MYSTIC CIRCLE – HEXENBRAND 1486

MYSTIC CIRCLE

Titel: HEXENBRAND 1486

Label: RPM - ROAR

Spieldauer: 46:34 Minuten

VÖ: 31. Oktober 2025

Wenn die BASF in Ludwigshafen abfackelt, ist eine große Flamme zu sehen – und das weit über die Grenzen der Stadt hinaus. Die züngelnde schwarze Flamme von MYSTIC CIRCLE sah man 2021 wieder flackern, als Beelzebub und A. Blackwar ihre unheilige Reunion bekannt gaben. Mit jeder Veröffentlichung, jedem unheiligen satanischen Vers, jedem Schrei, jedem Glockenschlag und jedem finsteren Growl haben Beelzebub und A. Blackwar die deutsche Extreme-Metal-Szene Stück für Stück zurückerobert – und somit ihre Flamme noch heißer, noch größer und noch dämonischer über die Szene ausgebreitet, als es je zuvor der Fall war. Zuerst erschien ihr selbstbetiteltes Comeback “Mystic Circle” (2022), dann der gnadenlose Nachfolger “Erzdämon” (2023). Zwischendurch erschienen auch teuflisch schöne Re-Releases ihrer frühen Klassiker: “Drachenblut” (17. März 2023), “Infernal Satanic Verses” (24. November 2023) und “Kriegsgötter MMXXV” (06. Juni 2025) – alle selbstverständlich längst Teil meiner Sammlung. Teuflisches Hehe.

Zu Halloween 2025 erscheint nun “Hexenbrand 1486”, der lang erwartete dritte Langdreher seit ihrer Reunion! In meinen bisherigen Reviews zu verschiedenen MC-Alben zeigte sich bereits, wie konsequent das Duo seine Entwicklung vorantreibt: kompromisslos, melodisch und mit dieser typischen deutschen Schwere, die der Band ein Alleinstellungsmerkmal verleiht. Wie erwähnt bestehen MYSTIC CIRCLE aus Beelzebub, der sich für Gesang, Gitarren, Bass und Keyboards verantwortlich zeichnet, sowie A. Blackwar, der Schlagzeug, Gitarren und Keyboards übernimmt. Gemeinsam formen sie das Rückgrat der Band und prägen ihren düsteren, okkulten Sound mit einer Mischung aus instrumentaler Vielseitigkeit und mitreißender Atmosphäre.

MYSTIC CIRCLE begreifen sich nicht als reine Black-Metal-Band, sondern als Extreme-Metal-Band. Beelzebub und Blackwar verbinden Einflüsse aus Black, Death und Heavy Metal zu einem unverwechselbaren, vielschichtigen Sound, der klaren Visionen folgt. Atmosphäre und Symbolik stehen im Mittelpunkt, nicht bloße Aggression. Inspiration schöpfen die Pfälzer aus Horrorfilmen, okkulten Mythen und alten Legenden, die sie mit filmischer Intensität vertonen. Das Satanische steht für Freiheit, Selbstbestimmung und den bewussten Bruch mit kirchlichen Dogmen.

Ihr zehntes Album “Hexenbrand 1486” definieren sie als “ernster, respektvoller und authentischer” und als “(…) eine Reise durch die Zeit im Mystic Circle-Universum. Das Album ist sehr abwechslungsreich, und jeder Song hat seine eigene Dominanz. Wir könnten jeden Titel als Single veröffentlichen – das sagt viel über die Stärke des Albums aus”, betont A. Blackwar.

Aus der Info zum Album geht hervor, dass sich “Hexenbrand 1486” größtenteils um den “Malleus Maleficarum” dreht. Das Werk, zu Deutsch “Hexenhammer”, wurde 1486 in der Domstadt Speyer (Deutschland) vom Dominikanermönch Heinrich Kramer (latinisiert Henricus Institoris) geschrieben, der versuchte, die Existenz von Hexen und Teufelspakten theologisch und juristisch zu “beweisen”.

“Wir haben das Glück, in der Nähe bekannter Ereignisse und dunkler Legenden zu leben. Unser Nibelungen-Kult ‘Drachenblut’ stammt aus unserer Region (u. a. Worms, wo die Nibelungenspiele stattfinden, Anm. d. Autors), ebenso wie das Konzept des zweiten Teils der neuen Platte über Heinrich ‘Institoris’ Kramer, den Autor des Hexenhammers. Heinrich Kramer verkörpert alles, was wir an der ‘heiligen’ Institution Kirche verabscheuen. Er war ein widerwärtiger Sadist, der seinen Frauenhass unter dem Deckmantel christlicher Schriften auslebte. Der Hexenhammer ist das Werk eines Wahnsinnigen und sollte jeden dazu ermutigen, die Kirche zu verlassen und seinen eigenen Weg des Glaubens zu gehen“, erklärt Frontmann Beelzebub.

Für alle, die es interessiert, hier ein Hintergrund zum “Malleus Maleficarum”:

Der Hexenhammer ist dreiteilig. Er enthält eine theologische Begründung der Hexerei, eine Anleitung zur Identifikation vermeintlicher Hexen und eine detaillierte Beschreibung der Verhör- und Prozessmethoden – einschließlich Folter. Der Text stilisierte Frauen als besonders anfällig für dämonische Versuchung und lieferte damit die ideologische Grundlage für die düsteren, sadistischen und verwerflichen Hexenverfolgungen der folgenden Jahrhunderte.

Über Generationen diente der Hexenhammer als kirchliches Machtinstrument, um Angst, Kontrolle und Gehorsam zu manifestieren. Erst mit der Aufklärung verlor er seinen Einfluss. Heute steht er sinnbildlich für religiösen Fanatismus, Misogynie und geistige Unterdrückung – und inspiriert Künstler und Musiker bis heute, die dunklen Seiten von Glaube, Dogma und Macht zu beleuchten.

Neben Beelzebub und A. Blackwar sind noch weitere Künstler an “Hexenbrand 1486” beteiligt, die dem Album zusätzliche Abwechslung, Tiefe und eine einzigartige Atmosphäre verleihen. Die britische Sängerin Sarah Jezebel Deva (ehemals Cradle of Filth, The Kovenant) übernimmt den klassischen Gesangspart und sorgt mit ihrer begnadeten Stimme für den okkulten Kontrast zum wuchtigen Grundstein von MYSTIC CIRCLE. Karo Hafke (Umbra et Imago, Giants Causeway) tritt mehr in den Vordergrund und ist des Öfteren auf der Scheibe zu hören. Sie verleiht “Hexenbrand 1486” das gewisse Etwas – aber dazu später mehr. Der Erstauflage des Albums steuert Natalie Ostermaier, Autorin und Illustratorin des Buchs “Kramer”, einen Auszug als begleitenden Comic bei, der ins CD-Booklet integriert und der Vinyl-Erstauflage als zwölfseitiges A5-Heft beiliegt. Als Produzenten sind Nils Lesser und Karo Hafke am Start – und jetzt genug der Worte: hören wir uns an, was uns MYSTIC CIRCLE mit “Hexenbrand 1486” auf den Plattenteller legen.

In perfekter Horrormanier eröffnet ‘Luciferian’ zunächst mit einem Spoken-Word-Schnipsel auf Deutsch, danach geht die Hymne an den “Bringer of Death” in englischer Sprache weiter. Sehr geil ist der treibende Groove des Songs, die kernigen Growls und die Passagen, in denen die Female Vocals sowie die in Latein gehaltenen Gesänge kommen – hier ist das Tempo deutlich gedrosselt, um dann mit dem ursprünglichen Druck der unheiligen Hymne alles niederzureißen! ‘The Scarlet Queen Of Harlots’ wurde bereits als Single ausgekoppelt, mit einem bockstarken… Bei ‘The Scarlet Queen Of Harlots’ ist Sarah Jezebel Deva am Start, und ihr kommt in den Genuss ihrer so, so starken Stimme. Wer mehr über die besungene “Babalon” wissen möchte, der widmet sich der “großen Hure Babylon” – gekleidet in Purpur und Scharlach, geschmückt mit Gold und Edelsteinen, sitzend auf einem siebenköpfigen Biest – am besten bei einer Recherche, aber Achtung: “The bride of chaos leads you into the abyss”!

‘Boogeyman’, das mit atmosphärischen Synthwaves ausgestattet ist, die man aus Horrorfilmen kennt und liebt, bekam ebenfalls ein Video spendiert. Viele Wanderer, die den Pfälzerwald lieben, werden den Teufelstisch erkennen, der Teil des Videos ist und um den sich die Sage dreht, dass der Teufel selbst den Tisch in einer Nacht erschaffen hat, um darauf zu speisen. Als die Dorfbewohner ihm misstrauisch wurden, floh er in Wut und ließ den Tisch als steinernes Zeugnis seiner Anwesenheit zurück. Seitdem gilt der Ort als magischer, unheimlicher Platz, um den sich zahlreiche Geschichten über Spuk, Dämonen und übernatürliche Erscheinungen ranken. Als Kind der Pfalz und Liebhaber solcher Themen finde ich die Verbindung von Mythen der Heimat, Horrorfilmen und der verdammt starken Hymne an den ‘Boogeyman’ sehr geil! 

Dem Königreich Gottes geht es in der Black-Metal-Hymne ‘In The Sign Of The Goat’ ans Kreuz. Hier bilden die krächzenden Growls, die hämmernden Drums und die Keys die Legion der Dunkelheit, und die Female Vocals bilden den “Horned One” ab – aber das ist nur mein “Kopfkino” während des Songs – eures darf gerne anders sein! In ‘Ghost Of Whitechapel’ behalten MYSTIC CIRCLE ihren eingängigen Sound bei, begeben sich thematisch nach London ins Jahr 1888 – ihr kennt alle die Geschichten darüber. Whitechapel ist hierbei ein Viertel in London, das zu einem Symbol für das Böse mitten in der Zivilisation wurde. Hier darf ich Beelzebub und A. Blackwar erneut für die dichte Atmosphäre innerhalb des Liedes und die cineastische Umsetzung loben – sehr geil, Männer!

Jene Atmosphäre wird jetzt noch dichter, denn ‘Institoris (Heinrich Kramer)’ erzählt vom verabscheuungswürdigen Mörder und “Hexenterrorist” Heinrich Kramer. Danach geht es düster weiter in ‘The Bible Of Witch Chase’ – die Bibel der Hexenjagd also. Wer sich mit dem rasanten Song beschäftigt, sollte den Begriff “Crimen Exceptum” recherchieren. ‘Blutschande Unzucht Sodomie’ feuert weitere Schlagzeugsalven, weiteres Gitarrengewitter und wütende Vocals aus den Boxen – und das unter anderem über die Stigmatisierung als Hexe. Außerdem verwenden MYSTIC CIRCLE erneut Synthwaves und beziehen die “La Madre Strega, die Urmutter aller Hexen”, in den Song mit ein. Der insgesamt 100. MC-Song ist ‘Dance On The Wings Of Black Magic’, über den die Band sagt: “Darauf sind wir stolz – und einen besseren Titel für den hundertsten Song als ‘Dance On The Wings Of Black Magic’ könnte es kaum geben. Wir sind sehr glücklich, das Ganze zusammen mit unseren Produzenten Nils Lesser und Karo Hafke vollendet zu haben.” Dem ist nichts hinzuzufügen, außer: Herzlichen Glückwunsch und danke für all die Musik in all den Jahren! Über das Outro ‘Zeugnis Der Verachtung’ lasse ich euch bewusst im Dunkeln – und schließe hier meinen offenen Mund ob des saustarken Albums, das ich rezensieren durfte. Es war mir ein Fest!

Ich hoffe wirklich, dass jeder den Artikel komplett gelesen hat, denn in keinem Fazit kann ich mehr meine Begeisterung, meinen Respekt und mein Lob aussprechen als in den vorherigen Zeilen – aber ich versuche es. MYSTIC CIRCLE widmen sich der wohl dunkelsten Zeit des Mittelalters und thematisieren die grausame Hexenverfolgung – ein menschengemachtes Hirngespinst, das so, so viele Menschen das Leben kostete. Man kann diese Art der Hexenjagd auch auf das Hier und Jetzt münzen – denn “Menschen” wie Heinrich Kramer gibt es auch heutzutage noch, genauso wie die Leute, die sich in ihren Bann ziehen lassen. Daher war es mir wichtig, die einzelnen Songs genauer zu beleuchten. “Hexenbrand 1486” ist durch die Bank fesselnd, spannend und so verdammt hörenswert wie nicht viele Alben, die ich in den letzten Jahren hören durfte. Daher gibt’s von mir 11 von 10 Punkte, auch wenn die Anzeige nur maximal 10 Zähler zulässt! Danke allen Beteiligten für dieses mitreißende Album, das auch zum Nachdenken anregt!

Tobi Stahl vergibt 10 von 10 Punkten