HARPYIE – MINNEWAR

HARPYIE

Titel: MINNEWAR

Label: METALVILLE RECORDS

Spieldauer: 45:05 Minuten

Warum macht man eigentlich eine Cover-Version? Die häufigsten Gründe gemäß meiner Recherche sind die Verbesserung des eigenen Songwritings durch Analyse der fremden Kompositionen, Zeitmangel (da Produktion schneller als bei eigenen Songs), die Erweiterung des eigenen Backkatalogs sowie die Gewinnung neuer Fans durch den bereits bekannten Titel. Zudem erfreuen sie sich großer Beliebtheit, da sie eine Win-Win-Situation für den covernden wie für den gefeatureten Künstler darstellen, da beide – im besten Falle positiv – ins Gespräch kommen.

Nach eigener Aussage wollen HARPYIE mit ihrer Scheibe zum einen ihrer stetig wachsenden Musikszene huldigen und zum anderen den Fans ein kurzweiliges Album in Corona-Zeiten liefern. Zu diesem Zweck rufen die ostwestfälischen Mittelalter-/Folk-Metaller den Sängerwettstreit “Minnewar” aus und präsentieren ihre Hommage an Klassiker und Lieblingslieder einiger Genre-Veteranen. Tatsächlich fällt der recht hohe Anteil an Tanz-, Sauf- und Party-Hymnen auf, der schon mal grundsätzlich in der Lage wäre, gute Laune zu verbreiten. Doch eigentlich gehört doch noch mehr dazu. Entweder man produziert eine wirklich gelungene Huldigung, die dem Original auch gerecht wird, oder man verfremdet oder verändert grundlegend etwas am Ursprungstrack. Oder man nimmt direkt ein genre-fremdes Stück, dessen Bearbeitung schon per se für Überraschungen gut ist.

Letzteres fällt hier schon mal raus, da man im Wesentlichen im eigenen stilistischen Umfeld verbleibt. Zwar ist es schon kurzweilig und interessant, die eher ruhigen Töne von Faun (‚Tanz Mit Mir‘) oder einen Seemanns-Folk-Schlager von Santiano (‚Es Gibt Nur Wasser‘) im gepimpten und modifizierten Sound mit elektronischen Beats und harten Metal-Gitarren zu hören. Und auch die neuen Versionen von liebgewonnenen Schunkelliedern wie ‚Wenn Ich Tot Bin‘ (Luna Luna) oder dem von mir im Original heißgeliebten ‚Thekenmädchen‘ (Versengold) funktionieren noch ganz gut.

Dann ist jedoch recht schnell das Ende der Fahnenstange erreicht, denn gegen Genre-Größen wie In Extremo (‚Vollmond‘), Subway To Sally (‚Kleid Aus Rosen‘) und Schandmaul (‚Willst Du‘) kann der Fünfer nicht anstinken und insbesondere die Vocals können sowohl mit den Originalen als auch mit der teilweise aufgefahrenen Soundwand nicht gänzlich mithalten. Und auch bei den beiden emotionalen, dramatischen Tracks ‚Krabat‘ (ASP) und ‚Rapunzel‘ (Letzte Instanz) wird es schwierig, kann man doch den Genannten in Sachen Intensität und Atmosphäre nicht mal ansatzweise das Wasser reichen.

Insgesamt also ein durchwachsener Silberling, der vor allem für Fans der Band oder solche, die Band und/oder vor allem die ursprünglichen Songs nicht kennen, interessant und unterhaltend sein dürfte. Alle anderen sollten aus den genannten Gründen besser die Finger davon lassen und sich den Originalen zuwenden.

Michael Gaspar vergibt 5,5 von 10 Punkten