
SEASONS IN BLACK
Titel: ANTHROPOCENE
Label: Apostasy Records
Spieldauer: 45:19 Minuten
VÖ: 4 Juli 2025
Im Bayerischen Wald wurde 1996 Seasons in Black gegründet. Ursprünglich war die Band als Black Metal Projekt gedacht, doch man entschied sich anders – zum Glück, wie ich finde – und nun zocken die Bayern um Ludwig “Lucki” Maurer Doomcore, einen Mix aus Gothic, Hardcore und Groove Metal. Bei wem es jetzt klingelt, wenn er den Namen Ludwig Maurer hört, dem sei gesagt, dass man den bayerischen Musiker auch des Öfteren im TV sieht. Lucki war bereits auf VOX in “Kitchen Impossible” und “Grill den Henssler” zu sehen, es gibt eine Doku Serie “In 80 Steaks um die Welt” (n-tv), auch in “The Taste” auf Sat.1 und 2024 in “Kühlschrank öffne Dich” – im Team mit Matthias Gfrörer – sah man den Buchautor und Züchter von Bio-Wagyū-Rindern. “Lucki” war auch des Öfteren in der Show “Ringlstetter” zu sehen, die nach 250 Folgen kürzlich endete. Hannes und Lucki verbindet nicht “nur” die Tatsache, dass sie beide aus Bayern kommen und Buchautoren sind, Ringlstetter ist ebenfalls Musiker. 2012 startete der Kabarettist mit befreundeten Musikern das Projekt “Ringl on Fire”, das er von 2013 bis 2015 auf der Bühne zeigte und auf einer mit der Band THE GOOD OLD LOSERS COMPANY eingespielten CD veröffentlichte. Ringlstetter spielte darin umarrangierte Country-Klassiker und eigene Stücke im Country-Stil. Warum ich das erzähle? Nun, Lucki (Vocals, Bass), Roman Adam (Guitar), Harald Hemauer (Drums), Markus Neumeier (Keys, Vocals) und Leon Hanff (Lead Guitar) haben einige Gastmusiker an Bord, darunter Hannes Ringlstetter, der in den Songs ‘World Wide Venom’ und ‘Forsaken’ zu hören ist.
Von SEASONS IN BLACK gibt es zwei Langspieler. 2004 kam “Deadtime Stories” raus, damals noch ohne Label. Das änderte sich 2005 mit Black Attakk Records, die das Album unter ihrer Flagge nochmals veröffentlichten. 2013 erschien “The Swansong Diearies” als Independent Release und die Split EP “Blütenphantasie” erschien 2002 mit je zwei Songs von SEASONS IN BLACK und SEELENSCHMERZ. Nun liegen zwischen dem ersten und dem zweiten SiB Album neun Jahre, ganze zwölf sind es, wenn “Anthropocene” am 04. Juli über das Label APOSTASY RECORDS erscheint.
In meinem Interview mit Ludwig Maurer sagt der Sänger auf die Frage: Was ist die Idee hinter dem Albumnamen “Anthropocene”?
Lucki: “Anthropocene” ist unser drittes Album und der Titel bezeichnet das Zeitalter, ab dem der Einfluss des Menschen auf unseren Planeten nicht mehr von der Hand zu weisen war. Als Startpunkt dieser Epoche gilt das erstmalige Zünden einer Atombombe – der sogenannte Trinity Test, wieder die drei. Das Albumcover – wunderschön dargestellt vom englischen Künstler Adrian Baxter – zeigt dabei das inhaltliche Konzept in dem das menschliche Gift (‘World Wide Venom’) aus Dummheit, Gier und Ignoranz im Zentrum steht und dazu führt, dass wir die neun planetaren Grenzen außen herum, mehr und mehr überschreiten und so auf das dunkelste Zeitalter der Menschheit zuschreiten (‘Forsaken’). Als Menschen haben wir uns so selbst eine Vielzahl riesiger Herausforderungen gebaut, doch statt sich diesen zu stellen, arbeiten wir lieber weiter daran, uns gegenseitig auf die Rübe zu hauen – willkommen im Neandertal – frei nach EAV…
Mit neun Songs und einer Spielzeit von 45 Minuten wird “Anthropocene” auf limitiertem Vinyl in verschiedenen Farben erscheinen, außerdem gibt es eine sehr limitierte Liquid Vinyl Variante (40 Stück), die bereits auf dem Mockup genial aussieht. CD, MC und digitale Variante sind natürlich auch verfügbar. Als Vorgeschmack wurde der Song ‘Seasons In Black’ bereits Mitte Mai rausgehauen, die Kommentare auf YouTube und die bisherigen über 42.000 Aufrufe sprechen für den Song – klickt euch einfach mal rein und schüttelt die Mähne zu diesem Neckbreaker! “Anthropocene” startet jedoch mit ‘World Wide Venom’, dessen düsterer Groove sich ins Ohr gräbt, genauso wie der doomig-bedrohliche Gesang von Lucki, der fesselnd und atmosphärisch zugleich ist. Danach sind ‘Seasons in Black’ und ‘You Get What You Give’ an der Reihe. In letzterem Song entwickelt sich der mehrstimmige Refrain zum Ohrwurm, hier sind Michelle Darkness (END OF GREEN) und die bayerische Sängerin Marina Koller zu hören – das Setting finde ich richtig cool und abwechslungsreich. “Böser” geht es in ‘Yellow Sky’ zu. Der Song startet mit dem Sound eines Geigerzählers – wer 1 und 1 zusammenzählt wird ahnen um was es in diesem bockstarken Track geht. Hier ist auch die Gelegenheit groß, sich das Artwork näher zu betrachten, denn jedem der neun Songs ist ein Symbol auf der äußeren Umrandung zugeordnet. Was die Spoken Words in russischer Sprache bedeuten, hat Lucki im Interview mit mir verraten. Mit ‘Inside’ treten wir zusammen mit SiB eine Reise in die 90er an, wer erinnert sich nicht an die Jeanswerbung die damals rauf und runter lief. In diesem verdammt guten Cover des 90er Hits sind mit Micha Rhein und Specki von IN EXTREMO zwei weitere Gäste am Start. In ‘Blacksite’ dürfte es um Gefängnisse gehen, die geheim von den USA betrieben wurden – außerhalb der eigenen Landesgrenzen. ‘Blacksite’ mit seinem zerstörerischen Groove, das brutal wuchtige ‘Fatal Fallout’ und die wütende Nummer ‘Hell Again’ drücken gewaltig und ‘Forsaken’, bei dem Mila Schütz im Intro singt, ist eine schwarze Walze, deren Lyrik ebenso zum Nachdenken anregt wie die der acht Songs zuvor.
Das Warten hat sich gelohnt! “Anthropocene” ist kein Album, das man einfach so konsumiert, es ist eine Platte, die man sich mit Lyricsheet, Cover Artwork, kühlem Getränk und Snacks laut ballert. SEASONS IN BLACK liefern hier ein grandioses Doomcore-Werk ab, das mit Groove und Atmosphäre überzeugt. Lucki Maurer und seine Jungs an den Instrumenten zeigen eine beeindruckende Bandbreite an unter die Haut gehenden Melodien und ein gutes Gespür für Arrangements und Gäste, die den Songs etwas besonderes verleihen. Die Vielfalt an Stimmen und Stimmungen sorgt dafür, dass das Album trotz seiner doomigen Schwere abwechslungsreich bleibt. Die Tracks haben verschiedene “Schmankerl”, um im bayerischen zu bleiben, und das sind nicht nur die Gastmusiker, sondern auch Soundeffekte wie Geigerzähler, oder die sich schließende Zellentür zu Beginn von ‘Blacksite”. Das durchdachte Artwork unterstreicht die inhaltliche Tiefe zusätzlich und lädt zum Entdecken ein. “Anthropocene” ist somit mehr als ein Metal-Album – es ist eine düstere Reise und ein eindrucksvoller Beweis dafür, dass SEASONS IN BLACK zu den spannendsten Bands 2025 gehören und sie mit ihrem neuen Album eindrucksvoll zeigen, das die Doomcore-Szene lebt. Um es auf den Punkt zu bringen: “Anthropocene” ist das erste Highlight der zweiten Hälfte von 2025!
Tobi Stahl vergibt 9,5 von 10 Punkten