STILLBORN
Titel: NETHERWORLDS
Label: BLACK LODGE RECORDS
Spieldauer: 49.44 Minuten
VĂ: 28. Juni 2024
Mit „Netherworlds“ liefern die schwedischen Doomer STILLBORN (bitte nicht verwechseln den polnischen Black-Deathern und zahlreichen anderen Bands dieses Namens) ihr fĂŒnftes Album ab. Damit ist „Netherworlds“ immerhin schon das zweite seit ihrer Reunion 2015 und insgesamt das dritte in der Originalbesetzung ihres mittlerweile 35-jĂ€hrigen KultdebĂŒts „Necrospirituals“.
Stillborn
Einen gewissen Status erlangten STILLBORN Anfang der 90er mit ihrer damals von SĂ€nger Henke Karlsson eingesungenen Scheibe „A Permanent Solution“ (heute noch ein kleiner Doom-Klassiker). Beim Nachfolger „State Of Disconnection“ öffnete sich die Band gekonnt groovigeren Sounds, versank im Zuge von Grunge und Nu-Metal aber leider ebenso in der Versenkung wie die damals ebenso kultigen Wretched oder Unorthodox.
Mit ihrer starken 2017er Comeback-Scheibe „Nocturnals“ mit OriginalsĂ€nger (und Bassist) Kari Hokkanen haben die Schweden die Uhren wieder auf ihre musikalischen AnfĂ€nge zurĂŒckgedreht. Und „Netherworlds“ knĂŒpft hier nahezu nahtlos an: STILLBORN zelebrieren klassischen – tempomĂ€Ăig meist nie ausbrechenden, aber auch selten langatmigen – Doom Metal und peppen diesen wohldosiert mit melodischen Gothic-Elementen auf.
Ein gewisses Alleinstellungsmerkmal ist dabei der dĂŒstere – meist oft bewusst spröde, dann wieder ĂŒberraschend melodische oder growlig-kehlige – Sprechgesang von Kari Hokkanen. Dieser lĂ€sst mich stilistisch oft eher an Carl McCoy (Fields Of The Nephilim) oder Andrew Eldritch (Sisters Of Mercy) denken als an „klassische“ Doom-/Metal-SĂ€nger. Mag nicht jedermanns Sache sein – ich persönlich finde gerade das ziemlich cool.
Netherworlds
Nach dem soliden, aber nicht ĂŒberragenden Opener ‚Neophyte‘ ist der majestĂ€tisch walzende und mit sechs Minuten lĂ€ngste Song ‚Children Of Darkness‘ das erste kleine Highlight des Albums: Hier kombinieren STILLBORN ihre rhythmischen Doomriffs mit morbiden Melodien alter Paradise Lost und der Epik von Fields Of The Nephilim – sehr stark.
Die folgenden ‚Dead Black Woods‘, ‚Katharsis‘ (entwickelt beim Refrain sogar getragenes Rammstein-Pathos) und ‚Abigail‘ erreichen meiner Meinung nach dahingegen nur STILLBORN-MittelmaĂ. Daran Ă€ndert auch die Tatsache nichts, dass sich Hokkanen bei den Refrains verstĂ€rkt durch dezente weibliche Background-Vocals unterstĂŒtzen lĂ€sst.
Danach steigt die Formkurve mit dem dramatisch-atmosphĂ€rischen ‚Albino Flogged In Blue‘ (Anspielung auf „Albino Flogged in Black“ vom DebĂŒt) glĂŒcklicherweise wieder erheblich. Und beim dĂŒster-harten ‚Lusus Naturae‘ paart Hokkanen gleichzeitig seine „growligste“ Gesangsleistung mit wunderbar gothic-mĂ€Ăigen Melodien. Zwei weitere Highlights.
Den Abschluss des Albums bilden dann die drei fĂŒr die Band mittlerweile schon typischen rhythmisch-groovenden Doomer ‚Motherland‘, ‚We Monkey‘ und ‚Closer ‚When The End Begins‘, die aber jeweils mit einer gewissen eigenen Dramatik und wiederum schön morbiden Paradise-Lost-Melodien ĂŒberzeugen können.
Fazit
Obwohl „Netherworlds“ stilistisch auf der gleichen Linie liegt, reiĂt es mich leider nicht ganz so mit wie das noch etwas rĂ€udigere (und imho auch bei Presse und Fans unterbewertete) Comeback „Nocturnals“. DafĂŒr gab es auf dem VorgĂ€nger mit Songs wie ‚Dresden‘, ‚Oblivion Reloaded‘, ‚The Animal Within‘, ‚Lorelei‘ oder ‚Anathema‘ einfach zu viele bĂ€renstarke Hits und auch tempo- und rhythmusmĂ€Ăig etwas mehr Abwechslung.
Nichtsdestotrotz wartet das Album immerhin mit drei kleinen Doom/Gothic-Perlen und ansonsten ebenfalls eher ĂŒberdurchschnittlichen Songs auf. Nicht zu vergessen diese gewisse kauzige EigenstĂ€ndigkeit, die ich bei vielen „klassischen“ Doombands mittlerweile oft etwas vermisse und hier persönlich als sehr angenehm empfinde.
Joe Nollek vergibt 7,5 von 10 Punkten