KHIRKI – KYKEONAS

KHIRKI

Titel: KYKEONAS

Label: Venerate Industries

Spieldauer: 47:08 Minuten

VÖ: 12. April 2024

Aller guten Dinge sind drei: Dreisatz, die drei Grazien, auch mal drei Anläufe nehmen.

´Featherless´, erste Single und Albumöffner, startet mit einem Metallicariff. Darüber kommen Blueslicks und es entwickelt sich eine Heavy Rock Nummer. Aber, passt grad nicht. Also zur Seite gelegt. Zweiter Anlauf, Eigentlich ist das gar nicht mal schlecht. So ein geiles RIff etwa, haben Metallica schon lang nicht mehr gefunden. Aber, wo bleibt der im Info versprochene Folk-Anteil? Der Groschen fällt im dritten Anlauf. Beim wirklich endgeilen Solo.

KHIRKI, ein Trio aus Athen, besteht aus Dimos Ioannou (Gitarre und Gesang), Orestes Katsaros am Bass und Orestes Mavros (Drums und Percussion). Der Name ist Circe entlehnt, der Zauberin, die Odysseus eine lange Weile auf ihrer Insel gefangen hielt und seine Gefährten in Schweine verwandelte. „Kykeonas“ ist ihr zweites Album, produziert wurde es von Theodore Zefkilis, der manchen durch seine Arbeit mit Rotting Christ bekannt sein könnte. Mir allerdings nicht, Black Metal ist üblicherweise gar nicht meine Baustelle. Doch die Beschreibung dieser Band hier, die passt.

Jetzt werde ich neugierig. Und mutig. Track Nummer zwei ´Pumping The Veins´ klingt denn auch ganz anders. Und doch gleich. Das Anfangsriff erinnert ein wenig an Red Hot Chillie Peppers, zur Strophe gibt es Percussions, die den Balkan in mein Zimmer holen. Zufällig hörte ich die Tage ein Album des bulgarischen Romani-Sängers Jony Iliev. Genau dort bin ich auch fröhlichen und tanzbaren Nummern mit diesen Rhythmen begegnet. Nur hier gibt es dazu harte Gitarren und einen Chorus der Nickelback-Schule. ´The Watchers Of Enoch´ beschreibt man am besten mit treibendem Hard Rock. Auch hier wieder geht alles hin zum Höhepunkt, diesen herrlichen Sollo- und Instrumentalpassagen inklusive der Gangshouts.

In der Musik des Balkans steht neben fröhlich immer auch traurig und melancholisch. Nicht nur in der Musik der Romani, auch hier bei den Nachfahren der Circe. Die becircen mit dem getragenen ´Συμπληγάδες´. Gut, ich kann es nicht vorlesen, weiß erst recht nicht, was das heißt. Aber die hier griechischen Lyrics bringen eine gewisse Exotik hinein. Und die Dynamik erinnert an die neueren Orphaned Land. Einzig das große Orchesterbrimborium findet hier nicht statt. Dennoch hat dieses Stück so viel Tiefe und Wärme und Leidenschaft.

Der nächste Richtungswechsel folgt sogleich, klingt ´Your Majesty´ doch nach Skyclad. Folk Thrash, nur hier ohne Geige. Im Gegenteil, da geht es doch noch origineller. Plötzlich und unerwartet erschallt eine… Nein, ich verrate es nicht, ein wenig Überraschung muss doch bleiben. Die zweite Single ist ´Father Wind´. Natürlich sind sie wieder abgebogen. Hier geht es in Richtung 70er Jahre Prog Rock. Jetzt gibt es endlich die Geige, aber der Pate heißt hier Kansas.

Dann wird es brachial. Liegt es am Producer, ist es im Trio sowieso drin? ´Heart Of The Sea´ kommt mit Blasts und bösem Black Metal Unterton. Gut verpackt, dass auch ich das goutieren kann, dennoch ein überraschender Move. Und am Ende doch nicht so schwarz, wie es anfangs erschien.

Mit ´Hekate´ forcieren KHIRKI die Dunkelheit, genau, das ist jetzt die Reise in die Finsternis des Doom. Passt. Hekate, und da muss ein Lexikon ein wenig nachhelfen, war eine Göttin, die aus Kleinasien in die griechische Götterwelt einwanderte. Nicht nur war sie Göttin der Magie und Nekromantie, sie war auch zuständig für der Verbindung des Menschen mit den Gottheiten. Als Göttin der Wegkreuzungen, Schwellen und Übergänge war sie eben auch Wächterin der Tore zwischen den Welten. “Hekate I succumb to thee, my soul Surrender into darkness” Allein dieses Stück ist die Anschaffung der Scheibe wert.

Die sich komplett diesen mythischen Geschichten widmet. Odysseus findet Erwähnung, mit Enoch kommt eine biblische Person zur Sprache. Es wird mythisch, geheimnisvoll, düster und dennoch voller Leben. Das Dunkel ist nun mal erst dunkel, wenn es neben dem Licht steht. Und das Leben wird es lebenswert durch den Tod, und den Gedanken daran, seine Zeit zu nutzen. Da passt auch der Albumtitel. ‚Κυκεώνας‘, sprich „Kykeonas“ war ein altgriechisches Getränk, bestehend aus Wasser, gemahlener Gerste und Kräutern. Es konnte Visionen hervorrufen, möglicherweise durch die Verseuchung des Getreides durch das giftige Mutterkorn. Und Circe nutzte genau dies Getränk, um Odysseus den Zaubertrank unterzujubeln.

Ich gebe mich mit ‚Κυκεώνας‘ in musikalischer Form zufrieden. Mit dieser Musik bin ich drogenfrei glücklich. Diese Reise durch Zeit und Raum ist wahrlich lohnend. Und immer wieder überrascht mich, wie man in anderen Ländern Folk und Rock mischt, ohne in Peinlichkeiten zu geraten, wie es manche Pulveraffen hierzulande tun. Eine grandiose Scheibe, die jetzt schon auf dem Weg auf die Jahresbestlisten ist.

Mario Wolski vergibt 9,5 von 10 Punkten