Der bekannte und sehr beliebte dänische Hardrock-Sänger/Songwriter Ronnie Atkins (Pretty Maids) veröffentlicht am kommenden Freitag – 13. Oktober 2023 – sein drittes Studioalbum “Trinity” über Frontiers Music. Wir durften Ronnie kurz vor dem Release mittels Videochat interviewen und haben ihn zu seinen Inspirationen befragt, aber vor allem auch, wie es dem unheilbar an Krebs erkrankten Sänger geht. Wir trafen auf einen fröhlichen Ronnie Atkins, mit dem die Zeit während des Interviews wie im Flug verging.
Hi Ronnie! Wie geht es dir heute?
Es geht mir gut. Ich habe kein Covid (wie bei unserem Interview im letzten Jahr). Gesundheitlich bin ich stabil. Ich habe derzeit Asthma, Bronchitis und chronische Nebenhöhlenentzündungen, die von der Immuntherapie kommen die ich wegen meiner Krebserkrankung mache und habe auch viele Nervenschäden durch die Operation und die Strahlentherapie. Aber ich bin hier. Ich lebe und sitze hier und rede mit dir. Also werde ich mich nicht beschweren. Ich muss damit klarkommen, so wie es ist. Ich meine, alles hat seinen Preis. Aber mir geht’s gut
Hast du für diesen Freitag schon etwas geplant, denn da wird “Trinity” veröffentlicht, dein drittes Soloalbum. Vielleicht gibt es ja eine Releaseparty?
Nein, da ist nichts geplant. Es ist ein Wochenende wie viele andere auch. Vielleicht feiere ich mit einer Flasche Wein, aber nein, es gibt keine Pläne für eine Party. Natürlich bin ich aufgeregt, wie die Fans auf “Trinity” reagieren und wie sie das Album aufnehmen.
Wirst du die Reaktionen auf Social Media verfolgen?
Ja, da bekommt man heutzutage die Reaktionen sofort mit. Früher konnte man das nicht einfach so erfahren, man musste warten, bis man auf Tour war und die Songs bei Konzerten gespielt wurden, dann sah man die unmittelbare Reaktion der Fans darauf. Natürlich hat man vorher noch die Kritiken in den Magazinen, aber weißt du, heute bekommt man die Reaktion durch die sozialen Medien sofort, das ist schon cool. Bisher waren die Reaktionen aber sehr gut, also beschwere ich mich auch nicht – denke aber trotzdem, dass “Trinity” gut ankommen wird.
Ich habe es mir viele Male angehört und denke auch, dass es gut ankommen wird. Du sagtest schon im Vorfeld, dass “Trinity” wohl dein härtestes Album ist, was ich im Vergleich zu “Make It Count” und “One Shot” auch finde. Lass uns aber zunächst über den Titelsong ´Trinity´sprechen. Trinity hat für mich mit Religion und Glaube zu tun. Was war deine Idee hinter dem Lied?
Es ist ein bisschen von beidem. Wir haben nach einem Titel für das Album gesucht und wenn ich Filme oder Dokumentationen sehe – wovon ich mir jede Menge anschaue – schreibe ich all diese verschiedenen Wörter in meine Notizen, auf meinem iPhone. Also habe ich mir Trinity aufgeschrieben und dachte dabei daran, dass es das dritte Album ist und daraus ergibt sich ein kleines Wortspiel. Und Trinity hat mit dem zu tun, was danach kommt. Wenn du eine Diagnose hast, wie ich sie habe. Natürlich können wir alle von einem Truck überrollt werden oder mit einem Flugzeug abstürzen, aber wenn du die Diagnose – unheilbar – bekommst, fängst du an, darüber nachzudenken, was danach kommt, weißt du. Also handelt dieser Song und auch ´What If´ davon, was nach dem Tod kommt. Aber es ist nicht so, dass ich super religiös bin. Ich glaube an Gott, das habe ich immer getan und ich wurde christlich erzogen. Dazu kommt, dass es manchmal auch schwierig ist, einen Song zu erklären, denn wenn du ihn schreibst, bist du in einer bestimmten Stimmung. Außerdem möchte ich, dass meine Hörer die Texte auch ein bisschen aus ihrer eigenen Wahrnehmung heraus beurteilen.
Was oder wer inspiriert dich generell beim Schreiben deiner Songs?
Auf allen drei Alben gibt es persönliche Songs und Songs darüber, was um uns herum geschieht. Ich lasse mich also von diesen Dingen inspirieren und das schon immer. Leider ist Sache ist die, wenn man heute die Nachrichten sieht oder liest, dass es da nicht wirklich viel Positives gibt. Ich schreibe also über das, was in der Welt vor sich geht. Dungeons and Dragons und Science Fiction waren nie wirklich mein Ding. Ich bin auch manchmal politisch, aber sage nicht, dass man sich nach rechts oder links orientieren soll. Ich schreibe einfach über Dinge, die gewöhnliche Menschen, wie wir es sind, mögen und mit denen sie sich identifizieren können. Die meisten Menschen können sich mit ´The Rising Tide´ identifizieren, da das Thema des Liedes immer realer und die Situation auf der Erde immer enger wird. Es ist beängstigend, wie es ist, aber so ist es nun mal. In ´Raining Fire´ geht es um den Ukraine-Krieg aus der Sicht eines kleinen Jungen und ´Ode To A Madman´ geht es um Despoten wie Putin einer ist.
Die Nachrichten sind furchtbar in dieser verrückten Welt.
Ich weiß nicht, was los ist, es gehen zu viele Dinge vor und zu viele böse Menschen haben das Kommando. Auch was jetzt in Israel passiert, ist verdammt grausam.
Ich schreibe aber auch über persönliche Themen und finde, man sollte immer versuchen zumindest etwas Positives reinzuquetschen. Aber es ist schwierig, positive Dinge zu finden.
Was meine Inspiration beim Schreiben angeht, ist es so, dass ich ursprünglich keine Pläne hatte, dieses Jahr ein Album zu veröffentlichen, aber ich habe eine Menge Songs letzten Herbst geschrieben und der Rest entstand nach Weihnachten und Silvester, also im Januar oder Februar 2023. Meine Inspiration in lyrischer Hinsicht war das, was in der Welt vor sich geht. Eine andere Sache ist die musikalische Seite. Ziemlich viele der Songs wurden dieses Mal auf der Gitarre geschrieben, die mich anders inspiriert als beispielsweise ein Piano.
Aber meistens kommen mir die Ideen erst im Hier und Jetzt, dann setze ich mich hin und arbeite an dem Text. Ich habe für “Trinity” wieder mit dem Produzenten Chris Laney gearbeitet, habe ihm die Sachen gezeigt und ihn nach seinen “five Cents“gefragt. Meistens sind wir uns einig, weil wir musikalisch auf der gleichen Wellenlänge sind, daher ist dieser Prozess recht unkompliziert.
Hast du auch mit denselben Musikern gearbeitet?
Ja, mit den üblichen Verdächtigen mehr oder weniger. Wir haben diesmal einen neuen Gitarristen namens Marcus Sunesson (Cyhra) dabei. Wir haben Pontus Norgren dabei und auch Linnéa Vikström, die neue Sängerin von Thundermother ist an Bord, sie macht die ganzen Backing-Vocals zusammen mit mir. Dann haben wir Chris Laney an Keyboards und Gitarre, Allan am Schlagzeug, Pontus Egberg am Bass und Anders Ringman, ein weiterer Schwede, der auch ein bisschen akustische Gitarre spielt.
Ich habe deine beiden Videos zu ´Trinity´ und ´If you Can Dream It (You Can Do It)’ gesehen, bei denen mir auffiel, dass ihr ein ähnliches Setup hattet. Wie wurden die beiden Clips denn gedreht?
Im selben Studio in Stockholm haben wir an zwei Tagen die beiden Videos gemacht. Die Videos liefen auch komplett nach “Plan B”, da es leider Kommunikationsprobleme mit unserem ersten Arrangement gab. Wir hatten also auch nicht wirklich ein Skript dafür und so sind es im Grunde nur Performance-Videos mit zwei verschiedenen Hintergründen.
Wird es ein weiteres Video geben?
Nein. Wenn dann wird es vielleicht irgendwann mal ein Lyric-Video geben – aber nicht diesen Freitag zur Albumveröffentlichung.
Beim Video zu ´If you Can Dream It (You Can Do It)’ wart ihr alle enorm fröhlich und diese Happiness schwappt auch auf den Hörer über. Da gibt es doch sicherlich eine lustige Anekdote, oder?
Ja, die gibt es. Wir haben samstags das Video zu ´Trinity´, der ersten Single, gedreht, mit Kerzen und schwarzem Hintergrund. Und dann am Sonntag den Dreh zu ´If You Can Dream It (You Can Do It)’, nur mit weißem Hintergrund gemacht. Wir wollten dem Video etwas Farbe verleihen und ihm ein bisschen 80er-Jahre-Flair geben und haben rumgealbert – wir hatten auch schon ein paar Bier getrunken, bevor wir zu drehen begannen. Der Song ist ein “Happy Rocksong” und er hat positive Lyrics. Wenn man über all die negativen Dinge spricht, die in der Welt passieren, dachte ich, es wäre an der Zeit, etwas Positiveres zu machen.
Achtest du bewusst auf eine Bilanz zwischen Positiv und Negativ beim Schreiben neuer Lieder?
Es hängt sehr davon ab, in welcher Stimmung man sich gerade befindet. Ich weiß vorher nicht, ob der Song ein besonders fröhlicher Song wird. Die Musik entscheidet in welche Richtung der Text geht. Du weißt schon, ob es ein Liebeslied wird oder was auch immer. Wie ich schon gesagt habe, hängt es ein bisschen davon ab, welches Instrument du spielst. ´Shine´ wurde hauptsächlich auf einer Gitarre geschrieben und ist einer der schnelleren Songs, denke ich.
Du hast einen kurzen instrumentalen Track mit ´Via Dolorosa´ auf “Trinity”. “Weg des Leidens” heißt das übersetzt. Ist es ein Intro zu ´Godless´?
Ich hatte einfach diese schöne Melodie, die ich auf einer Gitarre geschrieben habe, und ich hatte ein Keyboard in meinem Keller, so um das Jahr 2000 herum. Ich hatte immer wieder diese Idee in meinem Kopf, habe sie nur nie benutzt, worüber ich schon ein bisschen traurig war. Jetzt passte der Titel ´Via Dolorosa´ und so setzte ich ihn vor ´Godless´, denn die Via Dolorosa ist die Straße in Jerusalem, die nach dem Leidensweg Jesu Christi benannt wurde.
Wirst du denn mit “Trinity” auch live zu sehen sein? Du bist ja bald in Hamburg, oder?
Eigentlich wollte ich diesen Herbst noch eine Tour machen, aber ich mache nur fünf bis sechs Gigs um zu sehen, wo ich stehe und was ich mit meinen Jungs leisten kann. Ich glaube, es würde alles gut laufen, aber drei Wochen lang in einem Neunsitzer herumzufahren ist heutzutage unglaublich teuer, allein die Hälfte der Crew-Leute hat das Geschäft verlassen und Nightliner kosten fast dreimal so viel wie noch vor fünf Jahren. Wir mussten einfach kürzer treten, also sind wir hier im hohen Norden geblieben und haben Hamburg mitgenommen. Aber nächstes Jahr im Frühling wollen wir auf Tour gehen.
Kommst du dann auch weiter runter in den Südwesten Deutschlands?
Hoffentlich! Ich habe so viele Freunde in Deutschland, eine tolle Fangemeinde und das seit 40 Jahren, also hat das eine sehr hohe Priorität für mich und vielleicht spiele ich auch ein paar Festivals und so, mal sehen. Ich arbeite daran.
Ich hoffe sehr, dass du zu uns auf Tour kommst, Bensheim ist sehr schön, da habe ich kürzlich Erik gesehen, deinen “Partner in Crime” bei Nordic Union. Ihn kannst du fragen, wie schön es hier ist.
Okay, das werde ich tun.
Gibt es eigentlich Pläne für ein weiteres Nordic Union Album?
Wir haben letztes Jahr “Animalistic” herausgebracht. Seither haben wir nicht mehr gesprochen und es gibt auch keine Pläne momentan. Schauen wir mal. Wir arbeiten gut zusammen, er ist ein toller Typ und ein großartiger Songwriter, deswegen: Sag niemals nie!
Gibt es News über dich und die Pretty Maids?
Ken und ich haben uns auf dem Festival getroffen, vor nicht allzu langer Zeit im August und wir haben einfach darüber gesprochen, dass es Spaß machen könnte, vielleicht wieder ein paar Shows zu spielen,einfach nur, um einen Abschluss zu haben. Ich kann noch nichts bestätigen. Aber wir haben gerade darüber gesprochen, mal sehen.
Erneut mache ich Werbung für den Südwesten Deutschlands und bringe dir eine gute Flasche Pfälzer Rotwein mit – versprochen!
Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich nach Deutschland kommen und ein paar Gigs spielen werde und ich bin mir 100%ig sicher, dass Süddeutschland absolut dabei sein wird.
Das ist ein schöner Schlusssatz. Ronnie, ich danke dir vielmals! Keep your Head up high and stay positive. Ich hoffe, wir sehen uns wieder.
Absolutely man. Take care!
Interview: Tobi Stahl
Photocredits: Tallee Savage