SILVER LAKE BY ESA HOLOPAINEN
Titel: SILVER LAKE BY ESA HOLOPAINEN
Label: NUCLEAR BLAST
Spieldauer: 37:24 Minuten
Einer der wenigen positiven Nebeneffekte der Pandemie sind die unzähligen interessanten Kollaborationen, Coverversionen und Soloprojekte verschiedenster Künstler, die es sonst wohl so nicht gegeben hätte. Auch das SILVER LAKE BY ESA HOLOPAINEN getaufte Baby des Amorphis-Gitarristen und -Gründungsmitglieds hätte anderenfalls wohl nicht oder zumindest sehr viel später das Licht der Welt erblickt. Dabei hatte der Finne für sein übrigens nach dem Namen eines seiner Reverb-Pedale benannten Projekts nach eigener Aussage das Ziel, kein frickeliges Gitarristen-Album zu machen und möglichst nicht nach seiner Hauptband zu klingen. So entschied er sich, verschiedene namhafte sowie einige unbekannte Sänger auszusuchen, um die bereits vorhandenen, starken Kompositionen mit traditionellen Liedstrukturen endlich umzusetzen. Dabei beweist er sein Gefühl für traumhafte Melodien, anspruchsvolle Soli und gute Songs und überlässt den Kollegen, insbesondere an Keyboard und Drums ausreichend Raum, um ebenfalls zu glänzen. Insgesamt transportieren die neun Tracks eine durchaus kraftvolle, aber überwiegend ruhige, melancholische Grundstimmung.
Der instrumentale Opener beginnt mit akustischen Gitarren, bevor majestätische Keyboard-und E-Gitarren-Klänge den Hörer im Geiste über finnische Wälder und Seen gleiten lassen. Als bekennender Fan von Ela´s Hauptband einerseits und Metal-Alben mit verschiedenen Vokalisten andererseits (man denke nur an Dave Grohl´s „Probot“ und das erste Slash-Soloalbum), war ich enorm gespannt auf diese Scheibe. Doch verschiedene Sänger können Fluch und Segen zugleich sein. Vor allem das hohe, gewöhnungsbedürftige Organ von Einar Solberg (Leprous) sind ebenso wie „sein“ Song ‘Ray Of Light’ sicherlich Geschmackssache. Und auch die beiden Tracks ‘Sentiment’ und ‘Apprentice’ mit Jonas Renske (Katatonia) am Mikro, die die übrigen Stücke sozusagen einrahmen, reißen mich nicht unbedingt vom Hocker.
Die erste Single ‘Storm’ hingegen wollte mir am Anfang so gar nicht gefallen, stellt sich aber als echter Grower heraus und mittlerweile liebe ich die kraftvolle, raue Stimme des schwedischen Folk-Sängers Hakan Hemlin (Nordman), den ungewöhnlichen Drumbeat, die schöne Melodie und das packende Solo des Songs. Eine weitere positive Überraschung und der mit Sicherheit speziellste Track der Scheibe ist ‘Alkusointu’. Der 76-jährige, finnische Schauspieler, Musiker und Kabarettist Vesa-Matti Loiri liefert eine von Holopainen´s Leads begleitete, eindringliche Spoken-Words-Performance in seiner Muttersprache, bevor sich Saxophon und E-Gitarren ein episches Duell liefern.
Im abschließenden Dreierpack folgen dann die Songs, die man am ehesten als Metal bezeichnen kann. Mit dem typischen Wechsel aus Growl- und Clean-Anteilen verleiht Tomi Joutsen ‘In Her Solitude‘ einen Amorphis-Touch, das hymnisch-epische ‘Promising Sun’ präsentiert Björn “Speed” Strid (Soilwork, The Nightflight Orchestra) in Hochform und in ‘Fading Moon’ pendelt Anneke van Giersbergen mit ihrer unvergleichlichen Stimme zwischen Gothic Doom und Synthie-Pop. Insgesamt wahrlich keine schlechte Scheibe, von der ich aber insgeheim ein wenig mehr erwartet hatte.
Michael Gaspar vergibt 7,5 von 10 Punkten