RHAPSODY OF FIRE – CHALLENGE THE WIND

RHAPSODY OF FIRE

Titel: CHALLENGE THE WIND

Label: AFM Records

Spieldauer: 63:27 Minuten

VÖ: 31. Mai 2024

Im Jahr 2019 starteten RHAPSODY OF FIRE ihre “The Nephilim’s Empire” Saga mit dem Album “The Eighth Mountain”, das gleichzeitig Veränderungen im Line-up der Italiener mit sich brachte. Geschrieben von Alex Staropoli und Roberto De Micheli, ist es die erste Saga, die nicht aus der Feder von Luca Turilli stammt, der bereits 2011 aus der Band ausschied. Außerdem war “The Eighth Mountain” auch der erste Studiodreher ohne Sänger Fabio Lione und Schlagzeuger Alex Holzwarth, der seit “Symphony of Enchanted Lands” (1998) für die Italiener trommelte. Fortan sang Giacomo Voli für RHAPSODY OF FIRE, während Drummer-Ersatz Manu Lotter nur dieses eine Album eintrommelte. Schon für Teil 2 der “The Nephilim’s Empire” Saga haute Paolo Marchesich auf die Trommeln, was er auch heute noch macht. Apropo Teil 2, der heißt “Glory For Salvation” und kam im Anschluss an die im Juni 2021 veröffentlichte EP “I’ll Be Your Hero” am 26. November 2021 raus.

Fast drei Jahre nach Teil II der Saga setzen die bereits erwähnten Giacomo Voli (Vocals) und Paolo Marchesich (Drums) mit ihren Bandkollegen Alex Staropoli (Keyboards), Roby De Micheli (Guitars) und Alessandro Sala (Bass) die Geschichte in “Challenge The Wind” fort. Im Zentrum der “The Nephilim’s Empire” Saga steht eine Parabel auf die Entwicklung des Individuums und das Erkennen des eigenen Ichs. Für die einzelnen Bandmitglieder ist die Story eine Metapher.

De Micheli:
Es geht darum, dass jeder Mensch zum Helden werden kann. Nicht automatisch oder bereits von Geburt an, sondern durch das, was er aus seinem Leben macht, ob er Anderen hilft und sich zu einem empathischen und fürsorglichen Geschöpf entwickelt. Jeder Mensch kann am Ende seines Lebens zum Helden werden.

Seeb Levermann (Orden Ogan) produzierte “Challenge The Wind” zusammen mit Alex Staropoli. Den Mix erledigte ebenfalls Levermann. Mit Vorfreude habe ich die bereits veröffentlichten Singles gehört, welche die Symphonic-Power-Metaller aus Italien vorab veröffentlichten und auch alle Videos angesehen, die immer etwas besonderes sind. Den Anfang machte ‘Kreel’s Magic Staff’ und das vor gut einem Jahr – am 12. Mai 2023. Die Italiener überraschten alle mit dem Song, der eben jenen magischen Stab im Fokus hat und ihn im Lyric Video näher beleuchtet.

RHAPSODY OF FIRE kommentierten damals so:
Liebe Fans, Freundinnen und Freunde, wir veröffentlichen heute die erste Single, die auf dem nächsten und dritten Studioalbum unserer “Nephilim Empire”-Saga zu hören sein wird. Jedes einzelne Bandmitglied hat hier sehr viel geleistet, um die Messlatte noch höher zu legen. ‘Kreel’s Magic Staff’ stellt den Beginn einer orchestralen Klangreise dar, die euch wieder mitten in unsere Fantasiewelt führt.
(Quelle: https://www.afm-records.de)

Am 29. Februar folgte die Singleauskopplung zum Titelsong ‘Challenge The Wind’, erneut mit einem Video, bei dem die Band zu sehen ist, eine Art Performance-Video, wenn man so will. Schon dieser Track kam mit einer dicken Portion mehr Speed angerauscht und steigerte die Vorfreude auf das Album immens.

Staropoli über die Single:
‘Challenge The Wind’ ist ein weiteres starkes musikalisches Statement der Band. Geschwindigkeit, Energie, Orchestrierungen, messerscharfe Gitarren, fantastische Vocals und Chöre; ein epischer Sound. Macht euch bereit, umgehauen zu werden, das gesamte Album wird euch bis ins Mark erschüttern!
(Quelle: https://www.afm-records.de)

Den Worten des Keyboarders ist an dieser Stelle nichts hinzuzufügen, außer dass auch er einen richtig guten Job macht bei diesem Song.

Gut einen Monat später, am 29. März 2024, wurde ‘A Brave New Hope’ präsentiert, inklusive einem Lyric-Video, das (vermutlich) mit KI-Bildern gestaltet wurde. Hier gibt es den klaren unterschied zu einigen anderen Videos die mit KI-Bildern ausgestattet wurden, als das RHAPSODY OF FIRE Spezialeffekte hinzufügen und Fantasy-Fans in ihren Bann und anhand der Bilder mitten in das Schlachtengetümmel ziehen können.

Hierzu sagt Alex Staropoli:
‘’A Brave New Hope’ ist wahrscheinlich der eingängigste Song des Albums, mit vielen Gesangsharmonien und einem sehr coolen Gitarrensolo. Der Text des Refrains lässt euch tief in die Geschichte eintauchen.

Am 03. Mai erschien die bisher aktuellste Single ‘Diamond Claws’, ein ebenfalls schneller Song, der Headbangern und Luftgitarristen gefallen wird. ‘Diamond Claws’ handelt von einem Falken aus Eis, “Terial” heißt und Kreel bei seinem Kampf gegen den Nephilim hilft. Der Falke ist auf dem mystischen Coverartwork an der Seite Kreels zu sehen.

So viel zu dem, was bisher über “Challenge The Wind” von RHAPSODY OF FIRE bekannt ist. Eines kristallisiert sich schon jetzt heraus und zwar das “Challenge The Wind” ein erneut starkes Album wird, das mit der gleichen Leidenschaft und dem gleichen Herzblut aufgenommen wurde wie seine Vorgänger. Ein letztes Staropoli-Zitat zu ‘Challenge The Wind’, bevor wir in das Album eintauchen, sei erlaubt, denn das ist maßgeblich für die Scheibe:

Im Unterschied zu allen früheren Rhapsody Of Fire-Scheiben hat das aktuelle Album ausschließlich schnelle Songs und keine einzige Ballade. So viel Metal wie auf ‘Challenge The Wind’ gab es bei uns noch nie!

Tauchen wir also ein in die Vinyl-Ausgabe von ‘Challenge The Wind’, dem 15. Studioalbum von RoF und legen Seite A der auf 400 Exemplare limitierten und Orangeschwarz marmorierten Doppel-Vinyl auf. Doppel-Vinyl übrigens zurecht, dass ‘Challenge The Wind’ eine Spielzeit von 63:27 Minuten hat.

Los geht’s auf Seite A mit dem Titeltrack ‘Challenge The Wind’. Die Innenseite des Gatefolds ist mit den Lyrics bedruckt, ein bisschen klein wie ich finde, aber gerade noch lesbar. Gut, dass die weiße Schrift auf einem dunklen Hintergrund gedruckt ist. Der Song ist schon seit ein paar Wochen veröffentlicht und trotzdem zieht er mich in seinen Bann. Kreel macht sich mit Terial auf, um den Nephilim zu bekämpfen, wandelt seine Sorgen um in Feuer – eine gute Metapher für unseren Alltag, wie ich finde. Das Tempo ist genau richtig, der Gesang klasse und der Refrain bleibt im Kopf. So kann es gerne weitergehen. ‘ Whispers Of Doom’ bringt uns ein sehr geiles Gitarrensolo zum Auftakt, erzählt von Bezrael und einem Fluch und bleibt genauso temporeich wie der erste Song. Die Geschichte von Kreel und seinem Bruder wird in ‘The Bloody Pariah’ erzählt. Zwei Brüder, einer durch das Licht, der andere durch das Böse beeinflusst. Auch Song #3 auf Seite A ist energiegeladen, aber düsterer als die bisher gehörten. Wer genau hinhört, erkennt, dass der Gesang dramatischer ist als zuvor, was auch die Spannung erhöht, wie es denn wohl auf Seite B weitergehen wird – wir drehen die Seite um. Mit über 16 Minuten ist ‘Vanquished by Shadows’ der einzige Track auf der B-Seite und RHAPSODY OF FIRE stellen ihre Skills hinsichtlich des cineastischen, beziehungsweise Filmscore-Metal (klingt komisch, gibts aber anscheinend) exzellent zur Schau. Auch in diesem langen Song halten die Italiener ihr Versprechen: Es gibt keine langsamen oder balladesken Passagen auf “Challenge The Wind”, abgesehen von der sehr schönen instrumentalen Phase mit akustischer Gitarre und Keyboard. Danach gibt’s wieder Dramatik, Soundgewalt und Klänge vom Keyboardmeister Alex Staropoli wie man sie von RHAPSODY OF FIRE gewohnt ist, vielleicht sogar besser als zuvor?

Seite C beginnt etwas softer als A und B und zwar mit ‘Kreel’s Magic Staff’, zudem gibt es auch das Lyric-Video, das ich an dieser Stelle nochmal empfehlen möchte. Der Falke Terial wird in ‘Diamond Claws’ als “Heiliger Wachposten” besungen, was ich toll finde, da es eine Story rund um den Greifvogel erzählt. Spannend ist auch die Geschichte des ‘Black Wizard’, die zum Teil auch in italienischer Sprache gesungen wird. Abermals gehen RHAPSODY OF FIRE ins Tempo und liefern mit Keys, Gitarren und Drums einen perfekten Klangteppich für die Vocals. ‘A Brave New Hope’ startet Seite D und ist auch als Single mit Lyric-Video ausgekoppelt worden und das mit KI-Bildern wie oben erwähnt. Düster galoppiert ‘Holy Downfall’ los, variiert das Tempo, haut donnernde Drums raus und begeistert erneut mit Atmosphäre und Storytelling. ‘Mastered by the Dark’ ist leider schon das Finale von “Challenge The Wind” und auch wenn das Lied anfängt, als wäre es eine Ballade, es ist keine, lasst euch überraschen.

RHAPSODY OF FIRE sind und bleiben die Könige im Symphonic Power Metal Genre und werden diesem Thron auch mit “Challenge The Wind” gerecht. Was die Italiener an Vielfalt in musikalischer und Spannung in lyrischer Hinsicht kreieren, sucht ihresgleichen. Mit rasantem Gitarrenspiel, astreinem Keyboardklängen, Drums die richtig losfeuern können und eben jenem herausragenden Gesang, der die Story Kreels lebendig werden lässt, überzeugen RHAPSODY OF FIRE auch auf “Challenge The Wind” und laden jeden ein, der mit auf die Heldenreise gehen möchte. Wichtig ist aber die Message hinter der Story. Jeder kann auf seine eigene Art ein Held sein und viele sind es bereits, ohne es zu wissen oder sein zu wollen. “Challenge The Wind” ist in der Tat ein sehr schnelles Album, sicherlich das schnellste und metalhaltigste das RoF seit langem gemacht haben. Die Orchestrierung passt perfekt zu dem symphonischen Heavy/Power Metal der Band und wird vielleicht auch jenen gefallen, denen RHAPSODY OF FIRE bisher zu soft waren.

Die Vinyls sind in Papierhüllen untergebracht, leider ohne Polsterung. Die Taschen des Gatefolds sind damit auch leider zu eng, wenn man zum Schutz der Platten eine gepolsterte Hülle verwendet. Das ist natürlich sehr schade, denn nun müssen die Scheiben im Klappcover liegen, statt in den Seitentaschen. Farblich machen die beiden Dreher richtig was her. Die schwarze Maserung kommt richtig gut zur Geltung und auch die transparente orange Grundfarbe ist kräftig ausgeprägt – Sammler werden sich sicherlich freuen. Klanglich besiegt die Vinylausgabe die digitale Version um Längen und ein so soundgewaltiges Album sollte man ohnehin auf einem Schallplattenspieler drehen lassen.

Tobi Stahl vergibt 8,5 von 10 Punkten