LAMB OF GOD
Titel: LIVE IN RICHMOND, VA
Label: Nuclear Blast
Spieldauer: 71:37 Minuten
Natürlich ist “Live in Richmond, VA“ von LAMB OF GOD alles andere als ein handelsübliches Livealbum. Aber was ist momentan schon normal? Es handelt sich um einen Live-Mitschnitt des ersten der beiden sehr erfolgreichen Livestream-Auftritte der Band in ihrem Studio in Richmond, Virginia. Diese stellte der NWOAM-Fünfer im September 2020 auf die Beine, nachdem die für den Sommer geplante Co-Headliner-Nordamerika-Tour zusammen mit Megadeth, In Flames und Trivium pandemiebedingt ins Wasser gefallen war. Im Mittelpunkt stand dabei das letztjährige, selbstbetitelte Werk, welches die Groovemonster in voller Länge darboten. Auf die einzelnen Songs des Albums soll hier nicht näher eingegangen werden, das hatten wir bereits ausführlich in unserem damaligen Review getan.
Bleibt also nur noch die spannende Frage zu beantworten, ob eine Live-CD ohne die eigentliche Hauptzutat, nämlich die Reaktionen durch und die Interaktion mit dem Publikum, funktioniert. Und wie sie das tut. LAMB OF GOD, insbesondere ihr charismatischer Ausnahme-Fronter Randy Blythe, legen einen Kampfgeist und eine Spielfreude aufs Parkett, die ihresgleichen sucht. Es scheint als wurde die gesamte aufgestaute Wut und Frustration der langen unverschuldeten Zwangspause in Energie und Präsenz auf der heimischen, intimen Stage umgewandelt. Es gelingt der Gruppe, eine tiefe Verbindung zum virtuellen Publikum zu schaffen. Fast bekommt man das Gefühl, inmitten der Musiker in der heimischen guten Stube zu sitzen. Zudem ist es durchaus spannend, den rohen, puren Sound und das reine akustische Live-Erlebnis ausnahmsweise ohne jegliche „störende“ Nebengeräusche genießen zu können. Der leise, bedrohliche Anfang von ‘Memento Mori’ funktioniert tatsächlich beinahe ebenso gut wie ein Brecher á la ‘New Colossal Hate’. Bei einem Live-Auftritt dürfen natürlich auch einige launige Ansagen nicht fehlen. So kündigt Blythe einen ultraschnellen Brecher mit „This is a punk rock song“ an und lädt die virtuelle Fanschar vor dem letzten Stück dazu ein, ihr Wohnzimmer zu zerstören und mit Mutter´s teurem Porzellan um sich zu werfen. Die meisten Songs, insbesondere die zehn Album-Tracks, gehen jedoch ohne Pausen ineinander über.
In ihren Texten nehmen LAMB OF GOD seit jeher kein Blatt vor den Mund, sondern legen den Finger immer wieder schonungslos in die (meist US-amerikanischen) Wunden. So kann auch die Auswahl für die als Zugaben gespielten Songs nicht verwundern. ‘Contractor’ vom 2009er Album “Wrath“ behandelt den Blackwater-Skandal, der letztjährige OST-Beitrag ‘The Death Of Us’ stärkt der Black Lives Matter-Bewegung den Rücken und in ‘512‘ verarbeitet Blythe seine Zeit in tschechischer U-Haft. Abgerundet wird das Ganze mit den beiden auf Platte bisher nicht veröffentlichten und hier nicht in Live-Versionen dargebrachten Bonus-Tracks ‘Ghost Shaped People’ und ‘Hyperthermic – Accelerate’. Die Deluxe-Edition beinhaltet neben der Live-CD, die Live-DVD, das ursprüngliche Album und jede Menge Bonusmaterial.
Michael Gaspar vergibt keine Bewertung