RIPTYDE – OF CONQUEST AND DOWNFALL

RIPTYDE

Titel: OF CONQUEST AND DOWNFALL

Label: Independent

Spieldauer: 75:11 Minuten

Als die Päpste im Mittelalter riefen, das Kreuz zu nehmen und gen Orient zu ziehen, machten einige der Kreuzfahrer einen Umweg. Sie besuchten in Essen, im Land der rauchenden Essen die Plattnerei Hammer und Söhne, um sich dort eine standesgemäße Rüstung schmieden zu lassen. Das hatte Nachwirkungen bis in die Neuzeit. Die Waffenschmiederei hat den hiesigen Industriellen so viel eingebracht, man sehe sich nur einmal die Villa Hügel an. Dafür ist die Erde völlig durchlöchert worden, auf der Suche nach Kohle.

Im Ernst, die Zeit der Kreuzzüge hat schon eine gewisse Anziehungskraft auf den Heavy Metal. Die Essener RIPTYDE sind nicht die ersten, die eine Reise in finstere Mittelalter antreten. Mit ihrem Debüt, einem Konzeptalbum, erzählen sie aus diesen Zeiten. Diese Reise zusammen mit dem Quintett anzutreten, das lohnt sich.

Musikalisch sind die Jungs im klassischen Heavy Metal und Power Metal verwurzelt. Um es gleich klar zu sagen, damit ist nicht die Schimpfwort-Plastik-Variante gemeint. RIPTYDE bestechen vor allem durch ihre ungeheure Energie und Spielfreude. Vorweg nennen möchte ich Sänger André Zwierzina. Auch ohne das kleine Infoblatt gelesen zu haben, ist mir seine stimmliche Nähe zu Hansi Kürsch aufgefallen. Und ein wenig scheint er auch von Peavy beeinflusst. Kompositorisch kommt immer wieder der schmale Grat zwischen den energischen Attacken von Rage und dem sparsam genutzten Bombast von Blind Guardian zum Tragen.

Das rührt sicher auch von den Gitarren. Sebastian Wronker (nein, nicht Wonka, das wäre fast schon zuckerfreie Schokolade) kommt von der Death Thrash Combo Interdiction. Das lässt er auch immer wieder raus. Für den melodischen Part der Gitarrenarbeit sorgt Jan Imalis-Powalla. Die beiden ergänzen sich hervorragend. Sie sorgen zum einen für eine recht unbändige Energie, aber auch für fesselnde Melodien. Auch wenn siebzehn Songs schon ziemlich lang sind, da geht die Aufnahmefähigkeit schon mal etwas verloren. Bassist André Heinen zeichnet auch für die effektiv und sparsam eingesetzten Keyboards, die die Stimmung unterstreichen, statt sie zu verwässern. Nicht zuletzt sollte man auch noch das flotte, treibende Drumming von Matthias Lange erwähnen, der von rasant treibend bis schwer groovend so ziemlich alles abdeckt.

So haben die Jungs sich einen wirklich schönen Platz ausgesucht. Da findet man Saxonsche Motive in ´Take The Cross´, lässt sich in ´The Leper King´ auf Manowar-Motive ein. Und ´Blood In The Sand´ hätte gern ausführlicher und länger mit seinen Orientalismen spielen dürfen. Dieses Debüt ist ein kleines, gelungenes und rundes Stück Musik, in dem Klänge und Inhalte spannend miteinander verwoben sind. RIPTYDE zeigen, dass das Ruhrgebiet immer noch ein guter Ort ist, um edlen Stahl zu schmieden.

Mario Wolski vergibt 7,5 von 10 Punkten