LA SUSPENDIDA – LA SUSPENDIDA LIVE

LA SUSPENDIDA

Titel: LA SUSPENDIDA LIVE

Label: Silent Pendulum Records

Spieldauer: 83:02 Minuten

VÖ: 30. Mai 2025

Manchmal braucht es Mut, um neue und spannende Musik zu entdecken. Ein Bandname, der einen anspringt. In diesem Falle waren es in der kurzen Stilbeschreibung die Worte Jazz, Metal, Oper und Live. Das weckte die Neugier.

LA SUSPENDIDA nennt sich das Projekt. Ins Leben gerufen wurde es vom Experimantel/Post Metal Trio Kilter aus Brooklyn. Dies Trio musiziert in der Besetzung Bass, Bass Saxophon und Schlagzeug. Das klingt schon in der Beschreibung ziemlich irre. Für ihr Projekt zwischen Jazz und Oper verstärkten sie sich mit der Sopranistin Andromeda Anarchia, die die Figur der María Elena Milagro de Hoyos singt. Dazu kommt Seven)Suns Streichquartett und der Growlers Choir. Der stammt aus Montreal und könnte ein ganzes Rudel Death Metal Bands mit Stimmen versorgen.

Kurz zum Inhalt des hoch ambitionierten Werkes sei gesagt, die erwähnte Heldin stirbt 22jährig an Tuberkulose. Sie findet sich im Limbo wieder, der Vorhölle, dem Ort zwischen Erde und Unterwelt. Inhaltlich wandelt man auf den Spuren von Theologie und Dantes Göttlicher Komödie. Das ist an sich schon schwerer Stoff.

Und musikalisch? Dieser musikalische Bastard aus Extrem Metal und Freiem Jazz und Moderner Klassik geht schwer ins Ohr und liegt schwer im Magen. Das beginnt schon mit der Einleitung ´Overture: Death & Transfiguration´. Hier treffen aggressive Rhythmik auf mehr als disharmonische Streicher und Bläser. Freunde leichter Unterhaltung dürften hier schon abschalten.

Ich liebe Jazz. Zumindest manchmal. So schönen altmodischen. Vielleicht so Dixieland oder ähnlich swingendes und groovendes. Davon ist hier kaum etwas übrig. Ich liebe Klassik und auch Oper. Ich liebe es, wenn große Chöre und fette Orchester in weiten Melodien schwelgen. Das große Drama, das Epos, große Gefühle von mozärtlich bis Wagnerschem Zorn. Und natürlich liebe ich Metal. Da hat sich mein Horizont in den letzten Jahren auch stark geweitet, dass sogar ich auch eine Band wie Blood Incantations feiern kann.

Dennoch tue ich mich mit LA SUSPENDIDA mehr als schwer.  Der Zehnminüter ´Limbo: A Place with No Weather´ etwa fühlt sich an, als ob man ein Brett quer versucht, durch eine Tür zu tragen. Die ersten fünf fast sechs Minuten sind kaum mehr als ein wallender, leicht pulsierender Dauerton. Der fräst sich langsam, fast schmerzhaft ins Gehör. Später dann setzt Andromedas Stimme ein, Tonfolgen, die man kaum als melodisch bezeichnen möchte. Im Gegensatz dazu steht die Chornummer ´Laudes Mortuorum & Roll Call of the Newly Dead´. Man staune, auf wie unterschiedliche Arten gegrowlt werden kann. Das geht von leise flüsternd bis schmerzvoll zürnend und laut. Und gerade das Leise, das klingt sehr bedrohlich, fast beängstigend.

Und nein, kaum ein Stück geht so richtig geradeaus. Easy Listening findet sich hier gar nicht. Mancher Moment erinnert, gerade durch das Saxophon an die italienische Band Ottone Pesante. Durch die Bläser ist ein ähnlicher Ansatz vorhanden. Auch haben die Italiener eine ähnliche Vorliebe für extreme und schwergängige Klänge, sind am Ende des Tages aber doch etwas mehr am Song orientiert.

Aufgenommen wurde dies Werk live, bei einer Aufführung im Le Forum im französischen Vauréal unweit von Paris. Sicher war es spannend, live vor Ort dabei zu sein. Spannend sollte darum eine optische Version sein, was Videoausschnitte auf youtube schon versprechen. Ansonsten gibt es die gute alte CD und ob der Länge das Doppel-Vinyl. Ergänzend dazu erhält man via Silent Pendulum Records auch ein speziell zur Oper erstelltes Buch.

Wie gesagt, das hier ist keine leichte Kost. Man braucht streckenweise Nerven. Man braucht Kraft. Und Geduld. Wenn man das aufbringen vermag, dann zeigen sich hier neue Welten. Welten, die mein Ohr so noch nie gehört hat. Das geht so weit, vor zwei Tagen hätte an gleicher Stelle gar auch ein Verriss stehen können. Das sagt vielleicht nicht nur etwas über die Musik, sondern auch über mich.

 

Mario Wolski vergibt 10 von 10 Punkten