THE HIRSCH EFFEKT – URIAN

THE HIRSCH EFFEKT

Titel: URIAN

Label: LONG BRANCH RECORDS/SPV

Spieldauer: 52:14 Minuten

VÖ: 29. September 2023

„„Urian“ wird der ungebetene Gast genannt, dessen Begegnung meist ziemlich unerwünscht ist. Eine knappe Stunde fesselt es dich klanglich und weist mit einer hinterlistigen Umarmung geschickt auf all den schief gewickelten Mist hin!“

Die Hannoveraner Band THE HIRSCH EFFEKT legt ihr sechstes Stuioalbum “Urian“ vor. Eine eindeutige stilistische Einordnung der Band fällt aufgrund ihres umfangreichen und vielfältigen Genre-Mix schwer, häufig wird der Sound unter dem Begriff Artcore subsumiert.

Das Trio steht für träumerisch-melancholische Passagen, aber auch rasante, aggressive Ausbrüche mit tiefgreifenden, vielsagenden deutschsprachigen Texten und die Verwendung von Prog Rock, Metal, Core und klassischen Elementen, genauso wie Versatzstücken aus Death Metal, Punk, Jazz, Electro und Deutsch Pop.

Die Vielschichtigkeit und Komplexität der acht neuen Tracks bietet mal wieder Zeit und Gelegenheit zu einer ausführlichen Track by Track-Betrachtung:

`Agora´: Ein sanfter, akustischer Einstieg mit Gitarren- und Celloklängen und poppigen Vocals, zugleich traurig und hoffnungsvoll.

`Otus´: Deutlich härter und schneller, die Basslinien geben den Ton an, Beats und Elektrosounds weisen den Weg, den softe Vocals kontrastieren. Ein schneller, heavy Part gegen Ende wird wieder vom Bass bestimmt, komplexer, facettenreicher und mit gut neuneinhalb Minuten längster Track der Platte.

`2054´: Dissonante Töne, harte Gitarren, raffinierte Taktwechsel, aggressive Vocals, unterbrochen von einem leisen Interlude in der Mitte des Stücks, der jedoch rasch wieder vom nächsten harshen Ausbruch abgelöst wird.

`Urian´: Aggressive und melodische Parts im Wechsel: coreartige Death-Abfahrten mit vereinzelten, kurzen Synthie-Spielereien, welche durch die sie umgebende Dunkelheit in Richtung des sphärischen Endes gleiten.

`Stegodon´: Leiser, akustischer, emotionaler Einstieg, dann mächtige Riffs und treibende Melodien, die 80er Vibes versprühen. Das chorische Ende geht unter die Haut.

`Granica´: Sanfte Töne und akustische Gitarren starten und der verzweifelte Gesang geht zu Herzen, macht Schmerz und Verzweiflung spürbar und wirft textliche Fragen auf, während die langen Soloparts begeistern.

`Blud´: Brettharter Brecher mit brutalem Einstieg ohne Vorwarnung, wütenden, chaotischen Ausbrüchen und extremen Vocals, aber auch kurzen atmosphärisch fließenden Verschnaufpausen und einem melodischen Chorus.

`Eristys´: Der langsame, sanfte, in sich gekehrte Abschluss mit entspannenden Akustik- und Violinenklängen und leisem Gesang. Der Gast ist gegangen und die Dinge nehmen wieder ihren gewohnten, normalen Gang.

Insgesamt ein sowohl in Sachen Musikalität als auch Songwriting als auch Dynamik und Vielseitigkeit beeindruckendes Album, das den Hörer auf eine intensive, emotionale Reise mit Wut, Trauer und Hass, aber auch Trost, Freude und Hoffnung mitnimmt. Es ist kompliziert, anspruchsvoll und komplex, aber auch zugänglich, vielschichtig und enorm unterhaltsam.

Michael Gaspar vergibt 9 von 10 Punkten