MY DYING BRIDE – THE GHOST OF ORION

MY DYING BRIDE

Titel: THE GHOST OF ORION

Label: Nuclear Blast / Warner

Spieldauer: 56:26 Minuten

Ich habe einen ausgeprägten soft spot für diese wundervolle Band. Wer mich so richtig flashen will, legt Songs wie „Thy Raven Wings,“ „My Wine In Silence“ oder „Like Gods Of The Sun“ auf und sieht mich ob der Emotionalität von Aaron Stainthorpes Gesang sowie den lyrischen Gitarrenlinien Andrew Craighans in die Knie gehen. Nie werde ich den Auftritt My Dying Brides vor Tiamat beim Dynamo Open Air 1995 vergessen, ein Erlebnis, das sich meinem Gedächtnis regelrecht eingebrannt hat und meine Liebe nicht nur zu dieser Band, sondern zum Doom Metal allgemein erklären hilft. Wer diese Faszination ansatzweise verstehen will, der nähere sich diesem Album mit „To Outlive The Gods“ an, ein Track, der neben genannten Elementen auch die seit einiger Zeit wieder im Bandsound vertretenen elegischen Violinenklänge in den Vordergrund rückt. Ganz und gar unfassbar ist der Seelenstriptease „Tired Of Tears“, ein intensives Manifest, das Stainthorpe die überstandene Krebserkrankung seiner kleinen Tochter verarbeiten hilft ‒ jagt garantiert nicht nur Eltern wie mir einen Schauer nach dem anderen über den Rücken, wenn nicht gar die Tränendrüsen aktiviert werden. Man muss My Dying Bride in ihrer Ganzheit erfassen, den wortgewaltigen Texten lauschen, die Stimmungen in sich aufsaugen, um die ganze Klasse dieser Künstler verstehen zu können. Dabei setzt „The Ghost Of Orion“ den Trend der vergangenen Alben fort, den in den 90ern mit Alben wie „Angel And The Dark River“ und „Like Gods Of The Sun“ entwickelten Sound ins neue Jahrtausend zu transportieren. Experimente äußern sich heutzutage nicht wie in der mit „34.788%… Complete“ eingeläuteten Phase eher im Ausloten der Architekturen solcher ureigenen Klangkathedralen wie dem sakralen „The Solace“. Ansonsten ist Geduld gefragt, denn in Kaschmirteppiche wie „The Long Black Land“ oder „The Old Earth“ muss man sich gemütlich einrollen, bevor sie ihre wärmende Pracht entfalten. Zu erwähnen bleibt abschließend natürlich auch die Zeitenwende: „The Ghost Of Orion“ ist tatsächlich das erste (!) Album My Dying Brides, welches nicht auf dem legendären Peaceville-Label erscheint. Zwar handelt es sich, trotz der erwähnten Highlights und dem kleinen Hit „Your Broken Shore“, ähnlich wie beim Vorgänger nicht um ein absolutes Highlight in der Diskographie der Briten. Dennoch qualitativ same procedure as usual: thumbs up big time. Dennoch waren Officium Triste diesmal ausnahmsweise einen Schritt voraus.

 

Patrick Müller vergibt 8 von 10 Punkten