
KARMAKANIC
Titel: TRANSMUTATION
Label: REINGOLD RECORDS
Spieldauer: 61:25 Minuten
VÖ: 07.03.2025
Nach neun Jahren der Stille meldet sich das schwedische Progressive-Rock-Projekt KARMAKANIC um Mastermind Jonas Reingold mit seinem sechsten Studioalbum „TRANSMUTATION“ zurück. Veröffentlicht am 07. März 2025 über Reingold Records, präsentiert sich dieses Werk als ein ambitioniertes und klanggewaltiges Statement; nicht nur irgendein Album sondern ein progressives Potpourri der Extraklasse, bei dem sich die Crème de la Crème der Prog-Szene die Klinke in die Hand gibt. Unter die beeindruckende Liste an Gastmusikern, die Reingold für dieses Projekt gewinnen konnte, fallen Namen wie John Mitchell (Arena, Frost), Simon Phillips (Toto, Jeff Beck), Steve Hackett (Genesis), Nick D’Virgilio (Spock’s Beard), Craig Blundell (Steven Wilson) und auch Tomas Bodin (The Flower Kings) und verleihen dem Album somit eine All-Star-Atmosphäre. Reingold vergleicht KARMAKANIC scherzhaft mit dem „FC Barcelona des Progressive Rock“ – eine treffende Metapher für die geballte musikalische Virtuosität, die hier versammelt ist und er bezeichnet „TRANSMUTATION“ als sein bisher kühnstes künstlerisches Unterfangen. Im Booklet wird außerdem darauf hingewiesen: „This recording is 100% AI free, played by real people and real instruments.“
Schon der Opener „Brace For Impact“ ist ein kleiner, aber feiner instrumentaler Warnschuss. Hier wird geballt rausgelassen, auf was man sich auf diesem Album alles freuen darf. Weiter geht es mit `End Of The Road`, eine über zehnminütige Prog-Hymne, die sich sofort ins Ohr fräst – und dort auch erstmal gemütlich einnistet. John Mitchells Gesang ist wie ein warmer Sommerregen auf einer staubigen Landstraße, und die instrumentalen Passagen sind so verschachtelt, dass man beim ersten Hören wahrscheinlich erstmal seinen Stammbaum konsultieren muss, um den roten Faden nicht zu verlieren. Aber keine Sorge, es macht Spaß, sich in diesem musikalischen Labyrinth zu verirren! `Cosmic Love`, die erste Single, ist da schon etwas zugänglicher, fast schon poppig – aber keine Angst, der Prog-Gehalt ist immer noch hoch genug, um jeden Genre-Fan zufrieden zu stellen. Man schlägt eben eine eingängigere Richtung ein, die stellenweise an den 80er-Jahre-Sound von Yes erinnert. Craig Blundells dynamisches Schlagzeugspiel und Reingolds markantes Bassspiel treiben den Song voran, während McStines Gitarrenarbeit und Mitchells Gesang eine fesselnde Melodie tragen. `We Got The World In Our Hands` präsentiert sich als klassischer KARMAKANIC Song mit einem positiven Vibe und einem wunderschönen Gitarrensolo von Krister Jonsson. Ein besonderes Highlight ist `All That Glitters Is Not Gold`, das mit einem melancholischen Akkordeon beginnt, bevor es sich zu einer düster-atmosphärischen Nummer entwickelt. Hier zeigt sich die Vielseitigkeit der Band, und Rob Townsends Saxophonspiel verleiht dem Song eine wunderbar jazzige Note. Man möchte sich fast einen Trenchcoat anziehen und in einem verrauchten Jazzclub in einer dunklen Ecke sitzen. Das härtere `Gotta Lose This Ball And Chain` bringt mit Göran Edman einen weiteren Gastvokalisten ins Spiel und überzeugt mit einem treibenden Rhythmus und einem beeindruckenden Gitarrensolo von Jonsson. Und dann ist da natürlich das epische Titelstück „Transmutation (The Constant Change of Everything)“. Mit knapp 23 Minuten ist das ein veritables Prog-Monument, das alle Trademarks der Band vereint: komplexe Rhythmen, verträumte Melodien, virtuose Soli und Texten, die Wahrheiten aussprechen und zum Nachdenken anregen. Hier dürfen alle Gastmusiker nochmal zeigen, was sie draufhaben, und es ist schlichtweg beeindruckend, wie organisch das alles zusammenfließt. Besonders die Gesangseinlagen von Dina Höblinger passen fantastisch dazu und runden das Stück erst richtig ab. Von bombastischen Instrumentalpassagen über zarte Melodien bis hin zu komplexen rhythmischen Strukturen ist hier alles geboten, was das Prog-Herz begehrt. Die wechselnden Gesangsparts von John Mitchell und Dina Höblinger sowie Gastbeiträge von Steve Hackett an der Akustikgitarre und Nick D’Virgilio am Schlagzeug machen diesen Song zu einem wahren Highlight. Dieses epische Meisterwerk fasst alle Stärken des Albums zusammen
Die Produktion von Chris Lord-Alge ist glasklar und wuchtig, so dass jede Nuance der komplexen Arrangements zur Geltung kommt. Reingolds Bass-Spiel ist wie immer eine Klasse für sich – mal virtuos und dominant, mal subtil und untermalend, aber immer absolut prägnant. Jeder Musiker und jedes Instrument kommen klar und differenziert zur Geltung, wodurch die komplexen Arrangements ihre volle Wirkung entfalten können. Reingolds Bassspiel ist dabei einmal mehr ein prägendes Element, das sowohl melodisch als auch rhythmisch Akzente setzt. Das Cover/Artwork ist von Diana Seifert und Hayo Müller, der bereits für Steven Wilson gearbeitet hat.
Dieses Album ist eine Achterbahnfahrt der Emotionen und musikalischen Ideen. KARMAKANIC ist mit „TRANSMUTATION“ ein beeindruckendes Comeback gelungen ist auf das man gerne so lange gewartet hat. Das Album ist ein Fest für Progressive-Rock-Liebhaber, das mit exzellenter Musikalität, abwechslungsreichem Songwriting und einer hochkarätigen Besetzung überzeugt. Auch wenn die selbst gesteckte Messlatte „bestes Progressive-Rock-Album der modernen Zeit“ subjektiv bleiben mag, so liefert „TRANSMUTATION“ zweifellos ein starkes Argument für diese These. Es ist ein Album, das intensive Hördurchgänge belohnt. Wer melodischen, anspruchsvollen und virtuos dargebotenen Progressive Rock schätzt, kommt an „TRANSMUTATION“ von KARMAKANIC nicht vorbei. Trotzdem bleibt bei mir die Frage, wie das alles auf einer Bühne passieren soll. Vor echtem Publikum, realen Menschen. Bei dieser hochkarätigen Besetzung wird es wahrscheinlich am besten sein, man macht gleich ein ganzes Festival draus.
Judith Kroll vergibt 9 von 10 Punkten