
WUCAN
Titel: AXIOMS
Label: Longbranch Records/SPV
Spieldauer: 43:39 Minuten
VÖ: 29. August 2025
Ein Axiom ist ein allgemein anerkannter Grundsatz oder eine Wahrheit, die keinen Beweis benötigt. In der Physik wäre das sowas wie: !Jeder Körper verharrt im Zustand der Ruhe oder gleichförmigen geradlinigen Bewegung, sofern er nicht durch eine Kraft gezwungen wird, seinen Bewegungszustand zu ändern.“ Oder die Feststellung, WUCAN ist die beste deutsche Band der Welt.
Das Dresdener Quartett im Sängerin Francis Tobolsky (ja ich weiß, sie spielt auch Flöte und stellt mit dem Theremin ziemlich magische Dinge an) und Gitarrist Tim George macht auf ihrem vierten Album genau das, was auf den drei Vorgängern „Sow The Wind“ (2015), „Reap The Storm“ (2017) und „Heretic Tongues“ (2022) schon für Furore sorgte. Und eben doch nicht. Wenn eine Band wie AC/DC ziemlich auf der Stelle im Kreis läuft, wird die Kreisbahn, die WUCAN laufen mit jedem Album etwas weiter.
Natürlich haben sie ihre Wurzeln, irgendwo zwischen Kraut, Hard und Heavy Rock und Metal. Irgendwann zwischen den Siebzigern und den frühen Achtzigern. Aber mit jedem Album erweitern sie ihre Palette. Statt auf Eingängigkeit zu setzen, habe ich das Gefühl, dass WUCAN lieber noch eine Ecke schräger zu Werke gehen. Allein, wenn ich den ersten Song der neuen Scheibe höre. ´Spectres Of Fear´ kommt gleichermaßen schwergewichtig wie jazzig aus den Boxen. Das Ding groovt wie die Hölle und schwelgt in Dissonanzen. Das macht Spaß, das bringt Freude. Damit sind sie gleichzeitig Außenseiter und Spitzenreiter. Denn das ist wirklich große Kunst.
Aber sie haben noch mehr Eisen im Feuer. Das treibende ´Iron In The Fire´ etwa. Treibender Siebziger Jahre Rock mit grandiosen Soloparts. Ein Hauch West Coast untermalt mit einem verdammt geilen Basslauf. Das elektronische Blubbern, das ´Wicked, Sick And Twisted´ einleitet täuscht gewaltig. Hier frönen WUCAN dem Funk Rock wie ihn auch Mother’s Finest kaum besser gespielt haben. Das Ganze mit ein paar Bläsern gewürzt, hätten auch Fans von Earth, Wind & Fire ihre Freude. Elektronisches Blubbern unterlegt auch das hypnotisch fesselnde ´KTNSAX´. Aber verstehe ich richtig? War to the huts? Frieden den Palästen? Psychedelia dürfen verwirren, das bin ich gerade. Verwirrt… Vielleicht hilft es ´Holz Auf Holz´ mit dem Kopf die Tischkante auf ihre Härte zu testen? Traditionell haben die Sachsen auch wieder einen deutschen Text. Dennoch sind sie dem Ost Rock nicht so nahe, wie das Label anpreist. Dem kamen sie auf dem Vorgänger mit dem grandiosen Renft Cover weit näher. Eher spielen sie hier endlich mal wieder ihre Liebe zu Jethro Tull aus.
Mit ´Pipe Dreams´ verbinden WUCAN die Schwere von Black Sabbath mit dem Drive der NWoBHM. Aber, warum taucht in einem Song, der eine Pfeife erwähnt, keine Flöte auf? Die hört man dann dafür besonders intensiv in ´Axioms`. Der Titelsong des Albums verknüpft auf recht gefühlvolle Weise Prog Rock mit Folk Momenten. Mit ´Fountains Of Youth´ folgt danach der überraschend kurze Longtrack. Hier haben WUCAN wieder alles zusammengetragen, was ihnen an Ideen vor die Füße gefallen ist. Andere Bands machen daraus ganze Alben. WUCAN dagegen werden wohl so gern von den Musen geküßt, sie brauchen mit ihren Einfällen nicht geizen. Warum aber die schöne Ballade ´Four Mirrors´ nur Bonustrack ist, das muss mir mal einer erklären. Die macht das Ding erst richtig rund.
Und so, wie die Sonne jeden Tag aufgeht, auch wenn sie von Wolken verdeckt wird, so ist jedes neue Album von WUCAN ein neues Abenteuer. Futter für die Seele, Zärtlichkeit für Herz und Hirn.
Mario Wolski vergibt 10 von 10 Punkten