JÖRG SCHNEBELE
Titel: DIAGNOSE: Infektion Metal
Label: Tredition Verlag
Spieldauer: 298 Seiten Minuten
Jörg Schnebele, der ehemalige “Live Wire“ Herausgeber, Fotograf, Szeneurgestein und immer noch umtriebiger Schreiber nimmt uns mit auf eine Zeitreise ins Jahr 1982. Eine Zeit vor der Existenz der Metal Fachpresse, ohne Internet und deren (a)soziale Medien, in der sich Myriaden von Informationen, auch über unsere Lieblingsmusik, in Sekundenschnelle über die Welt verbreiten. Jetzt veröffentlicht er das damals geschrieben Werk, erweitert um reichlich Anmerkungen, einen dritten Teil und ohne Anspruch auf literarischen oder gar musikhistorischen Wert. Wenn Jörg jetzt das Buch mit den Worten “Ich bitte um Nachsicht ..“ einleitet hat er das System definitv verstanden.
Unbeleckt von großartigen Kenntnissen aber voller Enthusiasmus machte sich also damals der von Hard Rock und Heavy Metal infizierte Germanistikstudent auf, ein Buch zu schreiben, dessen Inhalt einen Überblick über die damalige Heavy Metal Szene geben sollte.
Offenbar war das Werk auch für gänzlich Ahnungslose gedacht, denn der erste Abschnitt des Buches bietet eine Art Einführung ins Thema. Nach dem Motto “Was ist Heavy Metal“ drei nach dem Motto: Was soll das überhaupt? Wäre Jörg nicht so schlau, dem eigenen Werk mit ständiger Selbstironie und reichlich Distanz zu begegnen, man könnte die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Kommt er doch 1982 zu der Erkenntnis, dass „Gitarrensoli nicht mehr so gefragt seien“ oder stellt die steile These auf: “Heavy Metal Bands benötigen ein Sprachrohr, welches selbst die kreischenden Gitarren übertönt Eine Röhre, die einige Oktaven rauf und runtertanzt, ohne ihre Klarheit und Überzeugungskraft einzubüßen. Die Bands, die es ohne eine solche Sirene versuchen, sind dem Untergang geweiht.“ Hier kommt die Stärke des Buches zum tragen. Die Selbstironie, die in Anmerkungen und Einschüben eutlich wird und in denen er seine damaligen Aussagen relativiert, im 80er Jahre Kontext erklärt oder erkennt, dass er damals einfach nur „Bullshit“ geschrieben hatte.
Es folgt mit Teil 2 der Kern des damaligen Buches. Ein Mini-Lexikon von A wie Accept bis Y wie Y&T … ZZ Top scheinen nicht metallisch genug gewesen sein. Die Auswahl der Bands scheint recht willkürlich und das war sie ja auch. Großes Kino sind einzelne Aussagen, wie der drohende Untergang von AC/DC (1982!!!) oder wenn Jörg Motörhead als „abartigste Band des Heavy Metals“ bezeichnet, weist das von … naja nicht allzu großen hellseherischen Fähigkeiten. Aber wer hat die schon? (Ich selbst hab beispielsweise einer damals unbekannten Band namens Unheilig bei der ersten EP bescheinigt, dass die sicher niemand hören wolle … also soviel zu meiner eigenen Weitsicht) Also Nachsicht ist geboten, zumal der Autor ja in unterhaltsamer Art und Weise sich immer wieder selbstironisch mit seinen damaligen Aussagen auseinandersetzt. Im übrigen ist es recht mutig, völlige Fehleinschätzungen, sachliche Fehler und inhaltliche Klopper eben nicht nachträglich zu korrigieren, sondern stehen zu lassen und als genau den Blödsinn zu markieren, der sie sind.
Als abschließenden Teil bietet „Diagnose: Infektion Metal“ reichlich Anekdoten aus 40 Jahren Metal. Über sein Leben als Schreiber, Fotograf, Teilzeit-Manager, Herausgeber und Privatmensch erfährt der Leser Wissenswertes und Obskures aus dem Fundus des Autors und aus dem Leben vorzugsweise deutscher Musiker, mit denen er natürlich mehr als reichlich Erfahrungen gemacht hat. Immer nett und ohne jemanden wirklich bloßzustellen, erfährt man als Leser so, welcher Musiker wie viel Kuchen, Bier oder Zigaretten vernichtet oder auch wer auf Füße steht (nein, nicht Füßen).
Als Fazit bleibt nur die die abschließende Frage des Autors zu beantworten. Nein Jörg, ich habe mich nicht gequält und ja, geschmunzelt habe ich auch und das wollte das Buch ja auch erreichen.
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