THORIUM
Titel: EMPIRES IN THE SUN
Label: FREYA RECORDS/DUTCH MUSIC WORKS
Spieldauer: 52:28 Minuten
Welche Zutaten braucht es für ein richtig geiles Metal-Album? An erster Stelle auf jeden Fall mitreißende Songs. Diese müssen natürlich von fähigen Musikern umgesetzt werden, die ihre Instrumente aus dem Effeff beherrschen. Der Sound muss druckvoll, aber nicht überproduziert sein und als Krönung ein schönes Cover, das man sich am liebsten als LP ins Regal stellt.
Okay, arbeiten wir diese Checkliste am Beispiel des zweiten THORIUM-Eisens „Empires In The Sun“ einmal ab und fangen hinten an. Das Coverartwork ist ein richtiger Hingucker und setzt den Albumtitel perfekt um, check! Kein Vergleich zur einfallslosen Hülle des selbstbetitelten Erstlings. Die Produktion ist schön knackig und transparent, alle Instrumente sind gut herausgearbeitet, check!
Das Rückgrat von THORIUM ist die Gitarrenfraktion, bestehend aus den beiden Axemen Tom Tee und Dario Frodo sowie Tieftöner Stripe. Alle drei haben bereits beim belgischen Metal-Urgestein Ostrogoth gemeinsame Sache gemacht. Vor allem Tom und Dario sind perfekt aufeinander eingespielt, sowohl als Songwriting- als auch als Gitarrenduo. Dazu gesellen sich Drummer Louis van der Linden und Sänger David Marcelis, der sich bereits mit seiner ersten Band Lord Vulture einen Namen gemacht hat. Er verfügt über eine enorme Range und erinnert immer wieder an große Namen wie Dickinson, Kiske, Conklin oder Dane. Die Klasse der Musiker steht also außer Frage, check!
Doch all das ist nur Makulatur, wenn das Songwriting schwächelt, der letzte und wichtigste Haken fehlt also noch. Auf „Empires In The Sun“ befinden sich satte 10 Songs, wobei der letzte – das Opus Magnum des Albums ‚1303‘ – nochmals in drei Tracks aufgeteilt ist. Allein das letztgenannte Stück rechtfertigt den Kauf dieses Albums kommt es doch als kleine Rock Oper in elf Akten daher, in der kein Geringerer als Arjen Lucassen (Ayreon) als einer der Charaktere mitwirkt. Schon jetzt einer der Anwärter auf den Titel ‚Song des Jahres 2021‘.
Für den weniger feingliedrigeren Metalhead darf es aber wohl lieber der Opener ‚Exquiste‘ sein, der dir nach kurzem Intro ordentlich die Haare nach hinten föhnt, was für eine Speed Metal-Granate! ‚Powder And Arms II‘ ist die Fortsetzung des gleichnamigen Tracks vom Debüt. Das folgende ‚Where Do We Go‘ stammt wie die beiden vorausgehenden Songs aus der Feder von Tom Tee und erscheint wie eine Reminiszenz an alte Helloween. ‚More Than Meets The Eye‘ ist dann die erste Koproduktion Tee/Frodo mit einem coolen Text zum Nachdenken von Dario. Das Grundriff ist heavy as fuck und eher im Midtempo angesiedelt, Marcelis passt seinen Gesang entsprechend an und schon zeigen THORIUM ein ganz anderes Gesicht, das eher dem von Nevermore ähnelt.
Das Titelstück, an dessen Entstehung Bassist Stripe beteiligt war, wird durch ein gesprochenes Intro eingeleitet und bildet mit seiner Position in der Mitte des Albums dessen Herzstück. ‚The Old Generation‘ ist der erste kleine Füller, der zwar mit seinem zweistimmigen Gitarrensolo punkten kann, jedoch in einem unpassenden Fade out endet. Mit dem Anfangsriff von ‚Winterfall‘ beweist Herr Frodo (Pun intended!) seine Affinität zu Queensryche zu seligen „Operation: Mindcrime“-Zeiten, um danach wieder in einen Midtempo-Stampfer in bester ‚Nevermore-/Sanctuary‘-Tradition überzugehen, in dem diese beiden Wörter sogar in zwei aufeinanderfolgenden Textzeilen vorkommen. Selbst das Solo könnte von Jeff Loomis sein, geil! ‚Itchin‘ And Achin‘‘ ist dann noch ein kleiner Filler vor dem furiosen Finale, das bereits weiter oben gewürdigt wurde.
Songwriting insgesamt also check, mit minimalen Entwicklungspotenzialen! Alles in allem sind das fette 9 Punkte mit Tendenz nach oben, man darf also auf weitere Großtaten aus dem Hause THORIUM gespannt sein.
Alex Fähnrich vergibt 9 von 10 Punkten