SEASONS OF THE WOLF
Titel: ORNA VERUM
Label: IRON SHIELD RECORDS
Spieldauer: 49:12 Minuten
VÖ: 26. April 2024
Jaaa, „nur“ sechs Jahre nach ihrem letzten Meisterwerk „Last Act Of Defiance“ veröffentlichen die bereits 35 Jahren aktiven und seit jeher sträflich unterbewerteten US-Metaller/Rocker SEASONS OF THE WOLF endlich ihr sechstes Album „Orna Verum“. Spoiler: Musikalisch geht die Band ein wenig „back to the roots“ und veröffentlicht die vielleicht „rockigste“ Scheibe seit ihrem selbstbetitelten Debüt von 1996. Bin mir selbst noch nicht ganz sicher, ob ich sie dafür etwas hassen oder noch etwas mehr lieben soll…
SEASONS OF THE WOLF
Spätestens seit ihrem zweiten Album „Lost In Hell“ (1999) beglückt uns diese Ausnahmeband aus Floria mit einer nie ganz vorhersehbaren, aber fast immer mitreissenden Mischung aus klassischem bis epischem Metal, kauzigem NWoBHM, eingängigem Hardrock und atmosphärischem bis proggigem Classic Rock. Je nach Bedarf untermalen SEASONS OF THE WOLF ihre Songs dabei auch gerne mal mit wahlweise spacigen, sakralen oder einfach nur bombastischen Keyboard- bzw. Hammondeinsätzen.
Hier mal eine Liste von Bands, an die mich der Sound von SEASONS OF THE WOLF auf ihren bisherigen Alben bereits erinnert hat: Picture, Vortex, Uriah Heep und Deep Purple, Metal Church, Manilla Road, Mercyful Fate, Savatage, Gatekeeper, (düstere) Overkill, Eloy, Rage, Vanden Plas, Royal Hunt, alte Maiden und Priest sowie diverse NWoBHM-Acts wie die Tygers of Pan Tang oder die göttlichen Stormtrooper. Irgendwie schaffen es die Amerikaner immer, all diese Einflüsse zu stimmigen Songs und Alben zu verarbeiten.
Eine wichtige Personalie gibt es leider zu vermelden: Sänger Wes Edward Waddell, der mich immer an David Wayne (Metal Church, Reverend, R.I.P.) und Blitz (Overkill) erinnert hat, hat die Band leider verlassen. Somit verbleibt mit Bruder und Gitarrist Barry Waddell nur noch ein Gründungsmitglied. Ersetzt wurde Waddell durch den mir bisher unbekannten Robert Vaughn Baxter, der mit seiner etwas rockigeren und wärmeren Stimme nicht ganz so prägnant, vielleicht aber sogar „massenkompatibler“ rüberkommt.
ORNA VERUM
Keine Ahnung, ob es mit dem Sängerwechsel oder einer prinzipiellen Weiterentwicklung der Band zusammenhängt, aber wie eingangs erwähnt: Stilistisch (als auch soundtechnisch) sind SEASONS OF THE WOLF auf ihrer neuen Scheibe tendenziell bzw. im direkten Vergleich zu ihren vorherigen Alben eher rockig als metallisch unterwegs. Langweilig wird das aber glücklicherweise bei Weitem nicht.
Alle Uptempo-Songs sind imho ziemliche Volltreffer: Der Opener ‚Reignite The Sun‘, ‚Stella Magnetica‘ ‚Hopes And Fears‘, ‚Rise Up‘ sowie der fantastische Closer ‚Once More Unto The Breach‘ (sorry, so cool bzw. oldschool klangen Priest seit Painkiller nicht mehr!) vereinen in unterschiedlicher Gewichtung geilste Maiden-, Priest- und Purple-Vibes mit etwas AOR-Eingängigkeit und Keyboard-/Hammond-Power.
Ähnlich stark sind aber auch die meisten Midtempo-Songs: ‚Supernatural‘ erinnert ein wenig an die kultigen Holländer Vortex gepaart mit Purple- und AOR-Vibes. ‚Black Swamp Gypsy‘ schwankt saucool fett zwischen Purple, Southern Rock und Blues. Und „Mortuary Man“ klingt wie rhythmisch-groovige Mercyful-Fate. Gerade hier beweist die Band einfach mal wieder ihre – hohoho – „Bandbreite“.
Zwei vielleicht nicht herzzereissende, aber definitiv überdurchschnittliche und hörenswerte (Halb-)Balladen gibt es mit ‚Rain‘ (Maiden und Paul Di’Anno lassen grüssen) und dem epischen ‚Coat Of Arms‘.
FAZIT
„Orna Verum“ ist ein klasse Album mit zahlreichen tollen Songs. Obwohl SEASONS OF THE WOLF stilistisch weiterhin zwischen einigen Stühlen sitzen, klingen sie heute kompakter denn je und sollten mit diesem Album verdientermaßen endlich/hoffentlich auch mal ein paar mehr Fans – vor allem auch der zahlreichen oben genannten Bands – erreichen.
An die beiden 9,5-Punkte-Götterwerke „Once In A Blue Moon“ (2007) und ‚Last Act Of Deviance“ (2018) kommt es für mich persönlich nicht ran. Trotzdem habe ich es jetzt tatsächlich schon häufiger und genussvoller angehört als alle – imho eher langweiligeren – Maiden- und Priest-Alben der letzten 30 Jahre zusammen. Ich habe aber auch nie behauptet, normal zu sein… 😉
Joe Nollek vergibt 8,5 von 10 Punkten