STRANGER VISION – POETICA

STRANGER VISION

Titel: POETICA

Label: Pride & Joy Music

Spieldauer: 63:45 Minuten

Dem melodischen Heavy Metal haben sich die Italiener STRANGER VISION auf ihrem Longplay-Debüt “Poetica“ verschrieben. Nach eigener Aussage legen sie dabei ihr Hauptaugenmerk auf Melodien, Harmonien und einen kraftvollen Sound. So bieten die meisten der elf Kompositionen im Midtempo angesiedelten, eher melodischen, denn symphonischen Power Metal. Dabei sind unsere fünf wackeren Helden für mich die „Master of Hooks and Bridges“. Sie verstehen es meisterhaft, mit mitreißendem Riffing und packenden Melodien, Spannung und Erwartungen aufzubauen, die der dann folgende Chorus leider oft nicht einlösen kann. Während ‘Gates Of Tomorrow’, ‘Human Change’ und ‚Soul Redemption‘ immerhin noch anständige Midtempo-Tracks sind, plätschert das eher belanglose ‘Never give up’ komplett an mir vorüber. Im zumindest toll beginnenden Duett ‘Memories Of You‘ legen Sänger Avan Adami und Gast-Chanteuse Alessia Scolletti (Temperance) einzeln eine überzeugende Leistung hin. Gemeinsam wollen ihre Stimmen aber so gar nicht harmonieren und machen den guten Eindruck sogleich wieder vollkommen zunichte.

Ganz anders beim fantastischen ‘Rage’. Hier wird mit Hilfe von Alessandro Conti (Luca Turilli, Trick or Treat, Twilight Force) ein grandioser Hochgeschwindigkeits-Banger á la Rhapsody und Konsorten abgefeuert, wie er im Buche steht. Ein weiteres Highlight des Albums markiert das emotionale ‘Over And Over’, in dem Adami mit eher tiefem, rauen Timbre und in einem starkem Refrain das ewige, grausame Leid des Sisyphos beklagt. Geht doch! Das folgende ‘Before The Law’ bereichert der fantastische Zak Stevens (Ex-Savatage, TSO, Cirle II Circle) mit einem Gastbeitrag. Aber auch hier fallen die gemeinsamen Passagen der beiden Sänger auf unerklärliche Weise disharmonisch und irgendwie asynchron aus. Besonders beim Beginn der anschließenden, eigentlich guten Ballade ‘Wish’, aber auch an anderen eher ruhigen Stellen der Platte fällt ein weiterer Minuspunkt ins Gewicht. Die teilweise mit einem starken Akzent versehene englische Aussprache killt nämlich die Stimmung und sorgt für das ein oder andere kontraprodutive Schmunzeln. Und die durchwachsene Reise durch die qualitativ sehr unterschiedlichen Stücke geht munter weiter. Das flotte ‘Defying Gravity’ zeigt erneut, was gehen könnte und dass ein überzeugender Refrain und ein schickes Solo eben den Unterschied machen. Mehr davon! ‘Hero Of The New World’ lässt mich dann allerdings wieder ziemlich kalt. Insgesamt dennoch ein solides Album mit einigen Schwächen, aber auch einigen Highlights, die beweisen, dass mit mehr Dynamik, Konsequenz und Esprit ein noch besseres Ergebnis möglich gewesen wäre.

 

Michael Gaspar vergibt 7 von 10 Punkten