
NAILED TO OBSCURITY
Titel: GENERATION OF THE VOID
Label: Nuclear Blast
Spieldauer: 57:43 Minuten
VÖ: 05. September 2025
We carve ourselves into the illusion of individuality, yet dissolve into the same hollow mold —
stripped of depth, stripped of truth. Drawn to the void, both abyss and desire, we surrender to
its pull, blind to the collapse beneath our feet. The air grows heavy with decay, the earth
fractures under the weight of greed, and the flames of a dying world lick at our heels. But the
real ruin festers within — silent, corrosive. We lose ourselves in the noise, numbing the
fractures in our minds, drowning in the emptiness we pretend not to feel. And still, we
march — distracted, divided, and complicit — toward a future we no longer believe in.
NAILED TO OBSCURITY treten aktuell als Quintett an – mit Raimund Ennenga am Gesang, den beiden Gründern Jan-Ole Lamberti und Volker Dieken an den Gitarren, Jann Hillrichs am Schlagzeug und Lutz Neemann am Bass. Ennenga prägt seit 2012 die Stimme der Band (u. a. Burial Vault), Lamberti/Dieken tragen das Projekt seit 2005 aus dem ostfriesischen Esens heraus, und Hillrichs sitzt seit 2006 an den Drums. 2007 veröffentlichten NAILED TO OBSCURITY ihr Debüt “Abyss” als Eigenpressung und behaupteten sich in einer Szene, in der viele Gruppen untergingen, statt ihr Können zeigen zu dürfen. Mit frühen Besetzungswechseln und klanglichen Transformationen formten die Jungs ihren melancholischen, zugleich wuchtigen Sound, der mit “Opaque” (2013) und “King Delusion” (2017) über Apostasy Records neue Höhen erreichte. Diese Alben markierten – nach dem Einstieg von Sänger Raimund Ennenga 2012 – die ersten Schritte vom lokalen Underground-Act zur ernstzunehmenden, international tourenden Formation. Bald folgte der Vertrag bei Nuclear Blast, und im Januar 2019 erschien “Black Frost”, das die Band auf die Bühnen Europas und Nordamerikas brachte. 2022 legten NAILED TO OBSCURITY mit den Singles ‘Liquid Mourning’ und ‘Clouded Frame’ nach, beide auf “Generation Of The Void” enthalten. Sie zeigten die Weiterentwicklung des Sounds und bereiteten die Bühne für das, was kommen sollte. Im Mai 2024 kam es zur letzten Änderung im Line-up: Bassist, Freund und Tour-Gefährte Neemann löste nach 17 Jahren Carsten Schorn ab, den die Band öffentlich verabschiedete.
“Generation Of The Void” entstand zwischen 2021 und 2024. Gitarren, Bass und Schlagzeug wurden in den Woodshed Studios in Landshut eingespielt, die Vocals nahm Jacob Hansen in den Hansen Studios in Ribe (Dänemark) auf. Synths und zusätzliche Gitarrenspuren steuerte Jan-Ole Lamberti im Band-HQ in Ostfriesland bei. Produziert wurde gemeinsam von V. Santura, Jacob Hansen und Lamberti, Mix und Master übernahm Hansen. Artwork und Layout stammen vom renommierten Künstler Giannis Nakos und spiegeln die dunklen, introspektiven Themen der Platte wider.
Die Band verrät:
“Generation Of The Void” markiert eine neue Ära für NAILED TO OBSCURITY. Härter, dunkler, dynamischer als alles, was wir bisher gemacht haben. Dieses Album ist das Ergebnis jahrelanger Entwicklung. Und es ist unsere bisher atmosphärischste und intensivste Reise, auf der wir alle Grenzen, die wir uns je gesetzt haben, überschreiten.
Thematisch dreht sich die Scheibe um die Unruhen der Post-Pandemie-Ära, die Schatten des Krieges in Europa und die unerbittlichen Veränderungen wider, die die gesamte Menschheit betreffen. Neben dem politischen und sozialen Kommentar taucht das Album auch tief in persönliche Kämpfe ein. Es konfrontiert mit Themen wie dunklen Emotionen, Depression und Angst – die nach COVID wohl noch mehr Menschen ereilten als jemals zuvor.
Mit “Generation Of The Void” laden NAILED TO OBSCURITY euch in den Abgrund ein. Die Leere ist gewaltig. Die Leere ist real. Und sie ruft. Bereitet euch auf den Abstieg vor.
Na dann wollen wir mal loslegen mit der Review über “Generation Of The Void” und starten mit dem Opener ‘Glass Bleeding’. Er baut kurz Spannung auf – man glaubt zunächst, ein Intro zu hören – doch die Jungs fetzen sofort mit Tempo und dunklen Growls los, um dann “einfach” in doomige, ruhige Gewässer zu wechseln, getragen vom klangvollen Klargesang Raimunds, dessen Clear-Voice man ebenso gerne lauscht. Diese Wechsel aus druckvollem Melo Death und Doom Metal ziehen sich durch den gesamten Song. ‘Liquid Mourning’ beginnt ebenfalls knackig und macht dann in Atmosphäre und Gesang den Jungs von Amorphis Konkurrenz – klar, anderes Genre, trotzdem erlaubt sich der Vergleich, denn auch Growls, Gitarren, Basslines und Drums sind herrlich schwedischer Natur. Wüsste man es nicht besser, könnte man NTO in Skandinavien verorten.
Sänger Raimund Ennenga über ‘Liquid Mourning’:
Man kann den Zustand der Trauer häufig nur schwer hinter sich lassen, aber eine gequälte Seele ist sehr zerbrechlich und muss darauf achten, dass die Lava aus Kummer nicht zu Obsidian aushärtet. In ‘Liquid Mourning’ verliert sich ein Geist im Schmerz und wird dabei immer weiter eingeengt von einem brüchigen Sarg, als die flüssige Trauer scheinbar immer mehr erstarrt und hart wird…
‘Overcast’ rollt im “typischen” Düstergewand der Norddeutschen mit aller Wucht heran. Beeindruckend, wie NAILED TO OBSCURITY auf “Generation Of The Void” die Intensität bis hierhin stetig steigern und den Hörer gezielt in Klangwände aus fetten Riffs, drückenden Bässen, starken Vocals und dichter Atmosphäre drücken. In ‘Spirit Corrosion’ sorgen sanfte “Ohhhh Ohhhh”-Gesänge für eine ungewohnte, aber eindringliche Stimmung, auch die cleanen Vocals klingen hier noch bemerkenswerter. Der Titeltrack ‘Generation Of The Void’ hämmert intensiv los, die tiefen Bässe bringen den Boden zum Vibrieren. Der Song verzichtet auf Growls, bewegt sich überwiegend in ruhigen Fahrwassern und lebt von herausragenden Instrumentalpassagen und faszinierenden Melodiebögen. In der Live-Fassung dürfte er noch eindrucksvoller wirken – für mich bisher der stärkste des Albums, auch ohne Growls!
‘Generation Of The Void’ ist ein Spiegel, der einer Welt vorgehalten wird, die sich zunehmend entfremdet anfühlt. Wir haben versucht, das überwältigende Gefühl des Unbehagens einzufangen, das unsere Zeit bestimmt, aber auch die inneren Kämpfe, denen wir alle gegenüberstehen. Es ist ein Song, der aus dem Chaos entstanden ist, aber auch aus dem Wunsch, zu verstehen und zu ertragen.
Mit über acht Minuten Spielzeit ist ‘Echo Attempt’ der “Langstreckenmeister” der Platte – zugleich das Stück, in dem man die Stimmungen des Albums am intensivsten aufsaugen kann, am besten mit geschlossenen Augen. Mit verletzlicher, düsterer “Sanftheit” geht es in ‘Allure’ weiter, bevor ‘Clouded Frame’ wieder brachialer ausfällt – das Thema des Liedes gibt das auch her:
Manchmal kämpfst du damit, all die Versatzstücke zusammenzupuzzeln, um dich an einen Schicksalsschlag korrekt zu erinnern, aber dir wird klar, dass gewisse Details unerreichbar geworden sind. Sie bleiben verborgen im blinden Punkt deines Gedächtnisses. Du stehst vor dem ‘Clouded Frame’, aber es ist einfach unmöglich, einen Blick darauf zu erhaschen, was drinnen ist.
Solche Momente machen wütend und traurig zugleich – was sich auch im Sound widerspiegelt. Nach ‘Misery’s Messenger’ beschließt ‘The Ides Of Life’ das fünfte Album von NTO – nach “alter” Art des Hauses: mit Druck, Wucht und brachialem, melodisch untermaltem Death Metal.
Mit “Generation Of The Void” legen NAILED TO OBSCURITY ein Album vor, das sich als echter Meilenstein in der inzwischen 20-jährigen Bandgeschichte einreiht. Vor allem die herausragenden Clean Vocals von Raimund Ennenga verleihen den Songs eine Intensität, die im Zusammenspiel mit seinen wuchtigen Growls noch stärker zur Geltung kommt. Dazu kommt die dichte Atmosphäre, die von den detailverliebten Instrumentalisten getragen wird – Gitarren, Bass und Drums verschmelzen hier zu einem Klangbild, das ebenso druckvoll wie melancholisch wirkt. Die Band zeigt sich gereift, mutig und kreativ wie nie zuvor und beweist eindrucksvoll, dass sie zu den ganz Großen des Genres gehört. 9 von 10 Punkten – und ein herzlicher Glückwunsch an NAILED TO OBSCURITY zum 20-jährigen Jubiläum!
Tobi Stahl vergibt 9 von 10 Punkten