HÄLLAS – CONUNDRUM

HÄLLAS

Titel: CONUNDRUM

Label: NAPALM / UNIVERSAL

Spieldauer: 43:59 Minuten

Mit ihrem im Weltraum schwebenden Adventure Rock liefen die Schweden in den letzten Jahren bei einer handverlesenen Klientel offene Türen ein. Dazu gehörte immerhin auch der Herr Chefredakteur, welcher dem Retro-Hype (zu Recht) mitunter sehr kritisch gegenüber steht. Hällas haben jedoch das gewisse Etwas, welches sie aus dem Epigonen-Einheitsbrei hervorhebt: irgendwo zwischen Uriah Heep, Wishbone Ash und einem beschwingten late 70ies Discofox-Feel, das auch dem Night Flight Orchestra Flügel verleiht (die von spartanischen Akkorden begleiteten Grooves in „Fading Hero“), hat man sich eine Nische geschaffen, die mit „Conundrum“ weiter ausgebaut wird. Lautmalerisch spielen die mit allerlei lustigem Karneval-Kostüm auftretenden Herrschaften eh in ihrer eigenen Liga. Dabei fährt man die mitunter trunken machende Harmonieherrlichkeit des Vorgängers (zunächst) deutlich zurück und stellt die filigranen Fingerfertigkeiten der Sechssaiter mehr in den Dienst der Songs, indem sie Melodien untermalen oder gezielte Kontrapunkte setzen („Tear Of A Traitor“). Schon mit „Beyond Night And Day“ setzen Hällas eine echte Duftmarke, sperren sich gegen die Erwartungshaltung ihrer wachsenden Fanschar und fahren stattdessen ein von vorne bis hinten durchdachtes Kurzepos auf, welches gekonnt zwischen spacigen Instrumentalabfahrten und knackigen Gesangsmelodien changiert und am Ende eben nicht den gewünschten Ohrgasmus setzt, den man sich eben sowieso immer wünschte. Das spartanische „Strider“ sehnt sich im Anschluss geradezu danach, bereits auf „Argus“ erschienen zu sein, aber spätestens hier wird auch klar, dass alle dem Metal zugeneigten Fans der Schweden stark sein müssen: mehr und mehr übernimmt das Keyboard Führung, und im absolut grandiosen „Carry On“ wähnt man sich schließlich einer von allerlei Discokugel-Spektren illuminierten Hardpop-Disco. Welch unlösbares Rätsel? Nein, denn in der zweiten Albumhälfte zelebrieren Hällas Epic-Hardrock vom Allerfeinsten, es wird einem mitunter gar „Endless Skies“. Drei Stücke besorgen es der Classic Rock-Fraktion aber sowas von: „Labyrinth of Distant Echoes“ (Maiden-Fans Obacht!) taucht tief in die vorher so satanisch gemiedenen Harmonien-Weihwasser ein, dass es eine wahre Offenbarung ist. „Blinded By Emerald Mist“ macht danach ein Dynamik-Fass besonderer Güte auf, wobei die Seele des Hauptriffs beängstigend rein und wundervoll tönt. „Fading Hero“ setzt schließlich den Deckel so vakuumbefreit drauf, wie es Horisont auch nicht besser hinbekommen hätten. P.S.: das Breakriff ist nicht von diesem Planeten… Der einzig verbleibende Kritikpunkt ist, dass Hällas die verschiedenen Elemente ihres Sounds noch endgültig verbinden müssen, um ein letztlich kompaktes und schlüssiges Meisterwerk komponieren zu können. Ansonsten ist „Conundrum“ einfach großartig, und man darf sich auf Liveshows freuen, die im Zusammenspiel der Songs aller drei Veröffentlichungen mannigfaltige dynamische Akzente setzen werden.

Patrick Müller vergibt 8,5 von 10 Punkten