
ORBIT CULTURE
Titel: DEATH ABOVE LIFE
Label: Century Media Records
Spieldauer: 53:24 Minuten
VÖ: 03. Oktober 2025
ORBIT CULTURE aus Schweden sind seit “Nija” (2020) und spätestens seit ihrem 2023er Album “Descent” kein Geheimtipp mehr, sondern bei vielen Genrefans des gepflegten Melo Death / Groove Metal wohl bekannt und auf den Zetteln weit oben. Gegründet wurden ORBIT CULTURE 2013 im schwedischen Eksjö durch Niklas Karlsson (Gesang/Rhythmusgitarre) und Maximilian Zinsmeister (Leadgitarre). Am Bass kam Christoffer Olsson hinzu und Markus Bladh schwang die Sticks an den Drums. Die ersten Songs wurden mit DIY-Equipment (z. B. SingStar-Mikrofon) aufgenommen. Zunächst kam ein selbstbetiteltes Demo raus und danach wurde die EP “Odyssey” veröffentlicht – die neben den fünf Songs des Demos auch fünf instrumentale Aufnahmen beinhaltet. 2014 ließen ORBIT CULTURE ihr Debütalbum “In Medias Res” von der Kette, 2016 das Zweitwerk “Rasen”, aus dem der Song ‘Sun of All’ besondere Aufmerksamkeit in der Szene bekam und bis heute über 1 Mio. Aufrufe auf YouTube erreichen konnte.
Ebenfalls 2016 kam es zu einem markanten Umbruch im Bandgefüge, denn zwei Gründungsmitglieder entschieden sich, andere Wege zu gehen. Leadgitarrist Maximilian Zinsmeister verließ die Gruppe, weil er sich stärker auf sein Studium konzentrieren wollte. Kurz darauf folgte auch Christoffer Olsson, der Bassist, der ebenfalls aus beruflichen und akademischen Gründen ausstieg. Beide Trennungen fanden im Sommer 2016 statt und stellten die Zukunft der Band zunächst auf die Probe. Doch noch im selben Jahr gelang es, die Lücken schnell zu schließen. Richard Hansson übernahm die Rolle des Leadgitarristen, während Fredrik Lennartsson den Bass übernahm. Mit dieser Besetzung veröffentlichte man die EP “Redfog” im Jahr 2018 und das mit großem Erfolg.
2019 folgte der bisher letzte Wechsel im Line-up: Christopher Wallerstedt ersetzte Markus Bladh. In dieser Konstellation sind ORBIT CULTURE heute noch zusammen – veröffentlichten aber erstmal “Nija” (2020), mit dem sie leider nicht auf Tour gehen konnten, denn die Pandemie begann. Wie viele Kollegen nutzte man die Zeit, und es kam zur 5-Track-EP “Shaman” und zu einer Compilation (2022). Nach der Pandemie konnte man endlich wieder auf die Bühne, man ging mit Thy Art Is Murder, Malevolence und Alpha Wolf auf Tour. Das bereits angesprochene Album “Descent” und die EP “The Forgotten” waren die letzten Studioscheiben bei Seek & Strike, denn mit Century Media schnappte sich ein großes Label die Schweden, die u. a. als Support von Machine Head (Nordamerika), Slipknot (Here Comes the Pain-Tour) sowie Bullet for My Valentine & Trivium (The Poisoned Ascendancy Tour) unterwegs waren – das kann man mal so machen.
2025 gehen ORBIT CULTURE in ihr “Debütjahr” bei Century Media und veröffentlichen am 03. Oktober ihren fünften Langdreher “Death Above Life”, über den ORBIT CULTURE-Gitarrist, Sänger und Songwriter Niklas Karlsson sagt:
“Das Album steht für einen Neuanfang. Es ruft positive und negative Emotionen hervor, aber insgesamt bedeutet es eine Veränderung zum Besseren. Es fühlt sich an wie eine Wiedergeburt.”
Ohne langes Intro, ohne Schnickschnack legen ORBIT CULTURE los – der Name des Openers ‘Inferna’ ist hier Programm. Die Schweden liefern markerschütternde Growls, sehr starken Klargesang, fette Bässe und druckvolle Gitarren – Groove Metal vom Feinsten! Doch das ist nicht alles, denn der über sechs Minuten lange Song birgt auch ruhige, nachdenkliche Momente – den größeren Anteil haben jedoch die typischen harten Momente, für die man bekannt ist.
Ein Blastbeat-Feuerwerk bricht in den ersten Sekunden von ‘Bloodhound’ über uns herein, diesen Feuerbällen aus der Schießbude folgen wütende Vocals – harsch und gut zu verstehen. Ich würde die Fans aber eher im Moshpit springen sehen als den Titel zu singen – sei es drum, hier ist für jeden was dabei, ob Mitgröhlen oder Wall of Death ist eure Entscheidung! Nach dem kompakten ‘Inside The Waves’ halten ORBIT CULTURE den Druck hoch – ‘The Tales Of War’ wird uns ins Gesicht und um die Ohren geballert.
„’The Tales Of War’ markiert den Beginn eines neuen Kapitels für ORBIT CULTURE. Während sich andere Songs im Laufe des Schreibprozesses weiterentwickelten und veränderten, blieb dieser Song von Anfang an genau so, wie er war. Er fängt alles ein, was ORBIT CULTURE ausmacht – die cineastischen Elemente, den Aufbau, die Strophen und den Refrain. Wir wussten von Anfang an, dass dies der erste Song sein musste, der diese neue Ära einleitet. Bei fast jeder Show, die wir je gespielt haben, haben wir diese langen, filmischen Intros verwendet, um die Stimmung zu erzeugen – aber dieses Mal dachten wir uns: Warum dieses Gefühl nicht direkt in den Song selbst einbauen? Auch wenn wir uns vorwärts bewegen und Teile unserer Vergangenheit hinter uns lassen, brauchten wir eine Brücke in die Zukunft – und dieser Track wurde zu dieser Brücke.”
Und was für eine Brücke ‘The Tales Of War’“ ist – zieht euch die Single rein und macht euch einen Eindruck von dem, was diese schwedischen Abrissbirnen zu bieten haben. Mit ‘Hydra’ loten OC die tiefgestimmte Härte noch weiter aus, die bereits im Titeltrack ‘Death Above Life’ zu hören war. Lyrisch geht es um das kompromisslose Loslassen und das endgültige Kappen belastender Dinge. Musikalisch walzt ‘Hydra’ mit tief gestimmten Gitarren und donnernden Drums nach vorne – als ob ein Monster über einen stampft. Für das Video haben sich die Jungs die epischen Dune-Bilder zum Vorbild genommen und sind dafür mitten in die kalifornische Wüste gezogen. Kein Greenscreen, keine Tricks – nur vier verschwitzte Schweden in glühender Hitze und jede Menge Staub. Seht es euch an und lasst euch von den verdammten Drums in Grund und Boden ballern. Ein weiterer Pluspunkt des Liedes ist die Tatsache, dass man denkt, es wäre vorbei, dann aber der nächste Groove-Hammer einschlägt.
Auch ‘Nerve’ wurde als Single ausgekoppelt – ein brachialer und bockstarker Song, der ältere Elemente des OC-Sounds wieder aufleben lässt und euch headbangen lässt. ‘Death Above Life’ ist der Titelsong, der keinen Stein auf dem anderen lässt, finster, wuchtiger und stärker aus den Boxen knallt und die Horror-Atmosphäre schafft, die man von ORBIT CULTURE erwartet und liebt. Inhaltlich geht es um eine klare Entscheidung – sich von falschen Menschen und blockierenden Umständen zu lösen. ‘Death Above Life’ steht dabei nicht für den Tod im wörtlichen Sinn, sondern für das bewusste Loslassen dessen, was nicht mehr passt, um Platz für etwas Echtes zu schaffen – wer kennt das nicht.
Ein weiterer, knapp über vier Minuten dauernder Gesichtsglätter ist mit ‘The Storm’ am Start, und auch ‘Neural Collapse’ fährt die druckgefüllten Wände hoch und lässt Growls, gewaltige Drums und tonnenschwere Gitarrenvibes auf den Hörer niederprasseln. Ganz anders ist die Stimmung in ‘The Path I Walk’, der Death Above Life melancholisch und viele Ecken ruhiger abschließt – holt schon mal eure Tempos, dieser Übersong geht an die Nieren und der Gesang ins Herz!
Mit “Death Above Life” liefern ORBIT CULTURE ein Brett, das in allen Disziplinen punktet. Der Gesang von Niklas Karlsson wechselt gekonnt zwischen markerschütternden Growls und starkem Klargesang – ein Wechselbad, das direkt unter die Haut geht. Die Gitarren fahren tonnenschwere Riffs und messerscharfe Leads auf, mal walzend, mal melodisch, immer mit Druck und Groove. Der Bass dröhnt fett aus den Boxen, gibt den Songs Tiefe und Wucht, während die Drums ein wahres Blastbeat- und Doublebass-Feuerwerk abfackeln – präzise, gnadenlos und doch variabel. Hier greift alles ineinander: Groove, Power und Atmosphäre – eine Abrissbirne von einem Album, die sowohl fürs Moshpit als auch fürs Kopfnicken zu Hause gemacht ist.
Tobi Stahl vergibt 9 von 10 Punkten