THE WARNING – KEEP ME FED

THE WARNING

Titel: KEEP ME FED

Label: LAVA RECORDS/REPUBLIC RECORDS/UNIVERSAL

Spieldauer: 38:41 Minuten

VÖ: 28. Juni 2024

Tut doch immer gut, auch mal über den metallischen Tellerrand zu schauen, wie unlängst bereits bei den Scheiben von Sylvaine, Myrkur oder Ammify geschehen. Auch das mexikanische Alternative-Rock-Schwesterntrio THE WARNING ist so ein Fall, der definitiv einen kleinen, lohnenden Seitenblick wert und mit seinem vierten Studioalbum „Keep Me Fed“ zurückgekehrt ist.

Zunächst kam das Dreigestirn aus Monterey durch eigene Versionen bekannter Rocksongs auf Youtube – insbesondere das viral gegangene `Enter Sandman´ Cover, mit dem sie später gemeinsam mit Popsängerin Alessia Cara auf dem Metallica-Tributealbum „The Metallica Blacklist“ vertreten waren – und Crowdfunding-Bemühungen in die Schlagzeilen. So richtig Fahrt auf nahm die Karriere der Schwestern nach ihrem Auftritt bei US Talkmasterin Ellen DeGeneres im April 2015.

Schlagzeugerin Paulina „Pau“ Villarreal erklärt zunächst den Albumtitel näher: „Throughout the whole process, the work was consuming us. By impacting everything we did, the album kept us fed both creatively and personally. We’re inviting other people to participate and consume it too.“

Das Triumvirat steht für eingängigen, melodischen, modernen, gitarrenorientierten Hardrock mit oft mehrstimmigem, ausgefeiltem Harmoniegesang. Die Leadstimmen teilen sich dabei Gitarristin Daniela „Dany“ und Schlagzeugerin Paulina „Pau“ Villarreal Vélez. Alejandra „Ale“ Villareal Vélez übernimmt Bass und Backingvocals.

Die zwölf neuen Songs zeigen die Evolution der Band und die Bandbreite ihres Sounds auf, der deutlich härter und wuchtiger als früher daherkommt. Dass die Tracks trotz aller Eingängigkeit und perfekter Hochglanzproduktion dennoch hörenswert sind, liegt an einigen Besonderheiten.

Aufgrund der familiären Verbundenheit präsentiert sich der bereits seit sehr jungen Jahren gemeinsam Musik machende Dreier nicht nur als eingeschworene Gemeinschaft, sondern auch als ungewöhnlich präzise aufeinander eingespielte musikalische Einheit. Die oft komplexen, dominanten Basslinien verpassen der Band einen satten, wuchtigen, spannenden Sound und auch die Drums präsentieren sich dynamisch und abwechslungsreich.

Im Kontrast zu der sehr melodiösen gesanglichen und gefälligen klanglichen Ausrichtung stehen die oft düsteren Texte über Entfremdung, Hass, Neid, Einsamkeit, Beziehungsprobleme, Depression, Drogenmissbrauch und häusliche Gewalt sowie weitere Untiefen des menschlichen Daseins.

„Keep Me Fed“ enthält auch „MORE“, das die Band bei den MTV VMAs 2023 performte, und den Fan-Favoriten „S!CK“, der diverse Rockcharts erklomm. In „Hell You Call A Dream“, welches vom erfüllenden, aber auch ermüdenden Tourleben erzählt, wurde mitgeschrieben und produziert von Anton Delost (Highly Suspect, Mayday Parade) und Dan Lancaster (Muse, Bring Me The Horizon), trifft eine einprägsame Keyboardmelodie auf kräftige Basslines.

Doch meine persönlichen Geheimfavoriten sind andere Stücke. Darunter das mächtige mit gescreamtem Chorus aufwartende `Apologize/Hunger´ und das treibende und mit spanischen Lyrics überraschende `Que Mas Quieres´. Zu diesen gehören außerdem der energetische Opener `Six Feet Deep´, der packende Ohrwurm `Satisfied´ sowie das bissige `Sharks´-

Auch wenn “Keep Me Fed“ eher eine Ansammlung gutklassiger Singles/Songs als ein wirklich homogenes, stimmiges Album darstellt, enthält es einige mehr als hörenswerte Kompositionen und ist unterhaltsames, attraktives Rockfutter für Zwischendurch, was sicherlich auch der Auftritt der drei Ladies bei der diesjährigen Ausgabe des Wacken Open Air unter Beweis stellen wird.

Michael Gaspar vergibt 7 von 10 Punkten