NERGARD
Titel: ETERNAL WHITE
Label: PRIDE & JOY MUSIC
Spieldauer: 51:59 Minuten
Die Symphoniker NERGARD wurden 2010 vom gleichnamigen, norwegischen Musiker und Mastermind als Studioprojekt mit wechselnder Besetzung gegründet. Zum mittlerweile stabilen Lineup gehören neben Andreas Nergard Gitarrist Orjan Halsan sowie die drei Lead-Sänger*innen Stefani Keogh, Andi Karvljaca und Mathias Molund Indergard. Der dritte Longplayer “Eternal White” ist ein Konzeptalbum, das die tragische Geschichte über den Todesmarsch der Karolinger im Jahre 1719 erzählt, als 3700 schwedische und finnische Soldaten auf dem Rückzug von der missglückten Invasion Norwegens der klirrenden Kälte zum Opfer fielen. Berichtet wird die Begebenheit in zehn, meist überlangen Songs in Form von hochkarätiger Musik im Stil von Nightwish, Kamelot und Avantasia, dargeboten von einem dynamischen Lineup. Soweit jedenfalls die Theorie und der eigene Anspruch der beteiligten Akteure. Doch leider plätschern die meisten Songs so vor sich hin und wirken eigenartig unausgewogen und überfrachtet. Hier noch eine Orchestrierung, da noch ein Solo, ein paar Chöre und sehr viel Keyboardeinsatz kennzeichnen den Sound der multinationalen Truppe. Dabei wirken die Kompositionen nicht organisch, sondern klingen irgendwie gestückelt und nach einem modernen Entstehungs- und Aufnahmeprozess, in dem das Zusammenfügen der einzelnen Parts misslungen ist. Die drei Fronter geben sich gegenseitig das Mikro in die Hand, ihre Stimmen wollen in den verschiedenen Konstellationen jedoch nicht so recht harmonieren. Oft sind sie auch zu leise und/oder einfach nicht stark genug für diese Art des symphonischen Ansatzes und um gegen die schier übermächtige Soundwand anzukommen. Zudem sorgen einige seltsame, zumindest gewöhnungsbedürftige, weibliche Growls für Verwirrung.
Und dann kommt von irgendwo ein herausragender Lichtblick namens ‘From The Cradle To The Grave’ daher. Eine flotte, eingängige Nummer mit einem Hammer-Chorus und einem knackigen Solo. Leider fällt die euphorische Stimmung beim folgenden, genauso ruhigen wie belanglosen ‘Carry Me’ unmittelbar wieder in sich zusammen. Ein weiteres, kleines Highlight ist, das von Sänger und Multi-Intrumentalist Karvljaca komponierte, ‘Where No One Would Shed A Tear’. Noch dominantere Elektrobeats, ein spannender Rhythmus und großartige Chöre lassen aufhorchen. Ein ungewöhnlicher Beat, schöne Melodien, der klare Gesang der ohnehin herausragenden Stefani Keogh und lange, virtuose Soli nehmen im folgenden ‘Downfall’ die Stimmung auf. Leider schließt sich mit ‘Now barely Three’ der absolute Tiefpunkt der Scheibe an. Wer gedacht hatte, Tim ‘Ripper’ Owens zeigt den drei leicht überforderten Kollegen hier jetzt mal, wie der metallische Hase läuft, wird bitter enttäuscht. Sein Gastbeitrag wirkt störend und ist sicherlich auch nicht gerade seine beste musikalische Leistung. Zu allem Überfluss treten erneut diese merkwürdigen, femininen Vocals und wilde Orchesterparts hinzu. Schließlich weiß die kraftvolle Ballade ‘Erasing The Memories’ nochmals zu gefallen und vermag, für einen versöhnlichen Abschluss zu sorgen. Insgesamt eine durchwachsene Platte mit hohem Anspruch, viel Durchschnittsware, einem absoluten Highlight und einem totalen Rohrkrepierer.
Michael Gaspar vergibt 6 von 10 Punkten