STEVE HACKETT – GENESIS REVISITED: LIVE AT THE ROYAL ALBERT HALL

STEVE HACKETT

Titel: GENESIS REVISITED: LIVE AT THE ROYAL ALBERT HALL RE-RELEASE

Label: INSIDE OUT / SONY

Spieldauer: 135:32 Minuten

GENESIS sind jene der großen britischen Proggiganten der 70er Jahre, deren frühes Œuvre geradezu in nationales Kulturgut übergegangen ist. Dies mag dem radikalen Kurswechsel der verbliebenen Musiker in den 1980ern sowie Peter Gabriels mit beinahe religiösem Eifer durchgezogener Weigerung, seine musikalischen Sozialisationsjahre zu berücksichtigen, geschuldet sein. Jedenfalls sind die Alben von „Trespass“ bis „Wind & Wuthering“ für viele Progfans trotz der Konkurrenz von Camel, ELP, Comus, King Crimson oder Yes das Nonplusultra (Pink Floyd spielten in ihrer eigenen Liga und gänzlich anders gelagerte Musik). Anders als Gabriel widmete sich Steve Hackett im letzten Jahrzehnt der Nachlassverwaltung mit opulenten Werkschauen im Rahmen ebensolcher Tourneen, wobei Konzerte in der Royal Albert Hall (Hackett spricht ironisch von der „Last Night of the Progs“ im „Albert Pub“) aufgezeichnet wurden (bekanntlich erschien 2019 noch ein mit Orchester aufgenommenes Album). Das vorliegende Dokument erschien bereits 2014 auf CD und wurde nun von Patrick W. Engel für Vinyl remastered (und erscheint als 3LP mit 2 CDs zu einem sehr fairen Preis von unter 40 Euro). Anhand von mp3-Dateien lässt sich der Erfolg des Unterfangens schwerlich nachvollziehen, jedoch kann es sich eigentlich nur um einen Genuss handeln.

Die Songauswahl an jenem Oktoberabend 2013 war bekanntlich exquisit und umfasste mit wenigen Ausnahmen („The Knife“ [ok, da war Hackett noch nicht dabei], „Get ‚Em Out By Friday“ und „The Lamb Lies Down on Broadway“) tatsächlich alle Klassiker der Phase 1970-1977 (inkl. dem beinahe halbstündigen „Supper’s Ready“). Mit einer formidablen Instrumentalfraktion (Gesang von Nad Sylvan, mit Gastauftritten von Ray Wilson, Amanda Lehmann und John Wetton) werden auch und gerade solche Heiligtümer wie „Selling England By The Pound“ (das Intro jagt mir immer wieder Schauer über den Rücken), „The Musical Box“ oder das mächtige „Watcher Of The Skies“ mit Grandezza intoniert. Geschickt changiert die Setlist zwischen den hektischer arrangierten Progabfahrten der frühen Siebziger (etwa „Return Of The Giant Hogweed“) und den ab „Lamb Lies Down On Broadway“ atmosphärischer werdenden Stücken. Ach so: bezüglich Hacketts Gitarrenkünsten irgendwo zwischen Neoklassik, zupackendem Rockappeal und progrockiger Eleganz sollte man einfach mal den Mittelteil von „Firth Of Fifth“ konsultieren… So steht einem echten Hochgenuss nichts im Wege, und man darf sich über zwei Stunden hemmungslos der Nostalgie hingeben. Monumental, gerade weil es eben in jüngster Zeit keine Ersatzdroge gab.

Patrick Müller vergibt 9,5 von 10 Punkten