TRICK OR TREAT – THE UNLOCKED SONGS

TRICK OR TREAT

Titel: THE UNLOCKED SONGS

Label: SCARLET RECORDS

Spieldauer: 57:47 Minuten

“The Unlocked Songs“ ist das siebte Studioalbum der seit beinahe zwanzig Jahren aktiven, italienischen Power Metaller TRICK OR TREAT. Wenn man die Scheibe denn wirklich so bezeichnen will, denn es handelt sich um eine Zusammenstellung von unveröffentlichten Songs, Remixen, Cover-Versionen, raren Bonus-Tracks, akustischen Fassungen und Demos. Gedacht ist der Silberling als geschmackvolle Compilation vor dem nächsten Studioalbum und soll nach Aussage der Band die treue Fanschar unterhalten und jede Menge positive Energie ausstrahlen. Dabei spielt der Titel sicherlich ein Stück weit auf den bestehenden, beinahe europaweiten Lockdown an. Ich muss zugeben, dass ich “The Unlocked Songs“ anfangs für eine krude, ziemlich sinnbefreite Angelegenheit hielt und aktuell auch noch nicht restlos überzeugt bin. Je länger ich mich jedoch mit den einzelnen Songs beschäftige und je mehr ich über die Band recherchiere, desto mehr Sympathie und Gefallen entwickelte ich für den humorvollen Haufen und ihre teilweise schrulligen, aber fast immer unterhaltsamen Songs und Coverversionen.

Los geht die wilde Fahrt. Während das lustige ‘Hungarian Hangover‘ ein flotter Feger mit Live-Potential ist, der nach einer durchzechten Nacht auf Tournee in Budapest entstanden und übrigens auch der Name einer Gulaschsuppe ist, handelt es sich bei ‘Almost Gone‘ um eine gelungene, gefühlvolle Power-Ballade. Bekannt sind TRICK OR TREAT neben klassischem Power Metal, wie schon erwähnt, für ihre ungewöhnlichen Cover-Versionen und ihre Vorliebe für Anime und Videospiele. So brachten die Italiener in der Vergangenheit unter anderem eine Bearbeitung des bekannten „Let It Go“ aus „Die Eiskönigin“ und einen Gassenhauer wie „Girls Just Wanna Have Fun“ von Cindy Lauper heraus und veröffentlichten mit „Re-Animated“ 2018 ein komplettes Cover-Album. In dieser Tradition stehen die beiden folgenden, drolligen Tracks. Das eingängige ‘I Cavalieri Dello Zodiaco’ mit Mitsing-Chorus und italienischen Lyrics stammt aus der dortigen Version des Animes „Saint Seiya“, während die emotional-kraftvolle Power-Ballade ‘Dragonborn – Sykrim’ mit dem Online-Multiplayer-Rollenspiel „The Elder Scrolls“ zu tun hat. Mit orientalischen Elementen, erneut italienischsprachigen Vocals und einem augenzwinkernden Text hat das bereits 2011 veröffentlichte ‘Heavy Metal Bunga Bunga’ das Zeug zum Renner im Zugabenteil der Setlist.

Anschließend wird der hymnische, relativ melodische Punksong ‘Scream’ (vom 1999er Misfits-Album „Famous Monsters“) in einen modernen, eingängigen Power-Metal-Song transformiert. Mit der über acht Minuten langen Hymne ‘Human Drama (Down Into Pain)‘ folgt ein sehr guter, bisher unveröffentlichter Track. Davon würde man sich eigentlich mehr wünschen, es bleibt aber das letzte Highlight einer durchwachsenen Zusammenstellung. Stattdessen gibt es die tatsächlich weihnachtlich angehauchte Version eines Songs vom Erstling (‘Evil needs Christmas Too‘), eine weitere Nummer vom Debüt „Evil Needs Candy Too“ in einer Demo-Version (‘Like Donald Duck‘) und eine Live-Aufnahme eines Helloween-Covers (‘I‘m Alive‘), die vor allem durch ihren schlechten Sound hervorsticht. Auch die akustisch-orchestrale Bearbeitung eines ohnehin schon recht ruhigen, im vergangenen Jahr erschienenen Titels (‘Sagittarius – Golden Arrow‘) sowie die beiden rein instrumentalen Stücke sind zweifelhaft bis verzichtbar. Man muss der Band wohl zugutehalten, dass sie in bester Absicht gehandelt und die Songs ausgewählt hat. Und vermutlich hat jeder seine eigene, kleine Geschichte und damit seine Daseinsberechtigung. Trotzdem bleibt “The Unlocked Songs“ eine merkwürdige Ansammlung von Tracks verschiedenster Güte und Wertigkeit, die zum Kennenlernen der Band nicht wirklich taugt und für Fans auch nur bedingt lohnenswert sein dürfte, die andererseits in Teilen aber durchaus Spaß macht und gute Stimmung verbreitet.

Michael Gaspar vergibt 7 von 10 Punkten