IN EXTREMO
Titel: WOLKENSCHIEBER
Label: VERTIGO/UNIVERSAL MUSIC
Spieldauer: 53:44 Minuten
VÖ: 13. September 2024
Aus modernem Rock, jahrhundertealten folkigen Einflüssen und spannenden deutschen Texten schmieden IN EXTREMO seit fast dreißig Jahren ihren Signaturesound und haben sich zu einer der bekanntesten und erfolgreichsten Mittelalter-Bands der Rock-Metal-Szene entwickelt.
Michael Robert „Das Letzte Einhorn“ Rhein, Sebastian „Van Lange“ Lange, Kay „Die Lutter“ Lutter, André „Dr. Pymonte“ Strugala, Marco „Flex Der Biegsame“ Zorzytzky und Florian „Specki T.D.“ Speckardt kredenzen uns ihr dreizehntes Studioalbum “Wolkenschieber“ und setzen einem anno 1874 vom Berliner Apotheker Schultze gebrauten, hochprozentigen „Allzweck-Elixier, das bei Verdauungsstörungen ebenso seine wundersame Wirkung tat wie bei Liebes-Unlust, Schmerzen aller Couleur oder allgemeiner Schwermut“, dem “Wolkenschieber“ eben, auch im fulminanten Titelsong ein Denkmal, der auch musikalisch jeden Kummer und alle Sorgen vertreiben soll.
Kraftstrotzend und schelmisch präsentierte sich das trinkfeste Sextett bereits mit der Vorabsingle, einer exklusiven, neu eingespielten Version ihres Tracks `Weckt die Toten´, bei dem Sänger Henry M. Rauhbein von den gleichnamigen hessischen Genrekollegen mit an Bord ist.
Die neue Scheibe will für Unbeschwertheit und Sorglosigkeit sorgen und wenn diese nur für die etwas mehr als fünfzig Minuten anhält, die ein Komplettdurchlauf in Anspruch nimmt. Dabei begeistert die Truppe mit einer mitreißenden Mischung aus Party- und Trinkliedern, packenden Kampfeshymnen und gefühlvollen Balladen.
Mit unbändiger Energie, enormer Detailverliebtheit und hörbarer Spielfreude sowie jeder Menge Spaß, die sich auf den Hörer überträgt, haben IN EXTREMO sich in einer feuchtfröhlichen Arbeitsatmosphäre der Studioarbeit mit ihrem eingespielten Producer-Team Vincent Sorg (Die Toten Hosen, Kreator, Fury In The Slaughterhouse) und Jörg Umbreit (Extrabreit, Slime, Fiddler`s Green) gewidmet.
Mit `Katzengold´ ist auch ein sehr politischer Song am Start, der sich mit einem wahren Riffgewitter gegen Hetze, Spaltung, Hass und Homophobie jeder Couleur wendet, bevor es mit der auf Isländisch gesungenen Skalden-Dichtung `Ólafur´ ein Stück weit „back to the roots“ geht, einem aus dem 8. Jahrhundert stammenden Trinklied mit Atmosphäre und Tiefe.
Weitere Highlights der Scheibe erhalten durch die übrigen Gäste ihr besonderes Gepräge. Mit `Unser Lied´ und Santiano-Sänger Björn Both geht es im Mittelalter/Shanty Mix mit teilweise lateinischen Lyrics auf große Fahrt, während die getragen-melancholische Abschieds-Ballade `Feine Seele´ mit Fauns Oliver „SaTyr“ Pade an der Nyckelharpa für Dauergänsehaut sorgt.
`Des Wahnsinns fette Beute´ werden wir bei dieser brachialen Nummer, die durch die einzigartige und unnachahmliche Mitwirkung der Neue Deutsche Welle-Ikone Joachim Witt, der den ebenfalls gesellschaftskritischen Track mit seinem sonoren Organ veredelt, besticht.
Mit Joey und Jimmy Kelly vertonen mit dem hymnischen `Aus Leben gemacht´ zwei weitere Freunde und hochkarätige Gäste mit Legendenstatus gemeinsam mit IN EXTREMO ihr Leben mit den schwierigen Anfängen auf der Straße bis zu den großen Bühnen, was die beiden Gruppen gemeinsam haben.
Doch auch ohne Gäste präsentieren die frischen Songs wie das mit harten Gitarren und hypnotisierenden Dudelsäcken begeisternde, düster-majestätische `Blutmond´, das treibende ´Geschenkt ist geschenkt´ mit typisch augenzwinkerndem Text sowie einer harten Mittelalter-Rock meets Elektro und (t)rotzigen Punk Mixtur.
Nach dem kraftvoll-sentimentalen Aussteiger-Song `Komm lass die Welt sich einfach weiterdrehen´ setzen IN EXTREMO den bombastisch-cinematischen Schlusspunkt `Terra Mater´ unter ein großartiges Album.
Fazit: Fantastische Scheibe mit großer musikalischer und textlicher Vielfalt, haufenweise Abwechslung, starken Songs und vielen bereichernden Gastbeiträgen. Obendrauf gibt es übrigens noch die beiden gelungenen Bonustracks `Schweine´ und `Das Totenschiff´.
Michael Gaspar vergibt 9 von 10 Punkten