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SOUL DEMISE – “Against the Abyss”, ein Straßenkampf mit Chuck Norris

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Die Bandgeschichte von SOUL DEMISE reicht bis ins Jahr 1993 zurück. Damals machten die Bayern ihre ersten Schritte mit zwei Demo Veröffentlichungen “Incantations” (1994) und “Inner Fears” (1996). 1998 erfolgte die Umbenennung in SOUL DEMISE und die EP “Farewell to the Flesh” erschien – alle drei Releases kamen als Eigenpressung der Band auf den Markt. 2000 wurde “Beyond Human Perception” als Debüt bei Gutter Records rausgehauen und es folgten weitere fünf Scheiben, die letzte war “Thin Red Line”, die bei Apostasy Records 2017 erschien. Nach mittlerweile acht Jahren ohne saftigen Melo Death von SOUL DEMISE ist das Quintett zurück und hat “Against the Abyss” im Feuerwerk-Koffer dabei. Ich durfte Gitarrist Alex, Bassist Dennis und Sänger Roman ein paar Fragen zu u.a. “Against the Abyss” schicken und freue mich, dass OBLIVEON euch unser Interview präsentiert – viel Spaß beim Lesen.

Hallo nach Neumarkt in der Oberpfalz zu Roman, Alex und Dennis von SOUL DEMISE und herzlichen Glückwunsch zum anstehenden Release von “Against the Abyss”, das ab dem 21. März 2025 über Apostasy Records erhältlich ist – verbunden mit der Frage: Wie geht es euch denn acht Jahre nach eurer letzten Platte und warum “mussten” wir so lange auf frischen Melo Death von SOUL DEMISE warten?

Dennis: Nach dem Release von “Thin Red Line” in 2017 und den zugehörigen Shows wollten wir eigentlich 2020 mit dem Songwriting starten. Und dann kam Corona dazwischen….Eigentlich hätte man ja viel Zeit gehabt, ich persönlich musste während Corona jedoch erstmal reflektieren, welchen Stellenwert Musik für mich hat und wie das künftig alles überhaupt sein soll. Zudem hatte in dieser Zeit die berufliche Weiterentwicklung viel Zeit in Anspruch genommen. Als dann ca. 2023 das Thema endlich weitgehend vorbei war und wir wieder ein paar echt coole Shows und Festivals gespielt haben, waren der musikalische Drive und Hunger mit voller Kraft zurück. Die meisten Songs auf “Against The Abyss” entstanden daher tatsächlich innerhalb nur weniger Wochen Anfang 2024. Nach einigen Jahren Kreativpause sprudelten die Ideen nur so aus uns raus. Wir haben beim Schreiben bewusst nicht so viel nachgedacht, sondern viel aus dem Bauch heraus gemacht, dadurch klingt die Platte sehr frisch und ehrlich.

Ihr habt für euer siebtes Album mit Kristian Kohlmannslehners in dessen Kohlekeller Studio gemischt und gemastert, wie war die Zusammenarbeit mit ihm und welchen Einfluss hatte er auf euren Sound?

Dennis: Gemixt und gemastert hat die Platte Kai Stahlenberg vom Kohlekeller Studio. Kai ist ein absoluter Sound-Nerd im aller positivsten Sinne. Er arbeitet mit sehr viel Liebe zum Detail und ich denke, das Ergebnis kann sich durchaus sehen lassen. Wir wollten bewusst keine klinische 110% Dauerfeuer-Produktion, sondern etwas mehr Dynamik und auch Natürlichkeit. Bei Mixing ist das teilweise fast noch schwerer umzusetzen als der undynamische Vollabriss. Kai hat das aber wirklich sehr gut hinbekommen. Wir können ihn nur wärmstens weiterempfehlen.

Vom wem stammt das Coverartwork und hat es einen tieferen Bezug auf die Songs von “ATA”?

Roman: Das Cover-Artwork des Albums “Against the Abyss” wurde von Diego von All4Band Design gestaltet. Es zeigt einen halb menschlichen Kopf, dessen eine Seite noch menschliche Züge trägt, während die andere Seite bereits verrottet ist, was den Untergang symbolisiert. Die Spinnweben auf dem Cover stehen für die Komplexität des Lebens. Diese visuelle Darstellung passt gut zu den lyrischen Themen des Albums, die sich mit dem menschlichen Zustand, inneren Konflikten und der Suche nach Bedeutung befassen.

Apropos Sound. Wie klingen SOUL DEMISE im Jahr 2025? Habt ihr euch verändert im Vergleich zu “Thin Red Line”?

Dennis: Die Songs sind klarer strukturiert und kommen besser auf den Punkt. Zudem haben wir – für uns untypisch – auch mal den Fuß vom Gas genommen und mit ‘Last Breath’ sowie ‘Scattered By The Storm’ zwei Midtempo-Nummern am Start. Im nächsten Moment reißt ‘Unseen Void’ dir dann komplett den Schädel ab. *lächelt*

Auch haben wir im Gegensatz zum Vorgänger wieder mehr Details und Produktionselemente in den Songs versteckt, beispielsweise Synthesizer, Ambience, Effekt-Leads usw.! Durch dieses Spiel mit den Kontrasten sowohl zwischen als auch innerhalb der einzelnen Songs wirkt die ganze Platte lebendiger.

Was dürfen eure Fans hinsichtlich des Härtegrades erwarten, wenn sie die Platte auflegen?

Dennis: Ich würde es mal so formulieren: Unsere alten Alben sind eher wie ein Presslufthammer, du bekommst die ganze Zeit 110% mitten ins Gesicht. “Against The Abyss” ist da eher wie ein Straßenkampf mit Chuck Norris. Du fängst dir links/rechts/oben/unten eine, bevor du überhaupt checkst, was hier gerade passiert. Die Platte attackiert deine Nackenmuskeln von mehreren Seiten, das macht die Sache trotz im Schnitt etwas reduzierter Geschwindigkeit nochmal brachialer, weil intensiver.

Die Themen auf “Against the Abyss” sind aus dem Leben gegriffen und wurden durch eigene Erfahrungen inspiriert?

Roman: Teils, teils. Manche Texte handeln tatsächlich von persönlichen Erlebnissen, während andere von Ereignissen inspiriert sind, die entweder hypothetisch passieren könnten oder im Bekanntenkreis tatsächlich vorgefallen sind. In ‘Broken Skin’ zum Beispiel verarbeite ich persönliche Probleme, die durch meine Hautkrankheit entstanden sind. Zum Glück habe ich diese bisher mit Medikamenten gut in den Griff bekommen. ‘Lost in Reality’ beschreibt zum Beispiel die Erfahrung eines Lebens nach dem Tod. Die Hauptfigur findet sich in einer Welt wieder, die ihr vertraut erscheint, aber dennoch fremd und leer wirkt. Als sie erkennt, dass sie bereits gestorben ist und ihre Existenz keine Bedeutung mehr hat, entscheidet sie sich, diese Welt loszulassen und weiterzuziehen.

‘Destiny’s Edge’ verstehe ich beispielsweise als Warnung an die Menschheit, die rote Linie nicht zu übertreten und nicht so weiterzumachen wie bisher, welche Gedanken hattet ihr beim Schreiben des Liedes?

Roman: Die Idee hinter dem Text von ‘Destiny’s Edge’ war es, alle Titel unserer vorherigen Alben in einem einzigen Songtext zu vereinen. Ich fand, dass diese Titel die momentane Situation der Menschheit gut widerspiegeln. Die Warnung an die Menschheit, die rote Linie nicht zu überschreiten und nicht so weiterzumachen wie bisher, hast du richtig verstanden – wenn sie nicht sogar bereits überschritten wurde. Der Text beschreibt eine düstere und gewalttätige Welt, die jenseits der normalen menschlichen Vorstellungskraft liegt. Die Menschen in dieser Welt sind von Hass und einer grausamen Industrie getrieben und befinden sich auf einem gefährlichen Pfad, der unweigerlich zu ihrem Untergang führt. Ihre Seelen sind in Sünde verstrickt; sie tanzen im Wahnsinn und in der Grausamkeit. Die Welt brennt im Feuer des Hasses, während sie unaufhaltsam auf die schmale rote Linie zusteuert, an der ihr Schicksal auf sie wartet.

‘Uncharted’ ist eine verdammt starke Walze, die wuchtig und in knackigen Wellen aus den Boxen ballert und davor warnt in Monotie und Routine zu verfallen. ‘Unbreakable’ kristallisiert sich auch als motivierende Nummer raus, mich beeindruckt die Zeile “And even when the Night is darkest, our Hearts stay strong and true”, besonders. Gerade in diesen Zeiten geben die Songs ziemlich viel. Was machen die Lieder mit den Bandmitgliedern, die nicht fürs Songschreiben “zuständig” sind?

Dennis: Es ist gut, dass Roman bei uns die Texte schreibt, sonst würden wir immer nur über Bier singen *lach* Quatsch beiseite, Roman bezieht sich viel auf die Erfahrungen in seinem Leben, verarbeitet aber auch die der anderen Bandmitglieder. Und dass hier nicht immer alles eitel Sonnenschein sein kann, ist klar, aber auch das muss man verarbeiten. Deswegen ist es uns wichtig, keine Nonsenstexte zu schreiben, sondern dass Musik und Texte Hand in Hand gehen und wir uns damit identifizieren können.

‘Veil of Solitude’ ist mit fast sieben Minuten der längste Song auf dem Album. Werdet ihr ihn live spielen?

Dennis: Wir bereiten den Song auf jeden Fall für Konzerte vor. In einem kürzeren Festival-Set nimmt er vermutlich etwas viel Raum ein, aber im Club mit etwas mehr Spielzeit kann das schon passieren *zwinkert*

Die Orchestration stammt von Konstantin Raab. Wie war die Zusammenarbeit mit ihm?

Dennis: Konsti ist ein alter Bekannter von mir aus der Bamberger Musikszene. Ein rundum gechillter Dude und ein totaler Nerd in Sachen Keys, Synths, Orchester etc. Das Orchesterarrangement bei ‘Veil Of Solitude’ ist im Detail unglaublich vielschichtig und ausgefeilt. Wir haben ihm ganz grob unsere Vorstellungen skizziert, und bereits sein erster Entwurf hat uns völlig an die Wand geblasen. Checkt auch seine Seite http://www.blacksmith-music.com/

Einige Songs beziehen sich auch auf die Vergänglichkeit des Lebens, den Zerfall und den Tod, andere rufen dazu auf sich aus miesen Situationen herauszukämpfen und immer weiterzumachen, egal welche Steine im Weg liegen. Sind diese beiden Themen der rote Faden durch “Against the Abyss” – auf der eine Seite den Mut zu finden, trotz Widrigkeiten im Leben weiterzumachen, aber auf der anderen zu realisieren, dass jedes Leben endlich ist?

Roman: Ja, diese beiden Themen ziehen sich durch das gesamte Album. Einerseits geht es darum, trotz aller Widrigkeiten weiterzumachen, andererseits wird die Vergänglichkeit des Lebens und die Konfrontation mit dem Tod thematisiert. Viele Texte befassen sich mit inneren Kämpfen, Schmerz und Verlust, aber auch mit der Hoffnung, aus der Dunkelheit herauszukommen und weiterzugehen, trotz der Herausforderungen, die das Leben mit sich bringt.

Welches sind denn für euch persönlich die wichtigsten Botschaften auf “Against the Abyss”?

Roman: Für mich persönlich sind die wichtigsten Botschaften auf “Against the Abyss” der Kampf gegen die Dunkelheit und die Akzeptanz der eigenen Vergänglichkeit. Es geht darum, sich den Herausforderungen des Lebens zu stellen, auch wenn der Weg hart und voller Widrigkeiten ist. Gleichzeitig die Menschen dazu ermutigen, ihre eigenen Ängste und Zweifel zu überwinden und den Mut zu finden, weiterzumachen – selbst in den schwierigsten Zeiten.

Das Album kommt bei Apostasy Records raus. Welche Formate wird es denn geben?

Roman: Zunächst möchten wir uns bei Tomasz und Kerstin von Apostasy Records bedanken, die uns die Möglichkeit geben, unser neuestes Werk über ihr Label zu veröffentlichen. “Against The Abyss” wird als CD im Jewelcase erhältlich sein, aber auch in limitierten Versionen auf MC und Vinyl. Das Vinyl wird in drei verschiedenen Varianten erscheinen: Schwarz, Olive und Marbled Curacao/Black.

Wie hört ihr am liebsten Musik und wer sind eure Favoriten?

Roman: Am meisten höre ich Musik beim Autofahren. Ich bin nicht auf eine einzige Musikrichtung festgelegt, aber am meisten zieht es mich doch in die Stoner- und Death Metal-Richtung. Bands wie GRAVEYARD, GREENLEAF, AT THE GATES und CATTLE DECAPITATION laufen da schon öfter durch meine Playlist.

Dennis: Tatsächlich die meiste Zeit im Auto oder bei der Arbeit, wenn möglich, dann aber gerne ganze Alben am Stück. Meine neueste Entdeckung sind DISFUNERAL aus Frankreich, richtig schöner Death Metal ohne viel Chichi. Die aktuelle DREAM THEATER, “Parasomnia”, finde ich wieder richtig gut – davor war es für meinen Geschmack etwas zu schematisch. Absolute Dauerbrenner bei mir in der Playlist sind aber DECAPITATED, da gibt es kaum einen schwächeren Song.

Alex: Leider bleibt auch bei mir häufig nur das Auto, um mal einigermaßen in Ruhe Musik zu hören. Zu Hause komme ich selten dazu, mich auf ein Album zu konzentrieren. Bei mir läuft hauptsächlich Death Metal, von derbem Oldschool bis modernem technischen Kram ist da alles dabei. Aber auch mit sanfteren Klängen wie KATATONIA oder ANATHEMA kann ich sehr viel anfangen.

Wie sehen eure Live-Pläne für 2025 aus? Tour? Festivals?

Alex: Wir spielen ein paar Festivals wie das Breakout Open Air in Schleiz oder das Chaos Unity in Lohr, beide mit UNLEASHED und natürlich diverse Clubshows im Herbst/Winter. Tatsächlich hat sich während der paar Tage, in denen wir dieses Interview bearbeitet haben, noch etwas Großartiges ergeben: Wir werden unsere Labelkollegen THIS ENDING und die Schweden RETRIBUTION auf ihrer “Annihilation Tour” begleiten, die Dates sind:

April 11 | Cottbus, Gladhouse, DE
April 12 | Bitterfeld, Festung, DE
April 13 | Mühlhausen/Thüringen, Alte Fleischerei
April 15 | Frankfurt, Elfer Club, DE
April 17 | Diest, Club Hell, BE
April 18 | Emmen, Poppodium, NL
April 19 | Greifswald, Juz Klex, DE

Ich hoffe, dass ich euch demnächst auch mal live hören darf, es wäre meine Premiere. Ich bedanke mich für das Interview und eure Zeit – die letzten Worte an unsere Leser, eure Fans gehören euch!

Alex: Vielen Dank für das Interview! Holt Euch “Against the Abyss”, deckt Euch auf Bandcamp mit unserem nagelneuen Merch ein und schaut bei einem unserer Konzerte der anstehenden Tour vorbei. Wir freuen uns auf Euch!

Interview: Tobias Stahl
Photocredit: Noah Zimmerhackel