haben uns auch nicht wirklich hingesetzt und besprochen, womit wir rechnen. Wir haben uns jahrelang nur auf das Album konzentriert und plötzlich ist es draußen. Das ist dann eine völlig neue Situation. Bisher waren es fast ausschließlich positive Bewertungen und das ist überwältigend und sehr inspirierend. Ein Gruß und großer Dank an alle Magazine und Websites, die unser Album rezensiert haben und an alle da draußen, die uns unterstützen!

Wann und wie wurde die Idee zum Projekt geboren und wofür steht der Name Terra (Erde) Odium (Hass)? Steckt ein tieferer Sinn dahinter?

Terra Odium wurde aus der Asche der norwegischen Progressive-Metal-Band Manitou geschmiedet. Gitarrist Bollie Fredriksen und ich begannen 2011, zusammen Songs zu schreiben, als wir Manitou wiedervereinigten. Nach einigen Live-Shows wurde Manitou wieder zu Grabe getragen. Aber Bollie und ich haben wirklich gut zusammengearbeitet und die Kreativität blühte regelrecht auf, also beschlossen wir, weiter Songs zu schreiben und eine neue Band zu gründen.

Meine Interpretation des Namens Terra Odium ist „der Hass der Erde“. Damit meine ich die Wut der Erde, den Hass in Form von Tsunamis, Erdbeben, Stürmen, Überschwemmungen, Vulkanen, usw. Der Grund, warum wir einen lateinischen Ausdruck gewählt haben, ist, dass die meisten Leute ihn googeln müssen, um ihn zu verstehen. Es reizt mich, wenn etwas es lehrreich ist und man etwas Arbeit investieren muss, um es zu verstehen. Und manchmal steckt dann gar nicht das dahinter, was man ursprünglich dachte. Es passt gut zu unserer progressiven und komplexen Musik und fügt ein wenig Mystik hinzu.

Irgendwo habe ich gelesen, dass Psychotic Architect auch ein guter Name gewesen wäre.

Haha, ich glaube, ich habe auch Psychotic Architect Warning oder so etwas gesehen. Ich liebe es, aber ich denke, Terra Odium passt sehr gut zu uns und zu unserer Musik. Jeder Künstler wird von der Musik beeinflusst, die er hört, und vor allem von der Musik, die man in seiner Jugend mochte. Wir wollten Musik machen, die dem „alten“ Progressive Metal von etwa ’85 – ‘95 ähnelt, wie Fates Warning, Psychotic Waltz, Crimson Glory, Queensrÿche und sogar King Diamond.

Hatte die Pandemie einen wesentlichen Einfluss auf das Songwriting und/oder die Arbeit im Studio?

Überhaupt nicht, denn das Album wurde vor Beginn der Pandemie aufgenommen. Als die Pandemie ausbrach, haben wir, glaube ich, noch den Album-Deal verhandelt. Doch die Pandemie hat bewirkt, dass wir mehr Zeit hatten, unser Spiel zu entwickeln und uns darauf zu konzentrieren, weitere Songs zu schreiben. Ich denke, viele Bands haben von der Pandemie in dem Sinne profitiert, dass sie plötzlich viel Freizeit und so die Gelegenheit hatten, neue Musik zu erschaffen und Ideen zu entwickeln, beispielsweise Liquid Tension Experiment.

Ja, die „LTE3“-Scheibe ist sicherlich ein weiterer 2021er Prog-Favorit. Aber zurück zu TERRA ODIUM. Wie begann die Zusammenarbeit mit Steve di Giorgio? Ist er vor allem ein Fan, ein Idol oder ein Einfluss für Dich und die Band?

Ich kenne Steve seit 2001, als Spiral Architect beim ProgPower Festival in Atlanta auftraten. Dort waren Symphony X, Kamelot, Steel Prophet, Evergrey, Ark, Angel Dust, Nightingale, Balance of Power, Superior und wir am Start. Ich glaube, Steve hat uns geschrieben, als er sah, dass wir auf dem Billing stehen. Wir haben ihn dort getroffen und sind seitdem befreundet.

Asgeir und Steve spielten zusammen bei Testament und arbeiteten auch bei Scariot und Vintersorg zusammen. Als Terra Odium einen Bassisten brauchte, war Steve die erste Person, an die ich aufgrund seiner Virtuosität und seines Sounds dachte. Wir wollten, dass alle Mitglieder von Terra Odium für sich allein genommen herausragend sind, und da passte Steve perfekt. Wir waren damals natürlich Fans von Death, die für uns alle eine wichtige Band waren. Ich habe den Fretless-Bass-Sound schon immer geliebt und dachte, er würde Terra Odium mit seinem Sound und Spiel mehr von anderen Bands unterscheiden. Er kam nach Mandal, Norwegen, lernte die Lieder in kürzester Zeit und nahm das Album in wenigen Tagen auf. Die Songs sind lang und komplex, aber das schien Steve nicht zu stören. Meistens lernte er, schrieb seine Parts und nahm zwei Songs pro Nacht auf.

Wohin führt ‚The Road Not Taken‘ genau und bedauerst du im Nachhinein, sie nicht genommen zu haben?

‚The Road Not Taken‘ ist ein Gedicht von Robert Frost und enthält mehrere unterschiedliche Bedeutungen. Die Feier des robusten Individualismus und auch noch tiefere Bedeutungen. Ich bin der Meinung, dass, wenn man genau erklärt, was man mit dem Text aussagen möchte, kann es sich von dem unterscheiden, als was der Hörer ihn interpretiert hat, und das kann das Gesamterlebnis des Hörers beeinträchtigen. Es ist mir passiert. Ich überlasse es gerne dem Hörer, sich vorzustellen, wohin es mich/uns/die Figur geführt hat, ob es bedauerlich war, usw. Das bleibt einzig dem Verstand und der Vorstellungskraft des Hörers überlassen.

Die Orchestrierungen von “Ne Plus Ultra“ haben mir sehr gut gefallen, beispielsweise die Bläser in ‚Winter‘ und die Streicherpassagen in ‚The Road Not Taken‘. Wie wichtig war der Input, den Jon Phipps der Platte gab? Wie groß war sein Einfluss auf den Sound?

Vielen Dank! Jon Phipps ist in meinen Augen ein Genie. Ich liebe es, wie er zu unserer Musik beigetragen und sie außergewöhnlicher und atmosphärischer gemacht hat. Ich mag es, dass er die Songs atmen lässt. Unsere Musik sollte ursprünglich nur gitarrengetrieben sein, aber dann wollten wir dem Album mehr Atmosphäre und Mystik verleihen. Jon kam dazu und entwickelte Ideen, die unsere Musik wirklich weiterbrachten. Wir wollten, dass sich die Zuhörer wie in einem Film oder auf einer Reise fühlen. Ich denke, das hat er wirklich auf den Punkt gebracht und noch einiges mehr. Jon kam nach Norwegen und wir arbeiteten ein paar kreative Nächte durch und tauschten Ideen aus. Er ging zurück nach England, arbeitete an dem Album und schickte uns Ideen.

Brillante Ideen wie ich finde. Die Platte ist voller Dynamik, Vielfalt und Intensität. Aber der Höhepunkt dieses „Spannungs-/Entspannungs- und Zunahme-/Abnahme-Spiels“ ist für mich ‚The Thorn‘. Was möchtest du uns über Entstehung, Belang und Bedeutung dieses Tracks erzählen?

‚The Thorn‘ ist ein Gedicht von William Wordsworth. Bollie schickte mir das Intro und die erste Strophe, und ich fuhr sofort in sein Studio und wir nahmen noch am selben Abend die Hälfte des Songs auf. Textlich ist ‚The Thorn‘ nur ein Teil eines sehr langen Gedichts – und obwohl das Lied fast 12 Minuten lang ist, konnten wir nicht das ganze Gedicht verwenden. Daher dachten wir daran, dem Titel „Teil 1“ hinzuzufügen, aber wir haben es am Ende gelassen. Der Gesang ist in diesem Song von vielen verschiedenen Musikgenres inspiriert, und bei einem so langen Stück gibt es viel Raum, um ausgiebig zu experimentieren. Wir wollten, dass der Song eine Reise ist, durch die die Hörer reisen können und die während dieser Reise viele verschiedene Gefühle und Emotionen hervorruft. Als dieser Song fertig war, wurde uns klar, dass wir ihn abschwächen und das Album im nächsten Lied etwas Luft holen lassen mussten. So ist dann ‘It Was Not Death‘ entstanden.

Dann doch noch eine Frage zu Spiral Architect: Hat die Band eine Zukunft oder ist sie endgültig Geschichte? Dürfen wir noch auf eine neue Platte hoffen?

Das ist schwer zu beantworten. Spiral Architect sind nicht tot. Wir haben viel neues Material und wir alle wollen ein weiteres Spiral Architect-Album machen. Der Zeit- und Arbeitsaufwand für ein weiteres Album sind jedoch erschreckend hoch, aber ich hoffe, dass wir es eines Tages irgendwie schaffen, haha. Es wäre schade, wenn all diese musikalischen Ideen nie das Licht der Welt erblicken würden. Wir arbeiten gut zusammen und ein Mitglied von Spiral Architect zu sein macht viel Spaß, besonders wenn aus Ideen etwas Spannendes wird, das man nicht vorhersehen konnte.

Das gibt vielen Prog-Fans sicherlich ein wenig Hoffnung. Und was Terra Odium betrifft? Gibt es Tour-Pläne? Wird es ein zweites Album geben?

Terra Odium sollte ursprünglich „nur“ eine Studioband sein, aber inzwischen sind wir der Meinung, dass es spannend wäre zu sehen, was wir live mit dieser Musik anstellen können. Ich denke, wir haben eine Menge zu bieten, zumal Manitou, die alte Band von Bollie und mir, live viel besser war als das, was wir auf unserem Album „En-trance“ präsentieren konnten.

Und ja, es wird mehr Terra Odium-Platten geben. Wir haben bereits Songs für mehr als ein Album, also stellt euch auf weitere Veröffentlichungen von uns ein!

Photo Credit: Robert Rønning