VIRGIN STEELE – THE PASSION OF DIONYSOS

VIRGIN STEELE

Titel: THE PASSION OF DIONYSOS

Label: STEAMHAMMER/SPV

Spieldauer: 79:47 Minuten

VÖ: 30. Juni 2023

Seit mehr als 40 Jahren sind VIRGIN STEELE und ihr Mastermind David DeFeis kreativ und ideenreich im Bereich des Power Metal-Genres unterwegs und haben Klassiker wie “Noble Savage“ (1985), “Age Of Consent“ (1988) und ”Invictus“ (1998) sowie Konzeptalben wie “The House Of Atreus I & II“ (1999/2000) hervorgebracht.

Auch beim neuesten Silberling “The Passion Of Dionysos“ tritt DeFeis als Komponist, Musiker und Produzent in Erscheinung und präsentiert zehn neue Songs, die ein historisches Thema mit Gegenwartsbezug umsetzen sollen, nämlich die Passion und das Leiden, das innere Ringen zwischen Rache/Wut einerseits und Kontrolle/Zurückhaltung andererseits, des griechischen Gottes Dionysos.

Die zehn Tracks kommen auf eine Spielzeit von beinahe achtzig Minuten und leider weder musikalisch noch produktionstechnisch auch nur ansatzweise an die alten genannten Werke heran. Selbst wenn man das Ganze als eine Art Rockoper betrachtet, stellen sich die Kompositionen als nicht stimmig, sondern verwirrend, voller Brüche, Verzögerungen und Verzweigungen dar.

Weiter Kritikpunkte sind vor allem der theatralische, überdramatisierende Gesang zwischen Kreischen, Knurren, Bellen, Schreien und Stöhnen und die mangelhafte Produktion. So sind die Vocals oftmals übersteuert, während andere Instrumente teils kaum hörbar im Nirwana verschwinden und neben den Orchestrierungen auch Bass, Schlagzeug und Chöre zumindest in Teilen künstlich bearbeitet und/oder generiert zu sein scheinen. Und wo sind eigentlich die Gitarren?

Obwohl die beiden Gitarristen Edward Pursino und Josh Block als Mitstreiter genannt werden, scheint es sich doch beinahe in Gänze um einen künstlerischen Alleingang (oder besser Amoklauf?!) des Protagonisten zu handeln. Manchmal bekommt man den Eindruck, was man keinem Musiker unterstellen mag, hier wurde auf den Silberling gebannt, was gerade in den Sinn kam, ohne Rücksicht auf Verluste und jegliche Songdienlichkeit und Stimmigkeit.

Da nimmt es sich als unfreiwillig komisch aus, dass der Infotext von einer „unbändigen Kreativität“, „brillanter Handschrift“ und einem „weiteren Höhepunkt der Virgin Steele-Karriere“ fantasiert. Und von einem „exzellenten Songwriting“ und einer „charismatischen Stimme“ kann hier auch keine Rede sein.

Einigermaßen hörbar ist mit Abstrichen der pianolastige Longtrack `You’ll Never See The Sun Again´ mit seinem typischen Sprechgesang und einigen netten Melodien. Die Vorabsingle `Spiritual Warfare´ (endlich mal ordentliches Riffing und ein annehmbarer Refrain) und das kurze, flotte `Black Earth & Blood´ würde ich sogar als gut bezeichnen wollen.

Fazit: ein sperriges, in seiner enormen Länge schwer erträgliches, weder in Sachen Komposition, noch Gesang, noch Sound überzeugendes Machwerk.

Michael Gaspar vergibt 4 von 10 Punkten