LEE AARON – TATTOO ME

LEE AARON

Titel: TATTOO ME

Label: Metalville

Spieldauer: 44:22 Minuten

VÖ: 26. April 2024

Hand aufs Herz. Wer von uns war nicht Ende der 80er verknallt in LEE AARON? Auch wenn ich ihre Musik damals nicht hören konnte, ich kannte Bilder von ihr. Die stammten aus einem Metal Hammer, der irgendwie den Weg durch den Eisernen Vorhang gefunden hat. Mittlerweile ist mir klar, die Frau rockt. Sie kann wirklich alles singen. Von Jazz bis Rock und Metal.

Heute kommt sie mit etwas ganz Besonderem. „Tattoo Me“ ist ein Coveralbum. Bevor alle wieder die Augen verdrehen, sie covert nicht die üblichen Gassen- und Gossenhauer. Bei einem ersten Blick über die Tracklist waren gerade zwei von elf Songs dabei, die ein Erkennen verursachten. Ansonsten hat die Dame wirklich Songs gefunden, die nicht auf Anhieb bekannt sind. Ich stelle mal eine Behauptung aus. Das hier ist eine Coverplatte für Eingeweihte.

Am Anfang steht sozusagen der Titeltrack, ´Tattoo´, leider kann ich das Original nicht ausfindig machen. Aber der Song geht um ein starkes Zeichen. Einen Namen auf und unter der Haut zu tragen, das hält wohl länger als eine durchschnittliche Ehe. Also singt sie „tattoo me on you„, wartend auf ein Zeichen seiner Zuneigung. Das Ganze ist verpackt in einen kleinen saftigen Rocker.

Der nächste Song stammt von den australischen Rockern Jet. Wie LEE AARON die Zeile ´Are You Gonna Be My Girl´ lasziv in die Ohren haucht, das ist schon eine Kunst und ein Talent. Und weit erotischer, als vieles, was man sonst zu hören und sehen bekommt. Hearts ´Even It Up´ wirkt danach schon fast unspektakulär. Mit Led Zeppelins ´What Is And What Should Never Be´ bekommt ein Klassiker aus der zweiten Reihe ein neues Gewand. Nur kleine Veränderungen im Gitarrensound, und schon bekommt die Nummer einen leichten Schub in Richtung Grunge. Auch wenn ich diesen Klängen nicht unbedingt positiv gegenüber stehe, das hier ist eine gelungene Wiederbelebung. Alice Coopers ´It’s My Body´ wird zu einem kleinen und dramatischen Juwel. Ebenfalls ein Klassiker aus der zweiten Reihe, ist er sicher die bessere Wahl als ein totgenudeltes ´School’s Out´. Das bekannteste Stück hier dürfte die Fleetwood Mac-Nummer sein. Dabei aber ist festzuhalten, ´Go Your Own Way´ scheint der Lady aus Kanada auf den Leib geschrieben. Ganz weit in die Vergangenheit geht der Blick auf Nina Simones ´The Pusher´. Da lässt Lee noch einmal die Blues Lady raus.

Leider muss ich aber feststellen, die Euphorie verlässt mich zum Ende hin. Hole zum Beispiel fand ich damals recht überbewertet, das hier folgende ´Malibu´ ist dafür ein trauriger Beweis. Von den britischen Indie Rockern Elastica gibt es ´Connection´, das hier recht uninspiriert rüberkommt. Schon oft gecovert wurde bisher schon ´Teenage Kicks´ der nordirischen Punks The Undertones. Eigentlich ein perfekter Song, doch Punk scheint Frau Aaron nicht so recht zu liegen.

Einer meiner Lieblingssongs fehlt noch zu erwähnen. Zu dem sagt LEE AARON selbst: „Ich habe stundenlang mit Kopfhörern auf meinem Kellerboden gelegen und mir „Someone Saved My Life Tonight“ immer wieder angehört. Ich wollte unbedingt, dass mich jemand aus meinem langweiligen Leben rettet, als ich ein Teenager war… und die Musik war das für mich.“ Das kenne ich. Ich kenne auch solche Songs. Aber wenn ich ´The Power Of Love´ von Frankie Goes To Hollywood so leidenschaftslos hören müsste, wie ich hier Elton Johns Klassiker hören darf (muss?), eine Abschaltung wäre fast zwingend.

Insgesamt aber überwiegt auf „Tattoo“ natürlich das Licht. Dafür ist LEE AARON zu gut, zu professionell, um so eine Scheibe komplett scheitern zu lassen. Wie gesagt, die Mehrheit der Stücke ist gut gewählt und noch besser dargeboten. Der Hörer bekommt gezeigt, wie vielfältig die Einflüsse und der Geschmack der kanadischen Sängerin sind.

Mario Wolski vergibt 8 von 10 Punkten