LORD VIGO
Titel: WE SHALL OVERCOME
Label: HRR
Spieldauer: 51:36 Minuten
VÖ: 01.07.2022
Meine Pfälzer Freunde von LORD VIGO, insbesondere die Palm Brüder und allen voran Patrick aka Vinz Clortho, sind als Kinder anscheinend mal in den Topf mit Kreativzaubertrank gefallen. Wie sonst ist es zu erklären, dass der LORD in den letzten sieben Jahren sechs hochkarätige Longplayer aus dem Erdboden Transsylvaniens gestampft hat, von denen einer aufregender als der Nächste ist?
Wobei das zum Sextett gewachsene Trio mittlerweile die Wälder Rumäniens gegen die Weite des Weltraums und die Vergangenheit gegen die Zukunft ausgetauscht hat. Bereits das letzte Album „Dans de noir“ war ein SciFi-Epos auf den Spuren von „Bladerunner“. „We Shall Overcome“ ist nun der zweite Teil einer Trilogie, die erst mit dem nächsten Album, welches bereits in Arbeit ist, abgeschlossen sein wird.
Der Held der Geschichte heißt diesmal Xedos und sieht auf den Comic Strips im Booklet aus, wie der junge Neil Peart (RIP). Das ist natürlich kein Zufall, denn „We Shall Overcome“ ist inhaltlich quasi eine Fortsetzung des Rush-Meisterwerks „2112“, mit Elementen des Filmklassikers „2001 – Odyssee im Weltraum“ (Klar, kein LORD VIGO-Album ohne Filmzitate!) und Orwells „1984“. Mehr wird hier zur Story nicht verraten, sonst wird mich Spoiler-Killer Volguus wohlmöglich furchtbar bestrafen.
Auch musikalisch knüpft man nahtlos an den Vorgänger an. Die Doom-Ketten, sofern überhaupt jemals vorhanden, wurden bereits dort gesprengt und so finden sich auch hier verschiedenste Stilelemente aus den „Siebzigern, Achtzigern und von heute“, um es mal im Radio-Sprech auszudrücken.
Nach dem ‚Blessed Are The Meek‘-Intro folgen mit ‚The Heart Of Eternal Night‘, Natural Habitat‘ und ‚Since The Sun Was Young‘ zunächst drei typische Vigo-Nummern, die in erster Linie von Vinz` klangendem Gesang und seinem dynamischen Drumming sowie dem kongenialen Gitarrentandem V.Zildrohar/T.Scoleri leben. Alleine die Gitarrensoli und -melodien würde man gerne kryotechnisch für das nächste Jahrhundert konservieren, wo die Handlung stattfindet. Bei „From Our Ashes We Will Rise“ kommen wieder die New Wave-Einflüsse zum Tragen, die ich bei meinem letzten Review noch auf Idle Hands/Unto Others zurückführte, die aber – wie Vinz mir am Rande des „Iron Fest“-Festivals erzählte – auf eine Vorgängerband zurückgehen, in der er und sein Bruder mal zockten.
Kein LORD VIGO-Album ohne mindestens eine unsterbliche Hymne. Auf ‚Vigo von Homborg Deutschendorf‘, ‚When The Bloodlust Draws Near‘, ‚Doom Shall Rise‘ und ‚At The Verge Of Time‘ folgt in diesem Fall das Titelstück ‚We Shall Overcome‘, dessen Refrain vor allem bei Konzerten zu beherztem Mitgrölen einlädt. Das Zwischenspiel davor namens ‚A Journey To Eternity‘ soll ob seiner entzückenden Schönheit nicht unterschlagen werden.
Die folgenden ‚A Gathering Of Clouds‘ und ‚A Necessary Evil‘ spinnen den Plot eindrucksvoll fort, bevor mit ‚1986 – Book 1: The Vision‘ geschickt ein Trailer für den dritten und letzten Teil des Science Fiction-Dreiteilers eingebaut wird, der vor Hinweisen und Rush-Zitaten nur so wimmelt. Da freut man sich schon jetzt diebisch auf das Grande Finale, das auch noch im besten Metal-Jahr aller Zeiten stattfindet.
Das Grande Finale dieses Albums heißt ‚A New Dark Age‘. Hier dürfen dann auch endlich Livedrummer Ivo Shandor, Livebasser Zuul und Livegitarrist Nunzio Scoleri, der allerdings auch schon bei zwei der vorherigen Tracks zu hören ist, ran. Schön zu sehen und zu hören, dass bei LORD VIGO auch im Studio alle Bandmitglieder eingebunden werden, auch wenn ansonsten eher das Ur-Trio die Aufnahmen stemmt und den Kreativprozess vorantreibt.
Somit schließe ich eine weitere Huldigung an diese außergewöhnliche Band mit den Worten „OBEY THE LORD!“ und bin bereits gespannt auf zukünftige Großtaten meiner Helden. Und wem das zu viel rosarote Fanbrille ist, der sollte ganz einfach lieber den „Spiegel“ lesen.
Alex Fähnrich vergibt 9,5 von 10 Punkten