THORIUM
Titel: EXTRAORDINARY JOURNEYS Pt. I
Label: Freya Records/H'art
Spieldauer: 50:36 Minuten
VÖ: 17. November 2023
Für mich ist Belgien ein Ziel extraordinärer Reisen. Man kann nicht nur Brügge sehen und sterben. Man findet auch viele kleine Geheimplätze. Für mich etwa sind das beispielsweise das Schloß Chimay, durch das die Prinzessin noch selbst führte oder der Zwin Naturpark in Knokke-Heist, ein Paradies für Vögel. Das Museum Emile van Doren in Genk stellt eine kleine Malerkolonie in der Provinz vor, die so gar nicht provinziell ist. In Tongeren besuchten wir den größten Flohmarkt, der mir je unterkam. Nur mit Musik aus Belgien bin ich bisher nicht so häufig in Berührung gekommen. Klar, man kennt Acid, Killers oder Speed Queen und Ostrogoth. Eine Band gehört aber zu meinen Favoriten: THORIUM. Die sind mit letzgennanten sogar personell verflochten.
Schon auf dem Vorgänger ´Empires In The Sun´ waren THORIUM auf einer Reise. Sie zogen textlich durch die Zeiten, um ein paar historische Begebenheiten zu vertonen. Jetzt gehen sie wieder unterwegs. Auf zwei Teilen wollen die Belgier uns erzählen von Abenteuern, Entdeckungen und, eben ungewöhnlichen Reisen.
Ich, der immer über Intros und „Ouvertüren“ schimpft, wenn sie denn wenig sinnvoll erscheinen, erfreue mich an selbigem Einstieg. Stimmungsvoll wird eingeleitet hin zu Track Nummer Eins ´Age Of Adventure´. Das startet mit Chören, fetten Chören, ehe THORIUM so richtig loslegen. Die Zutaten sind klar. Man nutzt das Beste der Hard’n’Heavy Szene. Die Belgier berufen sich genauso auf die NWoBHM wie auf USPower Metal. Genannter Opener etwa hat einen gewissen amerikanischen Unterton. Vielleicht liegt es auch am Gesang, ein wenig denke ich an Jag Panzer.
´Across The Nations´ sind Thorium unterwegs auf den Spuren eines gewissen Phileas Fogg. Jules Verne ließ eben diesen einst in 80 Tagen um die Welt reisen. „By wheel, by wing„, auf der Straße und mittels Schiff wurde diese Romanfigur vielleicht zum ersten Weltbürger, der auf einem echten Reisenden beruhte. Einem Amerikaner namens George Francis Train gelang tatsächlich im Jahre 1870 eine Weltreise in dieser kurzen Zeit, was erst durch die Eröffnung des Suezkanals und die Querung Amerikas per Eisenbahn möglich wurde.
In ´Nightfall´ verbinden THORIUM ihre wohl bis dato ruppigsten Gitarren, ja da grüßt von ferne der Thrash, mit wohligen Melodien. Japanisch wird es mit ´Bushido´. Dieses Wort steht für Verhaltenskodex und Philosophie des Kriegeradels der Samurai. „Live by the blade and die by the sword“ steht für den Weg des Kriegers. Wenn man sich ein kleines wenig in das Thema einliest, darf man feststellen, dass die Tugenden des Samurai eigentlich mit Kampf und Krieg wenig zu tun haben. Aber da sollen sich Philosophen und Historiker mit herumschlagen.
Noch vier komplette Songs und ein kurzen Zwischenspiel folgen noch, jedes Stück für sich ein Höhepunkt. Grandios das lange, neunminütige ´Echoes Of Lost Souls´, das ein starkes Album geschmackvoll beschließt. Geschmackvoll? Ich könnte es noch anders sagen, ganz kurz, in einem Satz. Lange müßte ich überlegen, ob es noch einen würdigeren Kandidaten gibt für den Spitzenplatz auf meiner Jahresbestenliste.
Mario Wolski vergibt 9,5 von 10 Punkten