GRIFFIN – FLIGHT OF THE GRIFFIN / PROTECTORS OF THE LAIR 3CD REISSUE

GRIFFIN

Titel: FLIGHT OF THE GRIFFIN / PROTECTORS OF THE LAIR 3CD REISSUE

Label: GOLDENCORE RECORDS / ZYX

Spieldauer: 217:27 Minuten

Im Underground kultisch verehrte US Metal-Bands, deren Alben auf den gängigen Plattformen mitunter beachtliche Preise erzielen, gibt es zuhauf. Die Alben GRIFFINs gehören zu jener Spezies, die nicht eben selten sogar als Bootlegs weit jenseits der 20 Euro gehandelt wurde. Die kurze Geschichte der Kalifornier wurde bereits in einigen Mags besungen, und wer diesen in einer, nun ja, kultigen Fat Box (Mediabook wäre schon cooler gewesen…) erscheinenden Rerelease erwirbt kann sich anhand der Linernotes von Neudi (angelehnt an ein „Deaf Forever“-Interview aus 2019) ein Bild von den Irrungen und Wirrungen machen, die nach zwei Alben zum Exitus der vielversprechenden Combo führten.

Der nunmehr absolut überfällige Rerelease enthält zum einen das Debut „Flight Of The Griffin“ im nicht zu aufdringlichen Remaster von Neudi (dem die Originaltapes natürlich nicht zugänglich waren), während „Protectors Of The Lair“ gleich doppelt zu Ehren kommt: im Remaster von Patrick Engel sowie als „Joint-Remix-Remaster“ als Kollaboration zwischen Neudi und Engel. „Flight…“ enthält als Boni ausgewählte Songs des 83er Demos mit neuem Sound, CD 2 sechs Livesongs (mittelmäßige Bootleg-Qualität), die letzte CD drei Fan-Bootlegs vom KIT 2011.  Zunächst fällt das Booklet etwas unangenehm auf, denn die Reproduktionsqualität des Covers von „Flight Of The Griffin“ erfüllt moderne Standards bei weitem nicht, ebenso wenig Layout und Druckqualität des Booklets. Das Cover der „Protectors…“- Scheibe fehlt zur Gänze. Hier hätte es bei aller Underground-Credibility Verbesserungspotenzial gegeben.

Musikalisch gibt es altbewährten, staubtraditionellen Heavy Metal, wie er in den frühen 80ern häufig zelebriert wurde, wobei GRIFFIN jedoch qualitativ zumindest recht weit vorne waren (s. u.). „Hawk The Slayer“ dürfte 1984 Priest-Fans gleich hellhörig gemacht haben, wobei William McKays Gesang weitaus psychotischer (und natürlich weniger kontrolliert und grandios als Halfords) klang und so eine gewisse Affinität zu den etwa zeitgleich ihr Unwesen treibenden Nasty Savage entstand. Die Band zügelte ihre Energie bereits gekonnt und goss treibende Riffs wie jenes von „Heavy Metal Attack“ (mit pathetischen Accept-Anleihen) in kontrolliert arrangierte Songs, wobei insbesondere der Sechsminüter „Flight Of The Griffin“ mit seinen balladesken Parts den Vogel abschießt und „Travelling In Time“ als die wohl reifste Komposition auf „Flight Of The Griffin“ durchgeht. Insbesondere im Midtempo scheint immer wieder Einfluss der Birminghamer Stahlschmiede durch („Hell Runneth Over“), während man ansonsten durch die mitunter recht ausladenden Songstrukturen einen leichten Epic-Touch ausmachen kann. Insgesamt ist dieses Debut m.E. bis heute keine absolute Sensation, sondern für das Jahr 1984 ein immerhin sehr gutes Album, das sich geschmeidig in die zweieinhalbste Reihe hinter den Granden Priest, Metallica und Maiden einordnet, wobei zu Metal Church sowie Trouble noch ein Stück Originalität und Chuzpe fehlte, wohingegen Omen, Q5 oder Sortilège eher in derselben Liga spielten.

8,5/10 PM

An „Protectors Of The Lair“ kann selbst der fähigste Soundmagier ohne Zugriff auf die Tapes wenig retten. Der vollkommen unausgegorene Soundbrei des Originals wurde von Neudi und Engel zumindest etwas zugunsten größerer Transparenz aufgelöst, und so wird schnell klar, dass dieses Album noch etwas mehr den chaotisch-hektischen amerikanischen Zeitgeist der Mittachtziger atmete und deutlicher nach frühen Omen, dem zermalmenden Sound Metal Churchs oder eben Nasty Savage („Cursed Be The Deceiver“) klang als das Debut. In „Infinite Voyage“ und „Tame The Lion“ möchte man gar Slayer-Versatzstücke heraushören, dementsprechend sind der Härtegrad und das Tempo („Watching From the Sky“) mitunter deutlich höher als auf dem Debut. Dies ändert nichts daran, dass der Sound weiterhin wirklich schlecht ist und wirklichen Hörgenuss nicht aufkommen lässt. Heutzutage würde dieses Album gnadenlos zerrissen, machen wir uns nichts vor.

7/10

Unterm Strich ein wirklich charmanter Rerelease, in den offenbar viel Herzblut und Enthusiasmus gesteckt wurde.

Patrick Müller vergibt keine Bewertung