WYTCH HAZEL – III: PENTECOST

WYTCH HAZEL

Titel: III: PENTECOST

Label: BAD OMEN RECORDS / SOULFOOD

Spieldauer: 42:56 Minuten

Metalfans der Welt, oh sperret die Ohren auf! Damit, dass WYTCH HAZEL auf ihrem dritten Album nicht weniger als eines der besten Metalalben der (mindestens…) letzten zehn Jahre veröffentlichen würden, war nach den beiden gutklassigen Vorgängern wahrlich nicht zu rechnen. Bandkopf Colin Hendra hat mit seinen Mitstreitern innerhalb kürzester Zeit einen echten Quantensprung vollführt: der Mix aus britischem 70ies-Hardrock, englischem Folk und Maiden-Vibes klingt auf „III: Pentecost“ derart süffig, dass man sich gar nicht satt saufen mag. Offenbar hat er reichlich indigenes Manna (= Ale?) genascht, und wer mag bei solcher Inspiration nicht mitsündigen?

Die Songwritingkunst auf diesem Monument ist schlicht zu keiner Sekunde anfechtbar: jede Note ist recht am Platze, jeder Song ist von der ersten bis zur letzten Sekunde beseelt durchdacht. Ab dem Moment, da die Maiden-Harmonien des Openers „He Is The Fight“ (krachende Page-Akkorde in der Strophe) erklingen und das neu gewonnene Selbstbewusstsein der Musiker sich in entschlackten Instrumentierungen unter stets zwingenden Gesangsmelodien enfaltet, kann kein Liebhaber melodiöser harter Musik ernsthaft unberührt bleiben. Jedes Lick und Break hat seinen Platz, jede Strophe und Bridge glänzt in grellem Licht. Hendra arbeitet dabei mit beängstigender Präzision, die eben nie ZU durchdacht wirkt, auf großartige, beinahe jeden einzelnen Song krönende Hooks hin, welche sich eben auch, wie erwähnt, logisch aus den Bedürfnissen des jeweiligen Songs entwickeln.

Dazu kommen wunderbare Gimmicks, die beinahe jeden einzelnen Song bereichern. Die knarzige Uriah Heep-Hammond im mit einem unfassbaren Harmony-Riff und einem grandiosen Refrain ausgestatten „I Am Redeemed“ etwa, oder das famose Mark Knopfler-Lick im unantastbaren Superhit „Dry Bones“. „Reap The Harvest“ wartet mit einem überraschenden, schließlich die Führung übernehmenden Piano-Lead auf, während das mit einem fließend-folkigen Megahook punktende „Archangel“ im Intro auf einem „Killers“-Basssound fußt. Selbst sperrigeres Material wie der letztlich mit einem coolen Militär-Rhythmusshuffle überraschende Folk-Song „The Crown“ oder das schlicht herrlich verträumte Instrumental „Sonata“ punkten ohne Abzüge. „I Will Not“ (Hällas-Discobeat) zeigt überdies ohne jeden Abrieb die ganze ungekünstelte Versatilität der Band, bevor der Rausschmeißer „Ancient Of Days“ schließlich in einem einzigen Melodienrausch explodiert. Der Videotrack „Spirit And Fire“ sollte sich darüber hinaus im Verlaufe von in Zukunft hoffentlich wieder stattfindenden Gigs als veritable Hymne entpuppen.

Dazu ist auch noch das Beiwerk von edelstem Geschmeide. Die Lyrics liegen mir zwar nicht vor, wie sich Hendra jedoch aus heidnisch-christlicher Perspektive zusammen mit  dem die Band kennzeichnenden optischen Konzept der im Metalkontext bereits aus vielerlei Winkeln beleuchteten, im angelsächsischen Kontext durch (mindestens…) Milton und Blake bis hin zu Golding eh besonders konnotierten Figur des Luzifer nähert, ob nun als „demon“, „satan“, „father of (f)lies“, „angel of light“, „the great deceiver“ oder was auch immer, ist schlicht hoch interessant. Die warme, raumgreifende Produktion is the icing on the cake.

Das Einzige, was den Briten trotz des optisch wirksamen Konzepts jetzt noch fehlt, ist jenes Charisma, welches nötig wäre, um ernsthaft den nächsten Karriereschritt in Angriff zu nehmen. Bei den auf den ersten Blick biederen WYTCH HAZEL ist eben kein alles überstrahlendes Ego à la Di`Anno oder Dickinson auszumachen, und natürlich mangelt es auch an der Smallwood-Maschinerie. Wer jedoch in den letzten Jahren Pagan Altar oder Dark Forest abgefeiert hat, wird hier schon jetzt die Apotheose seines Musikgeschmacks finden. „III: Pentecost“ ist ein in jeder Hinsicht formvollendetes Album, welches auch in vielen, vielen Jahren noch bewegen wird und tatsächlich mit einigen der großen britischen Meisterwerke der 80er in einer Reihe steht! Um welche es sich dabei handelt, dürft Ihr Euch selbst aussuchen. Ich befürchte bloß: nicht genügend Menschen werden davon Notiz nehmen. Metalfans der Welt, oh sperret die Ohren auf!

Patrick Müller vergibt 10 von 10 Punkten