SORCERER – LAMENTING OF THE INNOCENT

SORCERER

Titel: LAMENTING OF THE INNOCENT

Label: METAL BLADE / SONY

Spieldauer: 63:49 Minuten

Make it or break it: Sorcerer legen das dritte Album (plus eine EP) nach der Reunion vor und stehen angesichts der Klasse der beiden Vorgänger sicher auch unter Druck. Welpenschutz genießt man nicht mehr, zudem sieht man sich als schon recht etablierte Band nunmehr mit der Aufgabe konfrontiert, die eigenen Trademarks auszubauen, ohne sich dem Vorwurf des Selbstepigonentums auszusetzen. Und natürlich klingen auf „Lamenting Of The Innocent“ Anleihen an Songs von „In The Shadow Of The Inverted Cross“  sowie „The Crowning Of The Fire King“ an. Zunächst jedoch sticht der extrem raumgreifende, von der Band selbst besorgte Breitwandsound ins Ohr, der anzeigt, dass man es wirklich wissen will. Zum anderen wurden die Gegensätze im Bandsound akzentuiert: die beiden knackigen Power Doomer „The Hammer Of Witches“ (ganz viel „Nightfall“-Candlemass) und „Institoris“ (super Hook!) knüpfen nahtlos an „Sirens“ an und zünden ohne große Umwege. Dagegen steht zunächst mit „Deliverance“ ein echtes Experiment: die dramatisch inszenierte, mit Streichern unterlegte Akustiknummer ist dabei zum echten Highlight geraten und steht nicht umsonst im Auge des akustischen Sturms (sprich: in der Mitte des Albums). Zum anderen hat Hauptkomponist Johnny Hagel (ich gehe mal davon aus, dass er im Hintergrund noch immer die Fäden zieht) den restlichen Songs eine stärkere, sagen wir, Musical-Note verliehen, die Anders Engbergs geschultes Ausnahmeorgan akzentuieren hilft ‒ EPIC Doom wird hier nunmehr im Sinne des hymnenhaften Titeltracks in einer Breite inszeniert, die geradezu  cineastischen Ausmaße annimmt. Teilweise wähnt man sich angesichts der geradezu visuellen Strahlkraft der Kompositionen tatsächlich im Lichttheater, gefesselt den von Engberg großartig phrasierten Geschichten lauschend. Peter Jackson, übernehmen sie. Und gerade dann, wenn man denkt, dass die eine oder andere Akkord- oder Notenfolge doch zu sehr an einen der früheren Hits gemahnt, fügt man einen gekonnten Schlenker ein, der von den Musikern (allen voran das Gitarrenduo Kristian Niemann und Peter Hallgren) in der Regel höchst edel umgesetzt wird (die Skalen-Soli in „Where The Spirits Die“ – wow!). Dabei muss man „Lamenting…“ trotz aller Komplexität nicht einmal viele Durchläufe gewähren, bevor es glühend heiß an allen Synapsen zu zündeln beginnt. Zudem ist beinahe jeder verdammte Song ein Hit, man höre zum Beispiel den Refrain des sperrigen „Age Of The Damned“. Jedoch: „Condemned“ und „Dance With The Devil“ sind beide nur gut bis sehr gut, weswegen ich auch hier mal wieder um die Höchstnote herumkomme.  Alle anderen Genrebands (inklusive insbesondere Candlemass) schauen hier nichtsdestotrotz schon lange neidisch in die Rücklichter. Das beste Heavy Metal-Album seit, naja, „The Crowning Of The Fire King“… Beim Betrachten des Covers wird mir zudem gar Fvneral Fvkk.

Patrick Müller vergibt 9,5 von 10 Punkten