SQUADRON – SQUADRON

SQUADRON

Titel: SQUADRON

Label: Golden Core/ZYX

Spieldauer: 75:39 Minuten

VÖ: 17. Januar 2025

Manchmal ist es ja fast schizophren. Da gibt es Platten, wären sie aktuell, würde auch ich drüber nachdenken, dass es voll altmodisch und so gar nicht zeitgemäß klingt. Da es aber aus 1984 stammt, ist es irgendwie cool. Bei einer aktuellen Scheibe wäre die Beschreibung des Sounds mit authentisch schon fast ein schmeichelndes Adjektiv. Bei so „altem Kram“, um es mal etwas frech zu formulieren, findet man den gleichen Sound plötzlich charmant. Und ja, ich liebe den Klang dieser Scheibe, genau weil er so unvollkommen klingt. Doch es ist wie immer, die Wahrheit liegt irgendwo in der Mitte.

Hier geht es um SQUADRON, eine talentierte und mitreißende Band aus dem Raum Stuttgart, die bis heute unentdeckt blieb. Selbst auf Encyclopedia Metallum findet man keinen Eintrag mit den zwei Demos, die man 1984 und 1985 aufgenommen hat. 1983 wurde die Band gegründet, beeinflusst von Judas Priest, Iron Maiden, Warrior, Manowar, Ozzy Osbourne und Dio. Eine der ersten Shows fand im Vorprogramm von Tyrant statt. Schnell bekam den Ruf einer gigantischen Liveband, zumal man nicht nur auf ausgefeilte Songs achtete, sondern auch auf Outfit und Show. Nur wenige Monate später kam bereits 400 Fans in die Neckerhalle Esslingen, obwohl am gleichen Tag Accept quasi um die Ecke spielten. Außerdem brach man den Zuschauerrekord in „Die Röhre“ Stuttgart, wo man nach dem zweiten Demo ein große Show auffuhr.

Vielleicht war SQUADRON ´Just Another Band´. Aber ich denke, eher nicht. Immerhin, Schlagzeuger Klaus Sperling, dessen erste Schritte hier verewigt sind, kennt man später von Primal Fear, Nitrogods und Sinner. Sänger Michael Moretto ersetzte nach dem Split 1987 Andi Deris bei Kymera, als dieser zu Pink Cream 69 wechselte. Heute singt er bei den auch nicht ganz unbekannten Tyran Pace. Die Qualität war mithin schon gegeben, Das hört man den dreizehn Nummern an.

Die enthaltenen Songs stammen von den beiden Demos von 1984 und 1985. Es wäre eine echte Verschwendung, wären sie nicht entdeckt oder zumindest gerettet worden. Ich will nicht zu viel verraten, allein die stilistische Vielfalt ist beeindruckend. Da ist der Opener ´Wild Romance´. Hier regiert klassischer Heavy Metal. Es treibt nach vorne. Priest klingen an. Eine Prise Dreck ist genauso drin wie eine epische Note. Und auch, wenn der Gesang hier nicht immer ganz genau den richtigen Ton trifft, ich bin hin und weg. Mit ´No Heroes´ gibt es die geballt Ladung langsam schwerer Wucht. Ganz eigenständig und doch ein Song zwischen „Heaven & Hell“. Das hätte damals schon ganz anders gewürdigt werden müssen. Die Autohymne ´67 Camaro´ kommt mit einer ziemlich prolligen Röck’n’Röll-Nöte. Und ´Child Of The Universe´ macht klar, dass man auch ohne Ledertanga König des Metals sein kann. Diese Band war stilistisch wirklich breit aufgestellt. Melodischer Kram lag SQUADRON genauso nahe, wie finsterer Doom. Hört Euch ´Witchhunter´ an, in langsam waren die Schwaben besonders überzeugend.

Golden Core bringt hier wieder ein tolles Teil an den Start, dass die Aufmerksamkeit von Musikarchäologen und Traditionsmetallern wirklich verdient. Und wer heutzutage sich gerne mit Schnorres Metal umgibt, hier kann man entdecken, woher dieser Sound sich speist.

Mario Wolski vergibt 8 von 10 Punkten