WILDERUN
Titel: VEIL OF IMAGINATION
Label: CENTURY MEDIA
Spieldauer: 67.00 Minuten
Century Media bringen die Tage mit “Veil of Imagination“ eine extrem ungewöhnliche CD raus, die die Band selbst in Eigenregie bereits letztes Jahr veröffentlicht hat. Ich kenne nichts vergleichbares! WILDERUN in irgendeine Schublade zu packen, gelingt nicht, da die Musik des Boston Quintetts ständig in unvorhergesehene Richtungen läuft und ein einziges Kopfkino entfacht. Beim Hören erscheinen vor meinem geistigen Auge alte, große Märchenwelten oder ein finsterer Fantasy Film zu denen “Veil of Imagination“ gut den Soundtrack abliefern könnte.
Als Folk Metal Band gestartet, haben sie sich mehr als deutlich weiterentwickelt. Orchestraler Pomp und metallische Düsterness haben die eher fröhlichen Elemente in vielen Passagen ersetzt. So gestalten sich die Songs, zum Teil in absoluter Überlänge, mittlerweile vielmehr stark proggig und episch, sind aber zum Teil brachialer “Post- Death Metal“ – wenn es so etwas gibt – der auch schonmal Grindcore-Speed mit tiefen Growls und Choräle nicht nur übereinander legt, sondern wirklich vereint.
Spielerisch eine absolute Bank, besteht an auch den kompositorischen Fähigkeiten der fünf Musiker nicht der geringste Zweifel. Allein der 14:32 Minuten lange Opener zeigt sowohl das musikalische Vermögen, als auch die enorme musikalische Bandbreite. Und wenn ‘Sleeping Ambassadors of the Sun‘ beginnt, wird aus der anfänglichen „Barden“-artigen Ruhe schnell eine bedrohliche Stimmung, die äußerst Bombast-geladen den musikalischen Gegenspieler in Form von Todes-Metallischer Finsternis darstellt. Auch ohne sich die Texte anzuhören, erkennt man eine Geschichte von Gut und Böse, Licht und Dunkelheit. Mit den gesamten orchestralen Elementen erscheint “Veil of Imagination“ als eine Art von Metal Oper oder eben ein Soundtrack ohne die üblichen Symphonic Metal Elemente zu bedienen. Hier zeigt sich die ganze Erfahrung mit dem Filmkomponisten Hans Zimmer, mit dem, der für die Orchestrierung zuständige Wayne Ingram, zusammengearbeitet hatte.
Auch wenn mich nicht alles völlig überzeugt und ein vergleichsweiser straighter und leichter Song wie ‘Far from where the Dreams unfurl‘, bei dem sich noch die Wurzeln der Band erkennen lassen, nicht die Tiefe anderer Tracks hat, sind WILDERUN doch Meister der musikalischen Illusion bzw. darin, die Vorstellungskraft der Hörerschaft anzuregen. “Veil of Imagination“ ist nichts für die Autofahrt oder auch nur für “zwischendurch”, sondern es verlangt Aufmerksamkeit, die aber in den meisten Passagen mit meisterlicher musikalischer Klasse und außergewöhnlichen musikalischen Erlebnissen belohnt wird.
Jeder Prog-Fan der etwas mit Dramatik anfangen kann, müsste eigentlich hier durchdrehen!
Sven Bernhardt vergibt keine Bewertung