LEPROUS – MELODIES OF ATONEMENT

LEPROUS

Titel: Melodies Of Atonement

Label: InsideOut / SONY

Spieldauer: 51:42 Minuten

VÖ: 30. August 2024

2024 – Year of the Rooooaaaaaaaaar!

Man kann es sehen wie man will, aber bei einem sind sich alle einig: An LEPROUS scheiden sich die Geister. Die einen verehren die Norweger Einar Solberg (vocals and keys), Tor Oddmund Suhrke (guitars), Robin Ognedal (guitars), Simen Børven (bass) und
Baard Kolstad (drums)  , die anderen können mit ihrer Musik, oder dem Gesang, oder, oder, oder  nichts anfangen.  Es wird trotzdem darüber debattiert bis zum geht nicht mehr. Warum sollte das beim inzwischen achten Album „Melodies Of Atonement“, welches seit dem 30. August 2024 veröffentlicht ist, anders sein? Musik macht entweder was mit einem oder eben nicht. Da braucht man auch nicht groß lamentieren. Vom Gegenteil jedenfalls wird dieses Album die Nörgler sicher nicht überzeugen. Alle Leprous Fans wird es dagegen sicher freuen ein neues Werk in den Händen halten zu dürfen.

Geplagt von fast rastlos wirkenden Kreativitätsschüben haben LEPROUS in den letzten Jahren nicht nur ihren sondern den gesamten progressiven Klang massiv beeinflusst. Sie haben unter Beweis gestellt, dass sie wandelbar sein können ohne sich zu verlieren. Ein LEPROUS Song wird immer einer bleiben, nicht zuletzt wegen Einar Solbergs einzigartiger Stimme. Das ist auf dieser Platte nicht anders. Und doch… Es klingt etwas anders als zum Beispiel das letzte Album.

Solberg sagt dazu: „Ich würde es als direkter beschreiben. Es ist auf seine Art irgendwie härter und klingt sehr modern und überhaupt nicht retro. Es hat viele elektronische Elemente. Es ist hart, es ist eingängig und es gibt viele Songs, die möglicherweise als Singles funktionieren könnten. Ich bin mir nicht sicher, ob es sehr progressiv ist … vielleicht ein bisschen hier und da, aber im Allgemeinen gibt es hier nicht viele ungerade Taktarten. Es ist eher heavy als proggy, aber nicht auf diese standardmäßige Heavy-Art. Ich glaube, die Leute bekommen vielleicht den falschen Eindruck, wenn ich einfach sage, es ist heavy. Es ist heavy, wenn es sein muss!“

Ähm ja, genau. Spätestens seit der letzten Single Auskopplung `Like A Sunken Ship` ist klar, dass LEPROUS wieder einen Spagat zwischen den Welten geschafft haben. Von ROOAAAAAAAAR zu LALALALALALALALA  in unter zwanzig Sekunden. Während Einar bei seinem Solo Projekt dazu noch IHSAN bemühte, lässt das Stimmwunder nun selbst den Tiger raus und versorgte mich beim ersten mal hören des Songs mit  Gänsehaut. Hat das Stimmwunder also auch drauf. Danke dafür. Trotzdem ist ein LEPROUS Album in den seltensten Fällen direkt „einfach“ zu hören. Da muss man sich als geneigter Musikliebhaber auch schonmal ein bisschen reinarbeiten. Dieser Track jedoch lässt mich auf Anhieb mehr davon wünschen und erinnert ein wenig an ältere Alben. Für mich eindeutig der stärkste Track auf der Scheibe, da er viele verschiedene Elemente und Vorzüge wie das Spielen mit Erwartungen im Songaufbau LEPROUS typisch mit Überraschungen kombiniert. Trotzdem kommt das gesamte Album etwas eingängiger, einfacher, stellenweise minimalisierter rüber. Das dieser Umstand kein Manko sein muss sondern eine Stärke sein kann beweisen LEPROUS mit „Melodies Of Atonement“ allemal. Produziert und aufgenommen wurde das Ganze übrigens wieder mit David Castillo (Opeth, Katatonia, Soen usw.). Gemischt von Adam Noble und gemastert von Robin Schmidt.

Inhaltlich hat Einar Solberg beim Songwriting wieder auf bewährte, eher melancholische, Texte gesetzt. Trotzdem legt er Wert darauf , dass dies nur einen Teil seiner eigenen Persönlichkeit betrifft: „Ich mache keine wirklichen lyrischen Konzepte. Ich singe einfach über Gefühle, die ich in mir habe, Sorgen, die ich hatte, oder Dinge, die ich mental mit mir selbst verarbeitet habe, oder Dinge, die ich erlebt habe“, erklärt er. „Alles, worüber ich schreibe, kommt also direkt von der Quelle, es ist ungefiltert und normalerweise ziemlich transparent. Aber es gibt kein durchgängiges Thema. Natürlich ist es an manchen Stellen melancholisch, obwohl ich glaube, dass die Leute den falschen Eindruck haben, ich sei eine sehr melancholische Person, was ich eigentlich nicht bin! Ich habe Melancholie in mir, aber sie ist nicht der dominierende Teil meiner Persönlichkeit. Aber dennoch bleibe ich durch die Musik gerne nah an der Melancholie.“

Obwohl ich wohl auch einen Hang zur Melancholie habe freue ich mich schon sehr drauf die Norweger nächstes Jahr endlich wieder live anzulachen. Wird großartig. Wie immer. Wenn man zu der Gruppe Menschen gehört die LEPROUS mag.

Judith Kroll vergibt 9 von 10 Punkten